Du machst mich wütend!

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Harry ging zurück ins Slughorn-Abteil und besah sich die Lage.
Auf der, ehemals wohl gesitteten Party ging es jetzt vor wie in einem Hexenkessel. Überall flogen Pasteten und Slughorn's so sehr geliebte kandierte Ananas herum.
Ginny schlug mit einer Schale auf den Kopf eines Slytherin Schülers ein und Hermine hatte sich für den magischen Weg des Kampfes entschieden. Ihr Gegner hatte sich unter dem Tisch verkrochen, die Hände über dem Kopf und die Beine angewinkelt. Ein lautes Geschrei erfüllte das Abteil.
"Was zum Henker ist denn hier passiert?" brüllte Harry über die Stimmen hinweg. Hermine sah sich um und ließ ihren Zauberstab sinken. Wie aus einer Trance erwacht ließen auch alle anderen Streitenden ihre Waffen fallen und setzten sich wieder verwirrt an ihre Plätze.
"Oh mein Gott! Harry!", Hermine sah sich aufgelöst um, "Ich habe einen Magischen Streit ausgelöst." Ginny sah sie verwundert an. "Nennst du es etwa magisch, wenn ich jemanden mit einer Obstschüssel erschlagen will?"
Harry nahm Hermine am Arm und zog sie auf einen Stuhl. "Wie meinst du das?", fragte er und reichte ihr dann ein Glas mit frisch hergezaubertem Wasser.
"Also, ich war so sauer wegen... Ich war ziemlich wütend als ich hier hinein kam", sagte sie nachdem sie ein paar Schluck Wasser genommen hatte, "und dann ... dann hat McLaggen ... ich habe ihn sagen hören... ". Hermine war völlig aufgelöst und Harry wusste, das er nicht mehr aus ihr herausbekommen würde als ein wenig Gebrabbel. Darum widmete er sich Ginny, was ihm sowieso lieber war. "Hast du mitbekommen was er so schlimmes getan hat?" "Also, ich hab nichts schlimmes gehört. Ich meine, ja, er hat sich über Ron hergemacht. Was er doch für ein Trottel sei, und dass er ja gar nicht Quidditch spielen kann und das Hermine nur Mitleid für so einen Idioten empfinden könnte, das er doch kein Grund sei ihn zu ersetzen oder sitzen zu lassen. Aber nichts wirklich neues...." Ginny sah Harry genau an. Mit jeder ihrer Silben hatte sich seine Miene ein wenig verdunkelt. Als sie zu Ende gesprochen hatte war Harry nicht mehr auf seinem Platz geblieben. Er war abgetaucht zu dem immer noch unter dem Tisch hockenden McLaggen. Dieser hatte auch beim besten Willen nicht aufstehen können, denn Hermine hatte ein Meisterstück von Versteinerungsfluch an ihm angewandt. Harry kniete sich zu ihm runter und musterte ihn genau. Ihm gefiel es ihn so hilflos zu sehen.
"Warum sagst du denn auch so etwas zu Hermine? Ts ts ts. Tja da sieht man es wieder mal, Dummheit wird bestraft. Und du bist ein so gutes Beispiel von Dummheit und von wirklich schlechtem Timing." Harry schüttelte schmollend den Kopf. Allerdings war die Situation für ihn so lustig, das er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. McLaggen unter dem Tisch sah nicht sehr fröhlich aus. Wenn man unter seiner Totalversteinerung überhaupt noch Gefühle oder Ausdrücke von Empörung über Harrys Beleidigungen erahnen konnte.
"Mm m m mmn mn ff !" Das war das Einzige das man von ihm hörte.
"Was denn, du willst das ich dich wieder erlöse? Da musst du dich aber zuerst bei allen ganz lieb entschuldigen. Denn schließlich bist du schuld, das Hermines Wut auf alle übergegriffen hat und sie sich gegenseitig die Köpfe einschlugen. Ich würde sagen, wenn du dich nett...", weiter kam Harry nicht, denn er wurde von einem furchtbaren Gedanken überwältigt. Er erinnerte sich an den Beginn des Schuljahres, als er kaum hundert Meter weiter den Flur entlang, so vor Malfoys Füßen lag und genauso hilflos war wie McLaggen jetzt. Als Malfoy ihm die Nase gebrochen hatte und Harry, hilflos wie er war, auf die Rückreise nach London schicken wollte. War er etwa schon genauso schlimm wie Malfoy? Wollte er dem, zwar nicht ganz so unschuldigen, aber doch wehrlosen McLaggen Leid zufügen? Harry hob seinen Zauberstab. Leise flüsterte er den Gegenfluch und stand auf. Er sah den nun zu neuen Leben erweckten McLaggen nicht an, sondern drehte sich zu Hermine um, die in der Zwischenzeit von Ginny umsorgt wurde.
„Recht so, Potter!", knirschte McLaggen, verstummte dann aber schnell angesichts der wütend funkelnden Augenpaare von Hermine, Ginny und Harry. Immernoch vor sich hin murmelnd verzog er sich in die andere Ecke des dunkel werdenden Raums. Der Zug wurde langsamer und Professor Slughorn, der inzwischen seine Taubenei große Beule gekühlt hatte, schickte sie davon.
Harry war immer noch wütend. Er wollte sich an McLaggen rächen. Und zwar so, das er nie wieder einem seiner Freunde oder Ginny beleidigte. Auch wenn er nicht so schäbig und gemein sein wollte wie Malfoy.
Grade als Harry mit dem Gedanken spielte die Sache auf sich beruhen zu lassen, holte McLaggen ihn ein. "Na Harry, hast du doch Schiss gekriegt das der alte Slughorn dir Nachsitzen aufbrummt, oder warum hast du so einen schnellen Rückzieher gemacht. Ist wohl doch nur: große Klappe und viel Wind um nichts, was man da im Propheten liest! Von wegen großer Held", er schnaubte abwertend, "Eher großer Feigling. Hast wohl deine Freundin Hermine für dich kämpfen lassen. Aber soll ich dir was sagen, sie steht nicht auf dich. Du brauchst nicht zu denken das du, nur weil du ein so großer Held bist, jede kriegen kannst, sie will nichts von dir!"
Harry schaute ihn geduldig an. Er verbarg den Vulkan aus Wut, der sich im seinem Bauch breit machte und beinahe zu explodieren drohte und erwiderte in beherrscht ruhigen Ton: "Ich weiß Cormac. Und auf dich auch nicht! Wegen Hermine brauchst du dir wirklich keine schlaflosen Nächte bereiten. Ich tue es ja auch nicht und dabei liegt mir ja zumindest als Freundin was an ihr."
McLaggens Augen wanderten hilflos über Harrys Gesicht, entschlossen eine Spur von Angst oder Sarkasmus zu finden.
"Ach ja, stimmt schon! Sie hat sich ja den allergrößten Vollidioten gesucht, den sie finden konnte. Ronald Weasley! Ach ne warte, das ist ja auch ein Freund von dir...! Dann muss ich wohl eher sagen, der Vollidiot, der den aller größten Idioten zum Freund hat. Streitet ihr euch regelmäßig um den Titel, du und dieser...!", weiter kam Cormac McLaggen nicht mehr.
Der Vulkan in Harrys Bauch war zum überlaufen gereizt. Harry hatte dieses Gefühl schon einmal erlebt. Das war vor seinem dritten Jahr gewesen, als seine Tante zu Besuch gewesen war. Damals hatte er Gläser zerspringen lassen, weil er wütend auf sie gewesen war. Sie hatte Harrys Eltern beleidigt und sich über ihren Tod hergemacht. Als er weggelaufen war flog sie grade, aufgeblasen wie ein Ballon an die Zimmerdecke.
Jetzt hatte Harry seine Gefühle wieder nicht unter Kontrolle. Um ihn herum zerplatzten die Glasscheiben der Abteile, sodass aufgeregte Erstklässler hinausgestürmt kamen. Ein eisiger Wind wehte um Harrys Füße, der sich wie ein Schleier durch die geheizte Luft zog.Harry bemerkte nicht wie seine Hände anfingen zu beben und seine Augen McLaggen fixierten, als würden Laserblitze ihn aufspießen können.
McLaggen zog sein Gesicht zu einem Lachen zusammen, doch in dem Moment wurde er von seinen Füßen gehoben. Er begann am ganzen Leib zu zittern und knallte mehrmals mit dem Kopf gegen die Decke.
Harry hatte keine Kontrolle mehr. Wie aus der Perspektive einer vollkommen anderen Person, beobachtete er wie McLaggen anfing sich zu drehen. Er hatte die Farbe von zu lange gekautem Kaugummi angenommen und hing schräg in der Luft als der Zug anhielt.
Der erstarrte Harry stolperte und fiel in einen Haufen der Glasscherben. Endlich konnte sein Verstand wieder die Kontrolle übernehmen. McLaggen hatte, in dem Moment in dem Harry den Blickkontakt verlor, die Schwerkraft wieder entdeckt und lag nun wie ein Stein am Boden. Harry wollte grade zu ihm gehen als ein Schwarm Schüler ihm dem Weg versperrte. Nachdem sie alle auf den Bahnsteig gestürmt waren, hatte McLaggen sich bereits wieder aufgerappelt. Als er Harry sah, nahm er schnellst möglich in die andere Richtung reißaus. Harry blickte ihm nach, bis ihm auffiel das er der letzte im Zug war. Blitzschnell lief er zurück ins Abteil holte seinen Koffer und begann auf dem Bahnsteig nach Hermine, Ron und Ginny zu suchen. Er fand sie in der Schlange zum Ausgang aus dem Steig 9 3/4.
Hermine sah immer noch sehr bleich aus. Ron hatte eine versteinerte Miene aufgesetzt, hinter der Harry die Gedanken rattern sah. Er hatte im Gegensatz zu Hermine eine ziemlich rötliche Gesichtsfarbe, was Harry darauf schließen ließ, dass Ron irgendetwas verstanden haben musste. Offenbar war Ron doch kein so großer Trottel wie Mclaggen dachte, schließlich hatte er Harrys Wink mit dem Zaunpfahl offenbar kapiert.
McLaggen! Dieses Thema brachte Harry wieder in Rage. Er war so sehr damit beschäftigt sich nicht aufzuregen, das er nicht einmal mehr mitbekam, wie Ginny hinter ihm sich demonstrativ von Dean Thomas verabschiedete, der nun doch die Ferien mit seinen Eltern verbringen wollte. Nachdem Dean gegangen war, stellte sich Ginny wieder zu Harry. Harry bemerkte nun das auch sie in eine eisige Stimmung verfallen war.
"Das werden bestimmt tolle Ferien", sagte er zu seinen Freunden und schwieg dann wieder um niemanden bei seinen Gedanken zu stören. Er selber beschäftigte sich nun wieder mit den erfreulichen Meldungen, das Ginny ihren Freund nun doch nicht um sich haben würde. "Vielleicht", so dachte Harry, "würde sie sich über die Feiertage einsam fühlen."

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