Kapitel 34

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Als wir im Hauptquartier ankamen, schien auf den ersten Blick alles wie sonst. Irgendwie gesteuert wurde die Schranke hoch gelassen. Es mussten Kameras um das Gelände installiert sein. Doch als wir auf den größten Platz zwischen den Häusern fuhren und Simon anhielt (er hätte dabei fast den rechten Außenspielgel ab gesprengt), war alles ganz und gar nicht wie sonst. An einem normalen Tag wimmelte es draußen nur so vor Jungen, die trainierten, irgendwelche Arbeiten verrichteten oder einfach rumhingen und Spaß hatten. Doch heute sah man keinen einzelnen! Beunruhigt stieg ich aus. "Weißt du was hier los ist?", fragte ich Simon. Er schüttelte nur den Kopf. Gemeinsam gingen wir zum Hauptgebäude. Kurz stellte ich mir vor, die Tür wäre abgeschlossen und das Gelände komplett verlassen. Doch als Simon die Klinke runter drückte, schwang die Tür leise auf, als wolle sie uns einladen. Ich ging vor in Erwartung einer Falle, doch der Gang lag ruhig da. Simon überholte mich und ich folgte ihm zum Besprechungszimmer. Ohne zu Zögern stieß Simon die Tür auf und wir stürmten schon fast in den Raum. Wider Erwarten saß Ryan wie an einem ganz normalen Tag an dem Tisch und hatte irgendwelche Unterlagen vor sich ausgebreitet. In der Hand hielt er ein Handy, das er sich fest ans Ohr drückte. Er schaute kurz auf, als wir rein kamen und bedeutete uns, zu warten. Als ich ihn mir genauer ansah, merkte ich, wie fertig er aussah. Dunkle Ringe hatten sich unter seine Augen gegraben, sein Haar war wirr und er wirkte, als hätte er schon länger keine ordentliche Dusche mehr gesehen. Sein Gesicht war ernst angespannt. Er sagte kaum etwas, sondern nickte fast nur, was mir seltsam vorkam, schließlich konnte der andere ihn ja nicht sehen. Ryan sagte nur ab und zu etwas wie "Ja", "Ich verstehe" und schließlich: "Wie viele?" Diese beiden Wörter ließen mich aufhorchen. Ryan hatte sich noch nie so verletzt angrhört. Er klang, als würde er bei einer schlechten Nachricht vor Erschütterung anfangen zu weinen. Ich versuchte etwas von der Antwort mitzubekommen, doch man konnte nichts verstehen. Ryan nickte nur noch einmal, sagte dann: "Komm ins Hauptquartier, dort werden wir alles weitere besprechen." Damit legte er auf und wandte sich uns zu. "Setzt euch", wies er uns an. Er klang unermesslich erschöpft. Verlegen setzte ich mich mit Simon. "Was ist passiert?", fragte Ryan, doch er schaute uns nicht an, sondern blickte auf seine Unterlagen. Aus irgendeinem Grund machte mich das nervös und so stotterte ich: "Also, ich... ähm ,,, da waren Männer ... und die haben uns..." Ryan hob seine Hand und unterbrach mich. "Mila, mach langsam! Was ist passiert?" Ich schloss kurz meine Augen und atmete tief durch. Dann begann ich zu erzählen, was passiert war, seid ich aus dem Auto ausgestiegen war und in das Studio gegangen war. Als ich erzählte, wie Jackson uns verraten hatte, meinte ich einen kurzen Ausdruck von totaler Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung durch Ryans Gesicht huschen, doch dann war er auch schon verschwunden und Ryan hatte seinen Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle. Als ich von Liams Verrat erzählte, merkte ich, nicht wie ich gedacht hatte, keinerlei Erstaunen oder Wut von Ryan. Er nickte nur einmal, fast als hätte er es erwartet. Ich ließ mich nicht unterbrechen und erzählte weiter. Auch dass mein Vater noch lebte, schien Ryan nicht im Geringsten zu wundern. Als ich schließlich dazu kam, wie Simon mir geholfen hatte, lächelte Ryan Simon zu. Es war zwar eher ein gequältes Grinsen als ein Lächeln, aber er hatte es immerhin versucht. So wie es aussah, hatten wir wohl gerade größere Probleme. Ich schloss meine Erzählung mit den Worten: "...und dann sind wir hierher gefahren." Erwartungsvoll sah ich Ryan an. Was würde er zu meiner Geschichte sagen? Er lehnte sich zurück und schien zu überlegen. Dann seufzte er einmal tief und meinte schließlich: "Danke, Simon, dass du sie geholt hast. Zum Glück haben die Anderen immerhin nicht sie bekommen", dann wandte er sich zu mir, "Mila, ich weiß, du möchtest unbedingt Antworten, aber würdest du mir einen Gefallen tun und aufs Erste auf dein Zimmer gehen? Du musst dich ausruhen und ich muss noch mehr Informationen beschaffen" Er klang so unglaublich müde, dass ich ihm diesen Wunsch nicht abschlagen konnte. Ich nickte, stand wortlos auf und ging aus dem Zimmer, Simon folgte mir auf dem Fuß. Er folgte mir bis zu meinem Zimmer. Als ich vor der Tür stand, drehte ich mich zu ihm um. Er wirkte etwas betreten, als wolle er mich etwas fragen und wisse nicht genau wie. Schließlich meinte er: "Und Marc, er ist ... Ist er wirklich...?" Meine Unterlippe fing an zu zittern, ich konnte nichts dagegen tun. "Mein Vater meinte Ja, aber ich kann das nicht glauben... Er kann doch nicht einfach..." Ein Schluchzen brach aus mir heraus. Simon trat sofort näher und nahm mich in seine Arme. Ich versuchte, mich zusammen zu reißen und machte mich von Simon los. "Habe ich mich schon bei dir bedankt?", fragte ich ihn schniefend. Er überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. "Na dann, danke", brachte ich heraus und versuchte mich an einem Grinsen, was ich jedoch schnell aufgab. Simon lächelte trotzdem. "Leg dich hin", sagte er sanft, "In einer halben Stunde komme ich mit etwas zu essen" Ich nickte und ging in mein Zimmer. Es war wie ein Schock. Alles sah noch genauso aus wie ich es vor gefühlt Tagen verlassen hatte. Die unbenutzten Schulbücher lagen immer noch in der Ecke, die Farbtöpfe mit der pfirsichfarbenen Wandfarbe standen noch neben der Tür und warteten darauf, weggebracht zu werden. Auf meinem Bett lagen die Klamotten, die ich angehabt hatte, bevor ich mir das rotschwarze Kleid angezogen hatte. In einer Art Trotzanfall riss ich die Kleider vom Bett und warf sie auf den Boden. Doch als sie aufkamen, hörte ich ein metallisches Klonk, dass mich innehalten lies. Irgendetwas war zwischen meinen Kleidern gewesen. Diesmal vorsichtiger zog ich die Kleider auseinander. Und da, mitten auf dem schwarzen Top lag mein Handy als hätte es mich erwartete. Ich hatte keine Ahnung, wann ich es zum letzten Mal bei mir gehabt hatte. Hatte ich es nicht verloren, als ich mit meiner Mutter bei den Anderen gefangen war? Wo kam es so plötzlich her? Plötzlich, als hätte es abgewartet, bis ich bei diesem Gedanken angekommen war, fing es an zu klingeln. Adrenalin durchfuhr mich und instinktiv wäre ich am liebsten aufgesprungen und davon gerannt. Eine Hand, die nicht zu mir zu gehören schien, griff nach dem Handy und, obwohl meine Finger zitterten, nahm ich ab. "Ha... Hallo?", stotterte ich zaghaft. "Mila?", ertönte es dumpf, "Mila, du musst auf der Stelle da weg!"

Danger (wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt