*Lucy's POV*
Mittwoch war immer der schlimmste Tag in der Woche. Er begann mit Wahrsagerei, worauf Pflege magischer Geschöpfe folgte und endete nach unendlich vielen Hohlstunden mitten in der Nacht mit Astronomie.
Und in jedem dieser Fächer hatte ich mit Sirius Partnerarbeiten zu erledigen, was bedeutete, dass er mich anfeuerte, während ich unsere Note rettete; Astronomie hatte ich sogar mit Lupin.
Während Wahrsagerei, als unser Lehrer, Mr. Simmons, gerade begeistert von seiner neuen Klasse an Drittklässlern berichtete, schlief ich beinahe schon wieder ein. Die Atmosphäre, die Mr. Simmons in diesem Raum erzeugte, war beruhigend und warm, irgendwie erwartete man, dass es nach frisch gebackenen Keksen riechen würde. Doch das tat es nicht. Stattdessen hallte seine leise, gedämpfte Stimme durch den Raum und Schüler, die sich nicht für Drittklässler interessierten, schrien wild durcheinander.
Die Kissen, auf denen wir saßen, waren weich und groß genug, dass ich mich darauf zusammenrollen konnte. Und gerade als ich hatte die Augen schließen wollen, war Sirius Black mit Lippenstift auf der Wange neben mich gefallen.
Jedes Mal, wenn er stolperte, sprach er von einem göttlichen Wesen, dass sich elegant zu seinen Untertanen hinabließe und Hogwarts nannte James den arrogantesten Jungen. Sirius' Stolpern wirkte eher wie ein Troll mit gebrochenen Beinen.
Doch diesmal fing er sich rechtzeitig mit seinen Armen auf. Er machte sich nicht mehr die Mühe, wieder aufzustehen, sondern fand meine Idee, die Sitzkissen umzufunktionieren, anscheinend recht nützlich.
Und wieder wirkte er wie ein Troll, der sich auf einem kleinen Kleeblatt hinzulegen versucht. Das Kissen war ihm nämlich viel zu klein.
Beleidigt funkelte er mich aus seinen grauen Augen an, als ich ihn leise kichernd beobachtete.
"Nicht jeder kann so klein und dünn sein wie du, Luce. Du musst uns Normalsterblichen verzeihen."
Ich kicherte wieder.
"Wieso sollte ich?"
Sirius grummelte irgendwas, von dem ich nichts verstand, und gab es auf, nach einer besseren Position zum Liegen zu suchen. Er schmiss sich einfach neben mich, mit dem Gesicht zu mir und es sah fürchterlich unbequem aus.
"Und, von wem ist der Lippenstift?"
"Cindy.", antwortete er knapp, seine Stimme klang nicht gerade erfreut, im Gegenteil. "Ich wollte sie wegschubsen, aber so hat mich angesprungen."
Schmollend drückte er die Lippen aufeinander und schob sie nach vorne, während er seine Augen leicht zusammenkniff.
"Du Ärmster. Kann dieser Hippogreif dich etwa nicht vergessen?"
"Nein. Der Hippogreif versteht nicht, dass ich vor zwei Wochen schon Schluss gemacht hab."
Nach drei Tagen Beziehung, schoss es mir durch den Kopf und ich musste unkontrolliert lachen. Sirius war echt lieb und fürsorglich, doch sein Verschleiß an der weiblichen Bevölkerung Hogwarts' war widerlich. Meistens ritt er sich nur in irgendwelche Probleme hinein, die mit einem schellendem Geräusch und roten Handabdrücken auf seiner Wange endeten.
Jedes Mädchen wollte ihn, er war auf eine andere Art und Weise unantastbar, als ich; er suchte sich seine emotionslose Beziehung aus einer großen Menge heraus.
Es war, als würden sie Schlange stehen, jeder durfte mal kurz ganz nach vorne.
Manche stellten sich auch mehrmals an. Sehnsüchtig nach seinem Körper, nicht nach ihm selbst.
Der Tag an dem Sirius Black sich verlieben und eine ernsthafte Beziehung riskieren würde, würde der Tag sein, an dem ich meinen neuen Besen quer essen würde.In Pflege Magischer Geschöpfe war Peter bei uns. Er war in anderen Fächern recht unsicher und auch nicht sonderlich begabt, aber hier draußen bei Mrs. Cassidy blühte er richtig auf. Er kümmerte sich rührend um jedes lebende Geschöpf, egal ob es nur eine pflanze oder ein heranwachsendes Einhorn war.
Selbst die dämlichen Einhöner vertrauten ihm, einem Jungen.
Mich hatten sie nie gemocht. Als wir letztes Jahr Einhörner als Thema hatten, durften natürlich alle Mädchen diese glänzenden und scimmernden Wesen bestaunen. Viele waren noch näher herangegangen, als andere. Auch ich hatte versucht, ein anhängliches Exemplar zu streicheln. Doch statt den Kopf zu meiner Hand zu senken, hatte mich das Vieh gebissen und seine Freunde auf mich gehetzt. Ich hatte nach mehreren Tritten aus allen Richtungen und Bissen aus unterschiedlichen Mäulern zwei Monate im Krankenflügel verbracht und die Schmerzen waren nur langsam schwächer geworden.
Meine Freunde waren mich oft besuchen gekommen, vor allem James. Doch ich hatte viel Unterricht verpasst, vor allem Verwandlung hatte unter meinem Versagen gelitten. Nur knapp und mit sehr viel Glück und Privatunterricht von James hatte ich die nächste Prüfung bestanden.
Die nach dem Vorfall folgenden Unterrichtsstunden in Pflege Magischer Geschöpfe bestanden für mein traumatisiertes Ich aus am Rand sitzen und Sirius mit Steinen bewerfen, wenn er es wagte, Beiträge aller Art in den Unterricht einzuwerfen. Egal ob er sarkastische Bemerkungen von sich ließ oder wirklich gute, hilfreiche Antworten auf Mrs. Cassidys Fragestellungen lieferte. Er bekam Steine an den Kopf von der besten Jägern, die die Welt seit James Potter gesehen hatte.
Nach einer Weile, erst kurz vor den Sommerferien, traute ich mich wieder in die Nähe von Tieren. Hilfreich dabei war das Training mit Sirius, der mir in dieser Zeit gebeichtet hatte, dass er ein Animagus war, damit er mir helfen konnte, meine neue Angst zu überwinden. Und tatsächlich half mir der regelmäßige Kontakt mit diesem großen, schwarzen Hund.
Er war so lieb gewesen, zutraulich und süchtig nach Streicheleinheiten.
Es hatte mir wirklich geholfen.
In diesem Jahr brauchte ich diese Therapie nicht mehr. Furchtlos trat ich nun Flubberwürmern entgegen und war stolz auf mich, als ich sie nicht ausversehen zertrat, nachdem Peter sie auf dem Boden verstreut hatte, als ein Slytherin ihm sein Bein stellte.
Natürlich durfte Peter alleine diesen Schaden wieder aufräumen und die Stunde wirde früher beendet, doch ich wusste nicht, was ich bis zur Nacht tun sollte.
Ich hatte nicht ausreichend Hunger, um zum Mittagessen zu gehen, also beschloss ich, dieses ausfallen zu lassen und Sirius irgendeine Ausrede aufzutischen, damit ich in den Gemeinschaftsraum konnte.
Und nach ein paar ungläubigen Blicken und zweifelnden Bemerkungen ließ er mich wirklich allein.
Als ich nun durch die dunklen, kalten Gänge zum Turm der Gryffindors entlang lief, wurde mir schlagartig wieder bewusst, dass nun alle Kurse Pause hatten. Denn ich war keineswegs alleine, so wie ich es geplant hatte. Überall um mich herum drängten sich schon wieder Schüler, die unterschiedliche Ziele und Räume anstrebten.
Irgendwo knutschte Marlene mit ihrem neuen Freund, irgendeinem Ravenclaw und McGonagall brach fast zusammen.
Ich spannte mich an, lief so steif wie es nur ging und presste meine Arme so nah wie möglich an meinen Körper. Wie sehr ich Menschen hasste. Wie sehr ich diese Nähe hasste.
Jeder trat einem auf die Füße, jeder rempelte einen an, man fühlte sich beengt und eingesperrt zwischen so vielen Personen, die doch alle gleich aussahen.
Und auf einmal wurde ich am Handgelenk gepackt und beiseite gerissen, heraus aus der Menschenmenge, in einen angezweigten Gang. Einerseits war ich innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde dankbar, allerdings presste sich fas sofort eine Hand auf meinen Mund, und die einzige Reaktion, die ich von mir lassen konnte, war, meine Augen schreckhaft weit aufzureißen.
In mir war immernoch alles angespannt, jeder Muskel, jeder Teil meines Körpers. Doch hinter mir war irgendjemand. Und ich wusste nicht wer. Doch er zog mich weter in den dunklen Gang, in dem sonst keiner war. Mein Handgelenk schmerzte an der Stelle, an der die Person so stark zudrückte, dass ich meine Arme nicht mehr bewegen konnte und schreien konnte ich auch nicht.
Die einzige Möglichkeit bestand darin, mit meinem lächerlich kleinen Absatz nach hinten auszuschlagen, doch auch diese Chance wirde mir schneller genommen, als mir lieb war, als ich auch schon herumgewirbelt wurde und auf einmal mit dem Rücken gegen eine eiskalte Steinwand knallte.
Und der vertraute Geruch schlug mir ins Gesicht, bevor es Crabbe tun konnte.
Der Schmerz brannte auf meiner Wange und zog sich meinen Kiefer hinauf in die Schläfe, während ich, zu überrascht um zu reagieren, den jungen vor mir musterte.
Maxwell Crabbe stand in seiner vollen Montur vor mir, breit und groß wie immer, und starrte gehässig und gierig auf mich hinunter, während seine eine Hand meinen Mund und die andere meine Arme fixierte. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Selbst wenn er nicht auch noch sein Gewicht gegen mich gedrückt hätte.
"Lucy, Lucy, Lucy..."
Im Vergleich zu Bellatrix sprach er meinen Namen nicht aus, als wäre er ein widerliches Insekt. In seiner Stimme lag Befriedigung, Arroganz und etwas, zu dem mir keine anderen Worte als Schadenfreude und Vorfreude einfielen.
Mit immernoch weit aufgerissenen Augen suchte ich in den entferntesten Flecken meiner Augenwinkel nach Hilfe.
Wieso war hier keiner?
Ich hob mein Knie nach oben, doch es fand nicht sein Ziel, da Max meine Beine mit schlangenartigen Reflexen auseinander drückte, sodass ich keinerlei Halt mehr hatte und ihm schließlich ausgeliefert war.
"Die kleine Lucy versucht sich immernoch zu wehren. Wann verstehst du endlich, dass es vorbei ist?", hauchte er mir in mein Ohr und seine Worte waren merkwürdig feucht an meiner Haut, während er die Hand von meinem Mund nahm und über meine Wange und meinen Hals fuhr. "Wann verstehst du endlich, dass dir niemand hilft." Seine kalten, schwitzigen Finger umschlossen kurz meinen Hals, und wanderten dann weiter hinab. "Dass du allein bist." Unter meinen Umhang. "Schlussendlich dann doch völlig allein"
Und während ich wimmerte, wurde mir bewusst, dass Maxwell Crabbe Recht hatte: Keiner hörte mich. Keiner vernahm meinen Schmerz, meine Schreie, die schellenden Geräusche, während er sich an mir verging. Seine Worte, dass ich es verdient hätte und dass meine Vergangenheit und meine Familie purer Abschaum wären, verschluckten die Steine in den Wänden.
Während andere Schüler im Unterricht saßen und seelenruhig lernten, versiegten nach einiger Zeit meine Tränen und ich wurde Still. Die Hoffnung tropfte aus mir heraus, wie das Blut aus meiner aufgeplatzten Lippe. Und ich gab auf. Ich ließ es über mich ergehen.
Und als Maxwell Crabbe sich entschloss, mich endlich in Ruhe zu lassen, blieb ich noch lange liegen, den Kopf leer, genauso wie der Blick.
"Wehe, du erzählst irgendjemandem hiervon. Du wirst den nächsten Morgen nicht mehr erleben."Ich erschien nicht im Astronomieunterricht. Ich schlief nicht bei Marlene im Schlafsaal.
Ich war allein und so solte es auch lieber bleiben.
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Like the moon - Luciana Greenthorn
FanfictionLucy, das Mädchen, das Remus Lupin schon so lange beobachtet. Lucy, das Mädchen, das Spaß hat, Streiche spielt und jede Gelegenheit für eine neue Erinnerung nutzt, ohne auf die Risiken zu achten. Lucy, die temperamentvollste und liebste und reinst...