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Fast direkt nachdem James den roten, riesigen Zug nach Hogwarts betreten und sich mit Peter und Remus ein Abteil gesichert hatte, ließ er seine Freunde auch schon allein.
Er war fast am Ende des Zuges eingestiegen und hatte nun etliche Abteile vor sich, in denen Sirius sein könnte, doch James hatte ja auch sechs Stunden Fahrt vor sich. Das sollte reichen.
Er spähte in jedes Abteil hinein, fand Marlene mit Dorcas und Lily Evans und er konnte nicht widerstehen, sich kurz zu ihnen zu quetschen.
Er hatte sich weitesgehend mit allen drei Mädchen gut verstanden, bis auf die paar Male im Monat, in denen Lily seine Streiche kritisierte.
"Hey, Jamesie." Marlene trug ein breites Grinsen im Gesicht und bedachte James mit einem Blick, der auf Vertrautheit schließen ließ.
Bevor James in den Zug gestiegen war, hatte er sich noch einmal seinen Beschluss ins Gedächtnis gerufen: abweisend sein, der Beste sein, niemanden etwas von seiner Suche nach Informationen merken lassen.
Und als die drei Mädchen nun so vor ihm saßen, wusste er, dass er jetzt schon damit anfangen musste.
"Hi. Hat eine von euch vielleicht Sirius gesehen?"
Lily Evans zog spöttisch die Augenbrauen hoch. "Was, hat da etwa jemand seinen Schatten verloren? Pettigrew müsste dir doch als Begleitung reichen."
"Evans, wenn man von nichts eine Ahnung hat, sollte man vielleicht lieber schweigen."
"Wieso redest du dann immer ununterbrochen, wenn du irgendwo auftauchst?"
"Weil meine Stimme äußerst angenehm ist. Du kannst es ruhig zugeben."
Neben ihm und dem wütenden Mädchen mit den dunkelroten Haaren brach Dorcas in schallendes Gelächter aus und Marlene wirkte, als bräuchte sie bloß noch Drachenmais, um die Vorstellung genießen zu können.
"Potter, deine Stimme ist einfach nur nervtötend. Genauso wie deine Anwesenheit. Also verschwinde einfach."
James grinste. Es gefiel ihm, zu kontern. Sich mit anderen Leuten anzulegen.
"Ach, Lily, gibs zu. Du magst meine Anwesenheit."
"Kein bisschen. Verschwinde."
"Erst, wenn du mir sagst, wo Sirius ist."
Sie stöhnte entnervt auf und griff sich an den Kopf. "Ich weiß nicht wo dein dämlicher Freund ist, ich will es auch nicht wissen!" Ihre Augen funkelten ihn wütend an. "Was an verschwinde versteht dein Erbsenhirn nicht?!"
James wusste nicht, was Erbsenhirn bedeuten sollte, und er beschloß, ihren letzten Satz einfach geflissentlich zu ignorieren.
Lily Evans wirkte so anders, als noch vor einem Jahr. Auf ihrer ersten Fahrt nach Hogwarts hatte sie geweint und ihren besten Freund Severus verteidigt, obwohl James ganz klar im Recht gewesen war. Sie wirkte um einiges stärker, selbstbewusster und erwachsener.
James konnte das nicht leiden.
"Wo sind die Slytherins?"
Evans' Augen weiteten sich wissend und auf einmal brüllte sie nicht mehr. Ihre Stimme war ganz leise und bedrohlich.
Marlene genoss die Situation immernoch.
"Potter, ich sag es dir zum letzten Mal: Lass. Severus. In. Ruhe. Er hat dir nichts getan."
Dorcas lachte wieder, diesmal spöttisch, und Marlene widersprach: "Nichts für ungut, Lils, aber Severus hat so ziemlich jedem was getan."
"Sogar dir", pflichtete Dorcas bei und James wurde hellhörig. Doch er hatte keine Zeit für so was.
"Wie aus purem Zufall möchte ich aber garnicht zu deinem Geliebten-"
"Severus ist nicht mein Geliebter!"
"-sag mir einfach wo er und seine widerlichen Freunde sitzen. Anscheinend ja nicht bei dir, der Herzallerliebste."
Das hatte sie getroffen, James sah es in ihren Augen. Erst blickte sie geschockt, dann, als wöllte sie weinen und dann wütend.
Sie stand auf und ohne ein weiteres Wort drückte sie sich an James vorbei aus ihrem Abteil.
Das war jetzt schon eher wie letztes Jahr, dachte James amüsiert und wandte sich seelenruhig an die beiden anderen Mädchen.
Er musste seine Frage noch nicht einmal wiederholen, Marlene antwortete schon grinsend.
"Ein paar Abteile weiter vorne. Ich hab Sirius mit seiner Familie einsteigen gesehen."
Oh, verdammter Hippogreifmist.
"Danke Marls." Gerade wollte James sich umdrehen, da fiel ihm noch etwas auf. "Hab ganz vergessen, wie du ohne rosa Haare aussiehst. Blond steht dir."
Er zwinkerte ihr noch einmal zu und verließ dann mit mit dem Kichern der beiden Mädchen hinter seinem Rücken das Abteil.
"Ein paar Abteile weiter vorne...", murmelte er immer wieder und er spannte sich immer mehr an.
Wie sollte er es schaffen, Sirius von seiner Verwandtschaft wegzubekommen, ohne ihn in noch mehr Schwierigkeiten zu bringen?
Schüler kamen James entgegen, irgendwo blitzten hellblonde Haare auf, er erkannte Lucius Malfoy. Malfoy war dieses Jahr Vertrauensschüler. Neben ihm stand Bellatrix Black, Zissys ältere Schwester, beide im selben Jahrgang und beide schon in grünlicher Uniform.
Während James sich an ihnen vorbeiquetschte und versuchte, nicht aufzufallen, bekam er ein paar Fetzen ihres Gesprächs mit.
"- würde unsere Linie stärken."
"Ich rede mal mit ihr. Und ich werde Vater einen Brief-"
James wollte garnicht wissen, worüber sie sprachen.
Das nächste Abteil war beinahe leer, danach folgte eins, in dem Severus Snape allein saß und aus dem Fenster starrte. Und dann kam Sirius.
Durch das Fenster in der Tür konnte James ihn sehen. Er saß gegenüber von Andromeda und schien in ein Gespräch vertieft zu sein.
Sein Gesichtsausdruck war traurig, hoffnungslos und besorgt und Andromeda triefte vor Mitleid.
James konnte kein Wort hören. Er traute sich auf einmal nicht mehr, die Abteiltür zu öffnen, obwohl er beide Personen gut kannte und mochte.
Was war in den Ferien mit Sirius passiert?
"James?"
Der Junge zuckte zusammen und stolperte herum, fing an zu stottern, ohne sein Gegenüber zu erkennen.
"Ich... ich hab nicht... das.."
Und dann erkannte er Narcissa, mit belegten Brötchen und Schokofröschen in den Händen, anscheinend darauf wartend, dass James aufhörte, die Abteiltür zu blockieren. Ähnlich wie bei Marlene, musste er nicht aussprechen, was er wollte.
"Bei Sirius zuhause ist viel passiert. Ihm geht es nicht so gut." Nachdenklich starrte sie durch das kleine, beschlagene Fenster. "Ihr seht euch ja nachher, spätestens beim Essen. Lass ihn bis dahin einfach noch hier."
James wollte wiedersprechen, doch Narcissa kam ihm zuvor.
"Geh. Wir passen schon auf ihn auf."
Zögernd trat James einen Schritt beiseite, gerade so, dass die Tür nicht mehr blockiert war.
"Danke, Zissy."
"Kein Problem."
Sie lächelte noch einmal James entgegen, dann öffnete sie die Tür und ließ sich Zeit, diese wieder zu schließen.
"Na endlich", erklang Andromedas amüsierte Stimme. "Wo warst du so lange?"
"Hab noch mit jemandem geredet."
"Mit wem?" Sirius klang heiser, aufgebraucht, aber mit einem Funken Hoffnung in der Stimme, die James verriet, dass er wusste, mit wem seine Cousine geredet hatte.
"Nicht so wichtig."
Und die Tür knallte zu.
James stand noch eine Weile an die Wand gelehnt da, bis auch ihm bei dem Gedanken an Zissys Schokofrösche der Magen knurrte und er sich widerwillig zurück zu seinen Freunden bewegte.
Das Abteil von Severus war immernoch leer, James' Gang war immernoch aufrechter als sonst, da er gerade eben noch umzingelt von Reinblütern gewesen war, Lily saß wieder bei Marlene und Dorcas im Abteil und lachte laut und ehrlich.
Remus Lupin hatte sich auf seiner Bank breit gemacht, einen Arm auf der Lehne, ein Bein angewinkelt auf der Sitzfläche, den anderen Ellenbogen auf den Fenstersims gelehnt. Eines seiner Bücher lag geöffnet auf seinem Schoß.
Peter lag auf dem Bauch und stützte sich auf deinen Armen ab, während er krampfhaft versuchte, eine Packung Süßigkeiten zu öffnen.
Als James die Tür aufriss, blickten die beiden Jungen erwartungsvoll zu ihm auf, doch Sirius stand nicht neben ihm.
Remus setzte sich aufrechter hin, sodass James genug Platz hatte und klopfte ihm auf die Schulter.
"Wo war er?", fragte Peter traurig. Seine wässrigen Augen waren diesmal trüb.
"Bei seinen Cousinen. Narcissa hat gesagt, wir sollen ihn bis zum Essen in Ruhe lassen."
"Da hat sie vielleicht recht.", murmelte Remus und legte sein Buch zurück in seine Tasche.
"Hast du lange gebraucht, um ihn zu finden?"
James schüttelte den Kopf. "Hab mich kurz mit Evans gezofft, aber Marlene hat mir dann gesagt, wo er ist."
"Mit Lily? Wieso denn?", fragte Peter neugierig, mit dem alten, fröhlichen Glanz un den Augen.
"Sie dachte, ich wöllte Schniefelus verhexen und meinte immer wieder, ich solle doch einfach verschwinden. Sie hätte mir auch einfach antworten können." Genervt atmete er aus. "Oh, und sie hat mich Erbsenhirn genannt. Keine Ahnung, was das sein soll."
Remus neben ihm kicherte leise, aber hatte scheinbar nicht das Bedürfnis, seinen Freund aufzuklären.
Stattdessen redete Peter weiter.
"Lily mag dich wirklich nicht, oder?"
James sties lachend die Luft aus seiner Lunge. "Doch, jeder mag mich. Sie gibt es nur nicht zu."
"Nein, James, wirklich." Remus kicherte immernoch, während er sprach. "Die mag dich nicht."
"Und selbst wenn, ist es mir egal."

James hatte niemandem von Sirius' Brief erzählt, nicht einmal Remus.
Doch während die anderen beiden Jungs sich umziehen gingen, konnte er nicht anders, als ihn aus seiner Jackentasche zu fischen und noch einmal jedes Wort zu analysieren.
Lieber James,
Es tut mir leid, dass ich nicht geantwortet habe, allerdings bin ich angesichts neuester Entwicklungen der Meinung, dass unsere Freundschaft nicht mehr funktionieren würde. Ich muss mich mehr an meine Familie halten.
Bitte sei nicht wütend.
Sirius.
James hatte nicht glauben können, was sein bester Freund geschrieben hatte. Seine Wörter waren gestellt, viel zu gehoben für den lebenslustigen Sirius. Und James hatte von Anfang an bezweiflet, dass Sirius diesen Brief freiwillig verfasst hatte.
Seufzend faltete er das Pergament wieder zusammen und verstaute es sicher, bevor auch er sich umzog. Gerade als er sich die Krawatte bund und stolz war, dass die Handbewegungen mitlerweile gut funktionierten, öffnete sich die Abteiltür  und noch bevor Remus etwas sagte, erkannte James durch das Fenster des roten Zugs Hogwarts.
"Wir sind da. Marlene, Lily und Drocas kommen mit zu uns in die Kutsche."
James nickte und zwängte sich mit seinen Freunden durch die Schülermassen. Rubeus Hagrid rief die neuen Erstklässler zu sich, der Rest wurde zu großen, dunklen Kutschen geführt.
Die Sitze waren nicht so bequem, wie die im Zug und sie schienen auf irgendeine Art und Weise selbst zu fahren, wenn auch mit Abstand.
Hogwarts wirkte noch gewaltiger und bedrohlicher, als James es in Erinnerung hatte. Über dem Dunklen See waberte sanfter Nebel, die Bäume ragten schwarz und spitz weit in die Höhe und betonten die hellen Gemäuer des Schlosses.
Es war wunderschön.
"Diesmal kommen wir ja direkt zum Essen, oder? Wir müssen ja nicht mehr zugeteilt werden.", bemerkte Peter und freute sich.
James musste grinsen. Solange Peter Pettigrew ein Bett und Essen hatte, war er glücklich.
Auch Remus kicherte wieder.
"Hey, Remus, deine Haare waren doch eigentlich gelockt, oder?"
"Jaa, ich hab die Haar von meiner Mutter, sagt Dad immer. Die waren, als sie jung war, auch lockig, aber jetzt sind sie eher glatt."
"Da hat Remus wohl mehr Glück als du, huh, James?"
"Schnauze, Pettigrew.", motzte James und fuhr sich nervös durch die Haare, was wahrscheinlich eher überflüssig war. Es half ja doch nicht.

Peter hatte Recht behalten, McGonagall hatte sie diesmal nicht in einen Nebenraum geführt und warten lassen. Diesmal kamen sie direkt in die schon geschmückte Große Halle.
Professor Dumbledore hatte bereits seinen Platz eingenommen und wartete geduldig darauf, dass alle Schüler saßen und schwiegen.
Aufgeregt hielt James Ausschau nach Sirius, doch er fand ihn nicht. Immer wieder drängten sich ältere, größere Schüler vor ihn und versperrten seine Sicht.
Auf einmal tippte Remus ihm auf die Schulter. Er zeigt nach vorne, ganz ans Ende des Gryffindortisches und James erkannte die tiefschwarzen, weichen Haare seines besten Freundes. Sirius saß dort allein, allerdings war Marlene schon mit Anlauf auf den Weg zu ihm, um ihm auf den Rücken zu springen.
James musste einfach lachen, als sie beide wie erwartet schreiend von der Bank fielen.
Remus, Peter und er liefen nun ebenfalls schnell zu ihrem Freund.
"- sie noch alle?! Du hättest mich fast getötet!", erklang Sirius' lachende Stimme. Er klang tiefer als letztes Jahr, allerding kratzte seine Stimme auch ziemlich stark.
"Hallo, Sirius" Peter war der erste, der sich traute, ihn anzusprechen und Sirius wirbelte herum.
Seine grauen Augen weiteten sich und auf einmal wirkte er schüchtern, nahezu schuldbewusst.
Remus trat auf ihn zu und zog ihn in eine Umarmung, während Marlene laut "ohhh, wie süüß" rief und Peter sah man die Freude über die Wiedervereinigung an.
Doch James trat, sobald Remus ihn los ließ, auf Sirius zu und begann, mit seinen flachen Händen wie ein Kleinkind jede Stelle seines Körpers zu hauen, die er nur erwischte.
"Wie - konntest - du - nur!"
"James!"
"Jamie, beruhig dich"
Seine Freunde versuchten ihn wegzuzerren, doch James war viel zu verzweifelt und glücklich zur selben Zeit. "Du dämliches Reinblut bist nicht umsonst in Gryffindor gelandet! Nicht mal der Hut wollte, dass du dich mehr an deine Familie hälst!"
Endlich ließ James locker und Sirius richtete sich auf. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Mund stand offen und seine Haare waren zerzaust. "James, ich -"
"Ach, halts Maul"
Und ohne seinen besten Freund ausreden zu lassen, zog er ihn in eine Umarmung, die nicht einmal Merlin höchstpersönlich so gut hinbekommen würde. An seinem Hals spürte er die warmen Tränen von Sirius und auch James konnte sich nur schwer zusammenreißen.
"Nun gut, jetzt wo wir alle wieder glücklich vereint sind", Professor Dumbledore stand vor dem Lehrertisch und bedachte James und seine Freunde mit einem wohlwollenden Blick, während seine Stimme wie gewohnt durch den Raum hallte, "können wir ja zu den obligatorischen Dingen übergehen. Hogwarts wird dieses Jahr das neue Zuhause von 50 stolzen Neuankömmlingen. Sie werden jede Kunst erlernen, die wir ihnen beibringen können und eines Tages die Plätze der Schüler einnehmen, die dieses Jahr nicht erneut diese Hallen betreten werden."

The Marauders - From the beginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt