Kapitel 5 ~ überarbeitet

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Endlich machte der Mann ein paar Schritte nach vorn und ich konnte ihn ansehen. Er war um die 40, hatte einen durchtrainierten Körper und schwarze, kurzrasierte Haare, in die sich schon leichtes Silber mischte. Er trug ein graues T-Shirt und seine Arme waren voller Tattoos. Er sah aus, wie ich mir einen Soldaten vorstellte. Er strahlte so viel Autorität aus, dass ich mich unwillkürlich fester in die Kissen drückte. Mit großen Augen beobachtete ich, wie der Mann mit großen Schritten auf Marc zukam. Dieser hob totzig seinen Kopf.

Als der Mann direkt vor ihm stand, hob er seinen Arm und schlug Marc direkt ins Gesicht. Marc wurde zur Seite geschleudert und landete neben dem Bett auf dem Boden. Ich entfuhr ein Wimmern. Wie konnte dieser Mann einfach so Marc schlagen... Der Mann beachtete mich nicht.

"Geh runter in den Keller. Du wirst den ganzen restlichen Tag und die ganze Nacht trainieren. Wenn du den Trainingsraum auch nur einmal verlässt, sorge ich dafür, dass das der letzte Fehler war, den du je gemacht hast...", zischte er Marc an, der sich inzwischen wieder aufgerichtet hatte.

"Aber Ryan, bitte, du verstehst das nicht...", versuchte Marc, zu erklären, doch der Mann, Ryan, schnitt ihm das Wort ab. "Marc Paine, ich lasse nicht zu dass irgendjemand meine Entscheidungen missachtet und jetzt geh auf der Stelle in den Keller!" Marcs Schultern sanken herab. Er warf mir noch einen letzen Blick zu und schlich dann aus dem Raum wie ein geprügelter Hund.

Ryan wandte sich nun mir zu. Mit einem drohenden Glänzen in den Augen musterte er mich. Ich wollte nicht so hilflos vor ihm daliegen und richtete mich halb auf. Im Sitzen konnte ich mich gegen die kalte Wand lehnen. Als Ryan mit seiner Musterung fertig war, verschränkte er seine Arme. Er schien auf etwas zu warten. Ängstlich betrachtete ich seine Oberarme, die fast denselben Umfang hatten wie meine Oberschenkel.

Nach einigen Minuten ging die Tür auf und ein anderer Mann kam herein. Er ignorierte mich und ging sofort auf Ryan zu und drückte ihm ein Blatt in die Hand, was dieser durchlas. Währenddessen hatte ich Zeit den anderen Mann zu mustern. Er war etwas kleiner als Ryan und trug Militärkleidung. Ansonsten war er genauso durchtrainiert wie Ryan, obwohl er noch etwas älter wirkte als Ryan.

"Hmm", murmelte Ryan jetzt. "Sie eignet sich also nicht, Jackson?" Der andere Mann, Jackson, schüttelte den Kopf. "Nun, das macht es etwas... unschön.", meinte Ryan. Irgendwie spürte ich, dass das gar nicht gut war. Doch ich traute mich nicht irgendetwas zu sagen.

"Ich hole die Jungs. Es bringt nichts, es heraus zu zögern.", knurrte Jackson. Er stampfte raus und Ryan blieb bei mir zurück. Ich sah ihn mit großen Augen an. Ihm schien langweilig zu werden, denn er begann, hin und her zu laufen. Ich holte mehrmals Luft und traute mich dann doch nicht, etwas zu fragen. Doch nach einigen Minuten brach es aus mir heraus.

"Für was bin ich nicht geeignet?" Er blieb sofort stehen und sah mich scharf an. Ich hielt seinem Blick stand. Ich wollte es wissen. Jetzt! Schließlich seufzte er und kam näher. Vorsichtig rutschte ich etwas zurück. Er ging langsam in die Hocke, nun war sein Gesicht fast auf derselben Höhe wie meins, und begann zu reden.

"Für das alles hier..." Er beschrieb mit seinen Händen einen großen Bogen, der wohl das ganze Fabrikgelände einschließen sollte. "... und das ist verdammt schlecht für dich. Du bist Marc und Simon hierher gefolgt. Du hast das Gelände betreten. Du hast schon zu viel gesehen. In diesem Fall gibt es nur zwei Möglichkeiten. Etweder du bist geeignet und steigst ein oder du wirst getötet..."

Es dauerte kurz, bis diese Information in mein Hirn vorgedrungen war. Mir wurde kalt und ich flüsterte mehr an mich gerichtet, als an Ryan: "... und da ich nicht geeignet bin, muss ich ... sterben!" Verzweifelung überkam mich. Es klang so endgültig. Tränen traten mir in die Augen. Doch ich hielt sie mit aller Kraft zurück. Ich würde nicht weinen! Erst recht nicht vor Ryan... Er wollte mir eine Hand auf den Arm legen, doch ich zuckte zurück. Er seuftzte schon wieder.

"Es tut mir leid. Ich hätte wirklich gern ein Mädchen im Team gehabt... Die wirken immer so unschuldig..." Ich fühlte mich von seinen Worten nicht wirklich getröstet.

"Gibt es denn gar keine Möglichkeit...?", flüsterte ich. Er schüttelte nur den Kopf. Da ging die Tür auf und Jackson marschierte wieder herein. Im Schlepptau hatte er zwei junge Männer. Sie sahen fast gleich aus, als wären sie Geschwister oder sogar Zwillinge. Beide hatten kurze schwarze Haare und waren wie Ryan und Jackson sehr durchtrainiert. Ryan stand auf. Er holte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss die Ketten an meinen Handgelenken auf. Schon wollte ich mich über meine kurze Freiheit freuen, da wurden meine Hände schon wieder gefesselt. Diesmal mit Kabelbinder, der für meinen Geschmack viel zu fest gezogen wurde und mir schmerzhaft in die Haut schnitt. Innerlich verfluchte ich den Typ, der meine Hände fesselte. Dann packten mich die beiden Jungen an den Oberarmen und gingen mit schnellen Schritten aus dem Raum. Ich hatte keine andere Möglichkeit als mitzugehen. Ich hörte, wie Ryan und Jackson uns hinterherkamen. Ich achtete kaum auf den Weg, den wir gingen. Ich versuchte nur mit aller Kraft, die aufkommende Panik zu unterdrücken. Ich durfte jetzt nicht durchdrehen. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, was ich tun könnte, um sie davon abzuhalten, mich zu töten.

 Schließlich kamen wir nach draußen. Es musste ungefähr neun Uhr abends sein, denn die Sonne ging grade unter. Es war noch warm und die Luft roch nach Sommer. Ich spürte, wie sich mein Körper an dieses Leben klammerte, obwohl mein Geist schon aufgegeben hatte. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich durch den Sonnenuntergang etwas getröstet. Ich wurde vor einer dunkelgrauen Wand mit roten Rostflecken platziert. Voller Bitterkeit betrachtete ich die vier Männer vor mir, die mich töten würden. Meine arme Mutter! Ich war doch alles, was sie noch hatte... Würde sie mich beerdigen können? Oder würde ich nie wieder auftauchen? Meine Leiche in einem tiefen See versenkt? Ich schauderte.

 Um mich abzulenken, betrachtete ich wieder den Sonnenuntergang. Er war so schön! Der letzte Sonnenuntergang meines Lebens. Am liebsten hätte ich geweint, geschluchzt, um mein Leben gefleht, doch mein Stolz verbat es mir. Ich wollte wenigstens meine Würde behalten, wenn mir schon mein Leben genommen wurde.

Plötzlich hörte ich ein Klicken. Einer der namenlosen Jungen hatte eine Pistole gespannt und hielt sie nun auf mich gerichtet. Ich sah einen furchtbaren Moment lang direkt in den Lauf der Pistole. Dann schaute ich ein letztes Mal in die ausdrucklosen Augen des Typen. Seine Augen überzeugten mich, dass es keine Hoffnung mehr für mich gab. Er würde mich umbringen. Er würde es tun! Ich schloss meine Augen...

Danger (wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt