Kein Sinn mehr

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,,Dann äh Danke fürs Mitnehmen.'', sage ich zögerlich. ,,Kein Problem.'', ich steige aus und mache mich auf den Weg in die Klasse. Wie immer schenkt mir keiner Beachtung. Die Schulstunden vergehen langsam und qualvoll vorüber, vor allem wegen meines Rückens. Denn jedes Mal, wenn ich mich im Stuhl zurück lehne, durchzieht meinem gesamten Rücken heftige Schmerzen. Nach der 6. Stunde mache ich mich dann auf den Weg Nachhause. Auf dem Weg denke ich nach, was ich heute unternehmen könnte. Zur Auswahl stehen Spielautomaten, klauen, Skaten und Joggen. Und weil ich gestern nicht mehr zum Spielen gekommen bin, entscheide ich mich fürs Erste. Zuhause stelle ich erleichtert fest, dass meine Mutter nicht da ist. Im gesamten Haus schaue ich mich nach meinem Skateboard um und wo finde ich es? Unter dem Bett meiner Mutter. Wütend schnappe ich es mir und Skate Richtung Innenstadt. Zuhause habe ich mir noch 50€ von meiner Mutter genommen und kann nun, ohne irgendwelche Probleme spielen. Wie jedes Mal laufe ich mit einem schlechten Gewissen durch die Tür. Was ist bloß aus mir geworden? Mein Leben besteht aus klauen und Spielautomaten. Und natürlich Handball. Doch mein schlechtes Gewissen verschwindet, als ich beginne zu spielen. Konzentriert und fokussiert bewege ich Hebel und Schalter und am Ende mach ich einen Umsatz von 10€. Nach einer Stunde verlasse ich wieder diesen alten Kasten und beschließe doch noch etwas Skaten zu gehen.

Ich stelle mich auf das Brett und lasse mich gleiten. Es ist immer wieder ein schönes Gefühl. Man ist frei. Doch als ich merke, dass mein blöder rücken das nicht mitmacht, stoppe ich und setze mich auf eine Bank am Wasser. Sofort verschwindet der Gedanke an Freiheit und ich bin wieder in der Realität angelangt. Gedankenverloren schaue ich aufs Wasser. Manchmal wünsche ich mir, nicht geboren worden zu sein, ich meine, was hat mein Leben für einen Sinn? Ich habe niemanden der mich ‚liebt', meine Mutter schlägt mich und mein Vater ist für mich kein Vater. Wenn ich also sterben würde, würde es niemanden stören. Meine Mannschaft vielleicht etwas, aber die zählen nicht. Apropos Mannschaft, schnell gucke ich auf mein Handy. Ich habe nur noch 20 Minuten bis Training beginnt. Und ich brauche mindestens 10 Minuten Nachhause, dann umziehen und ich muss ja auch noch zur Halle kommen und mich umziehen. Die Schmerzen ignorierend rase ich mit meinem Bord Nachhause. Dort ziehe ich mich schnell um und mache mich auf den Weg zur Halle. Ich bin tatsächlich 15 Minuten zu spät. Ich öffne die Hallentür und gehe sofort auf mein Trainer zu. Schnaufend sage ich: ,,Sorry, dasss ich zu spät bin, aber ich die Zeit total vergessen.'', ,,Hauptsache es kommt nicht wieder vor. Und bist du wieder die alte?'', spielt er auf meine letzte schlechte Leistung an. ,,Auf jeden Fall.'', ,,Ich ziehe mir noch kurz meine Schuhe an.'', sage ich. Er nickt und wendet sein Blick wieder zu meiner Mannschaft, welche gerade Brettball spielen. Ohne drauf zu achten gehe ich in irgendeine Kabine und ziehe mir meine Sportleggings und mein Pullover aus. Drunter befinden sich meine Trainingsklamotten. Noch schnell die Schuhe und fertig bin ich. Kurz betrachte ich mich vor den großen Spiegel. Ich ziehe mein T–Shirt hoch und gucke noch mal auf meinen Rücken. Er ist mit blauen und lilanen Flecken überseht. Wenn ich doch bloß da ran komm würde, dann könnte ich ihn wenigstens eincremen. Plötzlich geht die Kabinentür auf und ehe ich reagieren kann gucken zwei Augenpaare zuerst mich und dann meinen Rücken an. In der Hoffnung, dass er nichts gesehen hat, lasse ich es los und ziehe es wieder runter. Skeptisch und erschrocken mustert mich der alte Unbekannte. Wenn er was gesehen hat, bin ich geliefert. Dabei kann es ihm doch egal sein... ,,Das ist ne Frauenkabine.'', lenke ich ab. ,,Nein Herren.'', sagt er selbstischer. Mit schnellen Schritten gucke ich auf die Kabinentür und verdammt die war tatsächlich für Herren. ,,Egal ich bin eh weg.'', doch er hielt mich auf. ,,Wirst du geschlagen?'', fragt er und zum ersten Mal erkenne ich in seinen Augen keine Wut oder ähnlich schlechtes. Sie zeigen so viel Vertrauen und Geborgenheit, dass ich beinahe weich wurde, doch ich konnte mich fangen. ,,Ich Äh nein spinnen sie, erstens nein und zweitens geht sie das das gar nichts an und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.'', zicke ich ihn an und gehe mit schnellen Schritten in die Halle. ,,Hat aber lange gedauert.'', begrüßt mich mein Trainer. ,,Aorry.'', sage ich nur. Mein Trainer wirft mir ein Leibchen zu und ich begebe mich auf die Mitte Position, da wir jetzt anscheinend einen neuen Spielzug durchgehen oder die alten üben. ,,So, wir werden jetzt einen neuen Spielzug einführen...'', beginnt mein Trainer seine Ansage. Im Hintergrund nehme ich die Bewegung der Tür war und höre Schritte. Es waren mal wieder die THW Spieler. Und ohne Witz, mein Trainer geht dann alle auf die zu und sagt zu denen: ,,Wir brauchen jetzt die ganze Halle für 20 Minuten da wir die einen neuen Spielzug üben müssen.'', alle sind, glaube ich, einverstanden. Erleichtert stelle ich fest, dass ich bei diesem nicht viel machen muss außer Druck machen und kreuzen. Nach kurzem Üben stellt unsere Trainer uns auf unsere Position und das Übungsspiel beginnt. Nervigerweise gucken die THW Spieler zu. Kurz schaue ich zu dem Unbekannten Bekannten, welcher mich Skeptisch und besorgt mustert. Doch ich ignoriere diesen Blick gekonnt und beginne den Ball durchzuspielen. ,,Jetzt.', sage ich den neuen Spielzug an, da wir noch keinen Namen haben. Aus Angst, dass mich irgendwer am Rücken anfasst, mache ich die Bewegungen zu langsam und mache nicht genug Druck, das musste ich mir dann auch von meinem Trainer anhören: ,,Was ist mit dir los? Du machst zu wenig Druck, dann funktioniert das ganze nicht. Außerdem musst du dich schneller bewegen.'', sagt er lauthals. Ich nicke nur, denn um ehrlich zu sein bin ich diese starke Kritik nicht gewohnt.

Nach dem Training verschwinde ich sofort in die Kabine, da ich einfach nur noch nach Hause will. Der Rest des Trainings verlief genauso scheisse. So viel Kritik wie ich heute gehört habe, habe ich in meiner gesamten Handballzeit noch nicht bekommen. Schnell gehe ich duschen und mache mich auf den Weg Nachhause. Enttäuscht und wütend auf mich selbst, lasse ich einen kurzen Schrei raus und trete auf den Boden. Da ich keine Lust habe Nachhause zu gehen, beschließe ich noch ein wenig durch die Gegend zu gehen. Es ist zwar schon dunkel, aber das ist mir herzlichst egal. Meine Füße bewegen sich wie von selbst zu meinem Lieblingsplatz. Er ist im Wald an einem See, trotzdem ist es nur 3 Minuten von der Stadt entfernt. Ich setze mich auf eine Bank und schweife meinen Gedanken nach. Und dann, ganz plötzlich bekomme ich den Schock meines Lebens. Ich höre ein Ast knacken und gleich danach legt sich ein Arm um meinen Hals und eine Hand auf meinen Mund. Panisch versuche ich mich zu wehren oder zu schreien, doch die Person war zu stark. Sie schleift mich in einen Busch. Sie wird doch wohl nicht etwa...? So doll wie ich kann beiße ich ihm in die Hand, weswegen er laut Flucht und seine Hand von meinem Mund entwerft. ,,Hillfeeeeeeeeeee.'', schreie ich dann so laut wie ich kann. ,,Du kleines Miststück.'', zischt er. Er drückt mich auf den Boden und setzt sich auf mich. Vor Schmerzen kneife ich meine Augen zusammen. Mein Rücken fühlt sich so an als wenn er gleich explodiert. Mit seinen Beinen hält er meine Füße fest und mit einer Hand meine Hände. Immer noch zappele ich rum und versuche mich zu befreien. ,,Lass sie los.'', schreit auf einmal eine Männerstimme. Der Kerl hält in seiner Bewegung inne und dreht sich erschrocken zu der Person um. Dann steht er auf und will flüchten doch er wird fest gehalten und Chao geschlagen. Erleichtert atme ich aus und lasse ich meinen Kopf auf die Erde fallen. Ich glaube so schnell wie jetzt hat mein Herz noch nie geschlagen. Wenn der Unbekannte nicht gekommen wäre...
,,Bist du verletzt.'', er hockt sich neben mich, in der Dunkelheit kann ich ihn leider nicht wirklich sehen. ,,Ja, ich glaube schon.'', sage ich. ,,Du stehst unter Schock.'', sagt er. ,,Nein, Nein alles gut, ich muss jetzt Nachhause.'', sage ich, wobei ich hoffe, dass er nicht merkt, wie scheisse es mir wirklich geht. Mein Rücken tut so scheisse weh. ,,Ich bringe dich. Außerdem geht es nach sowas niemanden gut.'', ,,Nein, schon ok, es ist ziemlich weit weg.'', lüge ich. ,,Ach, dass ist nicht schlimm.'', na super. Wir beide setzen uns in Bewegung und bei der ersten Laterne schaue ich zu ihm auf, um zu sehen wie er aussieht. Erschrocken bleibe ich stehen. ,,Sie?''.

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