Sympathien und Antipathien

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Mittlerweile kennt Sophie die fünf abendlichen Stimmen so gut, dass sie sich ihre Meinung über jeden einzelnen Sprecher gebildet hat. Dabei achtet das Mädchen vor allem auf ihr Bauchgefühl.

Am unsympathischsten findet sie Surin, weil er sie mit absurd anmutenden Forderungen bedrängt und seine eigenen Auffassungen zum absoluten Maßstab erhebt. Sein Insistieren auf Jungfräulichkeit und Keuschheit ist ihrer Erfahrung nach vor allem dazu geeignet, unreine Gedanken zu wecken, auf die sie von alleine nie gekommen wäre.

Der Stimme, die sich selbst Matus nennt, kann Sophie nur wenig vertrauen. Sie vermutet Tricks und Kniffe, durch die sie manipuliert werden könnte. Welche Absichten verfolgt dieser undurchschaubare Schamane? Sophie muss sich eingestehen, dass sie aus ihm einfach nicht schlau wird.

Rätselhaft erscheinen ihr auch die wiederholten Hinweise des Hui Tse auf das Nichtstun. Sophie bezweifelt, dass dies ein Allheilmittel sein könnte. Auch gefällt ihr das Wahrnehmen ohne zu werten nur mit Einschränkungen, denn nichts an sich heranzulassen, ist nicht ihr Fall. 

Sympathischer ist ihr da schon Samos, vor allem als ihr Verteidiger gegen den jesuitischen Exorzisten hat er gute Arbeit geleistet. Ob er aber nicht doch vieles zu sehr verharmlost und vielleicht zu tolerant ist, über diese Frage möchte Sophie noch nachdenken. Auf jeden Fall vertritt er eine bedenkenswerte Lebensauffassung.

Bis jetzt hat Blake ihr am besten gefallen, denn als echter Gentleman ist er immer höflich und fürsorglich mit ihr umgegangen. Vor allem haben seine Bemerkungen Sophie nie in Verlegenheit gebracht, sondern sie mit Mut und Zuversicht erfüllt. Dafür ist sie ihm dankbar. 

Als Leser wird man vielleicht anders gewichten, auch fehlt es Sophie noch an Lebenserfahrung, aber intuitiv zu urteilen, so wie sie es tut, das ist sicher nicht der schlechteste Weg.

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