Surin

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"Bonsoir, comment ça va, Sophie, denkst du an dein Gelübde, meine Tochter?"  

Nein, Sophie träumte nicht, sie war noch nicht einmal eingeschlafen. Wie gestern schon und in einigen Nächten zuvor, war sie wieder deutlich zu hören, diese sanfte leise Stimme mit dem seltsamen französischen Akzent.

Das altertümliche Wort "Gelübde" war auch schon einige Male gefallen. 

Sie wusste nicht, woher diese Stimme kam, denn Sophie war ganz allein in ihrem Zimmer. Eigentlich war es völlig unmöglich, was sich hier in der nächtlichen Dunkelheit abspielte. 

Wenn sie nicht träumte, dann war sie vielleicht dabei, wahnsinnig zu werden. Sie fragte sich: "Werde ich jetzt verrückt?" 

Unwillkürlich hatte sie diese Worte laut vor sich hin gesprochen und erschrak, als die Stimme ihr antwortete: "Ma chère Sophie, sei ohne Furcht, gute Mächte wachen über dich." 

"Wachen", das war ein gutes Stichwort. Viel lieber würde Sophie jetzt schlafen. Dann wäre das alles nur ein Traum. So aber befand sie sich in einer für sie unbegreiflichen Situation, im Dialog mit einer geisterhaften Männerstimme. 

"Wer immer hier zu mir spricht, hat er auch einen Namen?" 

"Excuse-moi, ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Nenne mich einfach Surin, das kann man sich doch leicht merken, n'est-ce-pas? Ich wünsche dir jetzt eine gute Nacht und fromme Träume." 

Froh darüber, dass der Spuk vorbei war, fiel Sophie in einen tiefen und traumlosen Schlaf, der bis zum folgenden Morgen dauerte.


Die weisen WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt