11. Türchen

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In Glacies spielten sie traurige Fanfarenmusik. Egal, wohin man kam. Sie spielten die Trauerlieder vom Eispalast aus, über den Marktplatz, bis hin zum armen Stadtrand. Die Frauen trugen schwarze Kleider, die Männer ihre besten Anzüge, als wäre es ihre letzte Chance, einen guten Eindruck zu machen.

In die Geschichtsbücher ging dieser Tag als größte Trauerfeier ein, die jemals in Sempera stattfand. Es war nicht, wie man meinen könnte, der König gestorben oder ein vergleichbares Familienmitglied.

Die Lasins ins Glacies – überall in Sempera – trauerten um die Vogellasins, die bei dem schlimmen Massaker vor ein paar Tagen ermordet worden waren.

Wanna nutzte die Gelegenheit, um sich von ihrer Familie davon zu stehlen. Die Menge bot dafür die beste Gelegenheit. Zwischen den dunkel gekleideten Gestalten und namenlosen Lasins konnte sie sich einen Schritt zu weit von ihrer Familie entfernen und verschwinden. Es war ganz leicht.

Und doch nicht leicht genug, denn später am Abend würde sie zu ihrer Familie zurückkehren.

In den letzten Tagen war viel zu viel passiert.

Ihre Mutter stürzte sich direkt in die Hochzeitsvorbereitungen. Es schien, als hätte sie ihr ganzes Leben lang darauf gewartet. Walpyxa hingegen zog sich zurück, und Wanna wollte nicht einmal darüber nachdenken, wo sie sich aufhielt, wenn sie nicht in der Hütte war.

Wanna hatte versucht, mit ihrem Vater über das Massaker zu sprechen, aber er hatte ihr unmissverständlich klar gemacht, dass sie nie wieder ein Wort darüber verlieren sollte. Es war das Beste, wenn sie es vergaß; wenn sie so tat, als wäre nichts geschehen.

Aber wie konnte man so tun, als wäre es nicht passiert, wenn die ganze Stadt einen daran erinnerte? Wenn sie nach einem Monster suchten, denn ein einzelner Lasins wäre doch niemals in der Lage, hunderte Vögel auf einmal zu töten?

Sie wussten es nicht. Keiner konnte ahnen, was im Wald wirklich geschehen war, denn Walpyxa hatte alle Zeugen ausgelöscht.

Alle, bis auf einen.

Aber wenn Wanna die Wahrheit sagte, brachte sie ihre ganze Familie in Gefahr. Und Fedwick, der als ihr offizieller Verlobter ebenfalls in Rechenschaft gezogen werden würde.

Nein. Sie konnte nicht die Wahrheit sagen. Durfte nicht. Ihr moralisches Dilemma durfte nicht der Grund sein, alle, die ihr wichtig waren, zu verletzen. Zu verlieren.

Aber nur, weil sie schweigen musste, bedeutete das nicht, dass sie sich nicht schuldig fühlte.

Nachts brachte sie kaum ein Auge zu. Immer wieder wälzte sie sich herum, was vermutlich auch daran lag, dass sie sich ein Zimmer mit ihrer Schwester teilte. Was das betraf, war sie ganz froh über die nahende Hochzeit. So kam sie von ihrer Schwester weg, ohne ihre Eltern zu verärgern.

Die letzte KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt