11. Stimmungsschwankungen...

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Ich hatte es noch gar nicht wahr genommen, dass es bereits schon so dunkel geworden war. Wir waren immer noch fest ineinander verschlungen und keiner von uns wollte sich rühren, geschweige denn sich von dem anderen entfernen. Ich hätte Stunden, Tage,... nein, Wochen so verweilen können. Doch plötzlich, tief in meinen innersten Gefühlen, fühlte ich mich, als täte ich jemanden hintergehen, fühlte Falschheit. Jetzt erinnerte ich mich wieder an den Traum, den ich gestern, als ich ohnmächtig geworden bin, geträumt hatte. Es fühlte sich genau so an. Mich durchfuhr ein Schmerz, ein so tiefer, sehnsüchtiger Schmerz, dass ich nicht anders konnte, als meine Hand auf seine Brust zu legen und ihn wegzudrücken.

Was hatte ich nur getan?!? Vor einigen Sekunden waren wir noch so verschmolzen ineinander und jetzt war ich die, die allem ein Ende bereitet hatte? Diese Kluft zwischen uns schmerzte. Doch was sollte ich nur tun? Wenn ich mich wieder an ihn ranschmeißen würde, und er das überhaupt nochmals geschehen ließe, dann würden meine Gefühle immer noch die selben bleiben. Ich wollte meine Gefühle nicht mehr verstecken, doch wusste widerum nicht was mit mir los war... Ich war in ihn verliebt, ja, aber warum fühlte es sich so verdammt falsch an ihn zu küssen, oder ihn auch nur zu berühren? Ich senkte den Kopf und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Warum tat ich das? Blöd, blöd, blöd... Ich hatte meinen Blick dem Boden zugewandt, um ihm nicht in die Augen blicken zu müssen. Er streckte eine Hand nach mir aus, doch ich wich zurück und stand mit einer eleganten Bewegung, jedoch ruckartig, auf und ging einige Schritte nach vorne. Was ist los mit mir?

Ich ging einige Schritte nach vor und blieb kurz, ihm dem Rücken zugewandt, stehen. Ich griff mit meiner Hand in meine Haare um sie von meinem Gesicht fern zu halten, meine typische Position, wenn ich äußert angestrengt nachdenken musste. Ich schloss kurz meine Augen.

Bevor ich sie wieder öffnete holte ich nochmal kurz Luft und drehte mich zu ihm um.

"Was geschieht mit mir? Was war da los? Ich... konnte nicht... Ich weiß ni..." begann ich verzweifelt und die letzten Worte stotternd. Die letzten Reserven verbraucht und mit Tränen in den Augen stand ich vor ihm und war mir sicher, diese nicht mehr lange zurückhalten zu können. Ich wiederholte ganz, ganz leise, denn sprechen konnte ich nicht, da mir meine Stimme sofort wieder brechen würde: "Was geschieht mit mir und... was hat das alles zu bedeuten?" Jetzt musste er einfach mit der Sprache raus rücken, ich wollte endlich Antworten! Meine Hand immer noch in den Haaren verheddert und ihn mit vollkommen ausdruckslosem und leerem Blick anstarrend.

Er hatte seinen Blick nicht abgewandt und sah mir direkt in die Augen. Es war nicht sein üblicher Blick. Es lag keine Trauer, Angst, oder Sehnsucht in ihnen, sondern es war ein bettelnder Blick. Bettelnd um Vergebung, wenn ich ihn richtig deutete. Für mich herzzerreißend. Wieder presste ich meine Hand auf meine Brust, auf die Stelle wo mein Herz vergraben war, mein gebrochenes Herz. Es war wie damals, als ich von diesem Etwas flüchtete und schließlich in einer Sackgasse landete. Diese Stimme die zu mir Sprach... es war Marcos, dessen war ich mir vollkommen sicher, denn welche hätte sonst so tiefe Gefühle in mir auslösen können? Sein Blick war unbeschreiblich. Wenn ich ihn richtig deutete, dann stellte ich mir die Frage, warum ich ihm vergeben sollte? WAS sollte ich ihm vergeben? Ich stand einfach nur da, Hände vergraben in den Haaren und Herzgegend, den Blick auf Marco gerichtet und hoffend auf Antworten. Er öffnete kurz den Mund, schloss ihn jedoch sofort wieder. Er wollte etwas sagen, aber es schien so, als täte er noch nach den richtigen Worten suchen. Ich wandte meinen Blick nicht von ihm ab, sondern starrte ihn fassungslos an. Was war bloß los mit ihm?

Er sah wieder zu mir auf, anscheinend hatte er die richtigen Worte gefunden. Mit zutiefst deprimiertem Blick begann er zu sprechen: "Es wurde einst ein Halbdrache geboren , seine Mutter jedoch starb gleich nach seiner Geburt..." Er wartete kurz, ich nickte. "Sie wurde ermordet weil die Menschen im Dorf ihr verboten hatten, mit diesem Drachen Kinder zu gründen. Keiner wusste, dass sie damals schon ein Kind in ihr trug. Drachen wachsen bis zur Geburt sehr sehr schnell heran und man konnte es ihr überhaupt nicht anmerken, dass sie bereits hochschwanger war. Sie hatte vielleicht etwas zugenommen, doch schwanger? Nein. Vielleicht wurde sie auch vergewaltigt aber das weiß keiner so genau... Sie zog sich zurück und bekam das Kind in einem kleinen Haus im Wald. Die Menschen fanden sie und wollten ihr das Kind nehmen. Sie ahnte es und versteckte den Halbdrachen. Sie fanden ihn nicht, doch sie wussten bereits, dass sie ein Kind erwartete. Sie dachten, sie trägt es immer noch in sich und taten alles, damit das Kind das Licht der Welt nicht erblicken konnte. Der Mann, von dem sie das Kind erwartete, hatte viele Menschen auf dem Gewissen und war böse - durch und durch böse. Da die Frau ihr Kind niemals im Stich lassen oder ihn in irgend einer Form weh tun würde, entschieden die Menschen in ihrem Dorf die junge Frau umzubringen. Der junge Drache blieb anscheinend eine Zeit lang in dieser Hütte, doch niemand wusste, was wirklich mit ihm geschehen war. Tot war er jedoch keines Wegs. Er wartete bis er ausgewachsen war, 18 Jahre alt, und schwor Rache an dem Dorf, welches seine Mutter getötet hatte.

Die FeneseijsWhere stories live. Discover now