Von Kleinkindern umzingelt

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Der Busfahrer wollte gerade gehen, als Jin ihn davon abhielt. Ich wusste wieso. Mein Bruder dachte wohl er wäre noch betrunken, so wie er sich beim Frühstück aufgeführt hatte. Ich hatte das auch bemerkt, doch ich hätte ihn trotzdem fahren lassen. Er war ein erwachsener Mann, er sollte selbst auf sich aufpassen können. Widerwillig stimmte ich Jin zu, aber nur, weil er mir drohte, seine Donuts selbst zu futtern. Er hatte mich in der Hand. Also blieb Taehyung doch noch.

"Und was sollen wir jetzt mit ihm machen?", fragte ich Jin im Flur, während Taehyung am Esstisch saß und weiter frühstückte, obwohl er gerade sowieso hatte gehen wollen. "Soll ich meine alten Playmobilfiguren rausholen, damit wir ihn beschäftigen können?"

"Wir könnten doch mit ihm irgendwo essen gehen." Ich zog eine Augenbraue hoch.

"Wir haben gerade gefrühstückt, Jin."

"Freizeitpark?" Ich verdrehte die Augen. "Also Freizeitpark!", beschloss er.

"Aber, Jin, ich muss doch zum Zeichenkurs!" 

"Dir geht es doch nicht mal gut. Lass ihn doch einfach mal ausfallen. Ich verstehe sowieso nicht, wieso du viermal die Woche zum Zeichenkurs gehst."

"Okay, okay, ich gehe mit, aber nur, wenn er danach nach Hause geht!" Jin nickte zögernd. 

Eine halbe Stunde später waren wir auch schon im Freizeitpark angekommen. Es war ziemlich voll. Überall liefen Familien mit Kindern herum. Der Busfahrer hüpfte wie ein Kleinkind zwischen den echten Kleinkindern herum und lief von Stand zu Stand. 

Auf einmal packte der Kerl mich am Arm und zog mich zu irgendeinem Karussell. Als wir in der Schlange aus Kindern standen, schüttelte ich entrüstet seine Hand ab.

"Was soll das werden, wenn's fertig ist?"

"Ich will Karussell fahren!", sagte er und grinste.

"Und wieso hast du mich da jetzt mitgeschleppt? Traust du dich nicht mal alleine Kinderkarussell zu fahren? Gott, ist das peinlich!"

"Ach komm schon! Das ist echt lustig!", sagte er und bezahlte den Eintritt. Ich war wohl oder übel gezwungen mitzugehen, weil er sein Geld nicht zurück bekommen würde. Eigentlich sollte mir das egal sein, aber ich bin halt nett.

Er ging also voraus und ich folgte ihm. Die kleinen Kinder setzten sich auf diese süßen Figuren in Form von Ponys oder Delfinen. Taehyung suchte sich sofort die Kutsche aus und klopfte auf den Platz neben sich, um mir zu signalisieren, dass ich mich neben ihn setzen sollte. Doch ich schüttelte spöttisch den Kopf und lief weiter. Ein Stückchen weiter fand ich einen Elefanten, der noch frei war und wollte mich gerade hinsetzen, als mir ein kleines Mädchen zuvor kam.

"Hey, ich wollte mich da gerade hinsetzen!", rief ich dem Mädchen zu, das einfach nur hämisch grinste.

"Und ich wollte mich auf ein Pony setzen, aber man kann nicht alles haben." Dieses kleine Mädchen hatte keinerlei Respekt vor jemandem, der um einiges größer war als sie selbst. Schlechte Erziehung, würde ich mal sagen. Bevor ich mich noch mit ihren Eltern anlegen musste (denn ich hatte Respekt vor Älteren), ließ ich das kleine AK in Ruhe und suchte weiter nach einem freien Platz. Bis ich wieder bei dem Busfahrer ankam. Der einzige freie Platz in diesem ganzen Karussell, war der neben Taehyung. Widerwillig pflanzte ich mich auf den Sitz in der Kutsche und schon ging die Fahrt los. Wie aufregend!

Taehyung hob die Arme und sah ein paar mal grinsend zu mir herüber. Es schien ihm besser zu gehen, als kurz nach dem Aufstehen. Das lag wohl an dem ganzen Nutella, das er auf sein Frühstück gekleistert hatte, als wolle er damit einen Maya-Tempel nachbauen.

"Ist das nicht lustig?", fragte das Schmunzelmonster neben mir.

"Ja, unglaublich lustig. Siehst du nicht meine unentwegt nach oben gezogenen Mundwinkel und die Fältchen an meinen Augen? Nein? Muss wohl daran liegen, dass ich es überhaupt nicht lustig finde", pflaumte ich ihn in meiner besten Ich-bin-jetzt-schlecht-drauf-und-niemand-kann-mich-davon-abhalten-Manier an, was ihn jedoch nicht davon abhielt weiter zu grinsen.

"Sei doch nicht so mürrisch!"

"Wir sitzen in einem Kinderkarussell in einem Freizeitpark für Kinder umgeben von Kindern und du willst mir weismachen, dass dir das Spaß macht?"

"Hier kann sich auch ein Erwachsener kindlich benehmen, weil die Kinder sich nicht darüber lustig machen. Sie kennen und machen es ja nicht anders."

"Ich kenne genügend Rotzlöffel, die sich jetzt gerade über mich lustig machen würden!"

"Tu doch nicht so, du findest das ganz toll! Irgendwo da drinnen ist noch ein kleiner Rotzlöffel, du musst ihn nur hervor locken", behauptete er.

"Ganz sicher nicht!" Ich drehte mich von ihm weg. Ihn ernst zu nehmen fiel mir schwer, während er mit mir darüber diskutierte, wie toll es doch war ein Kind zu sein, also ließ ich es einfach bleiben.

"Wenn du's nicht tust, dann tu ich's!" Das Karussell hielt an und ich erhob mich, bevor das hier noch bedenkliche Ausmaße annahm. Er kam mir hinterher, wie ein Hund, dem man "Bei Fuss" zugerufen hatte. Jin erwartete uns bereits. Mit zwei riesigen Haufen Zuckerwatte in der Hand. 

"Jin, du bist mein Lieblingsbruder!", sagte ich, als ich ihn erreicht hatte.

"Ich bin dein einziger Bruder", erwähnte er belustigt.

"Und weißt du auch warum?"

"Warum?"

"Die anderen Anwärter auf den Thron habe ich im Mutterleib gegessen", verkündete ich. Spätestens jetzt müsste Taehyung sich von mir fernhalten wollen, doch so viel Glück hatte ich nicht.

"Du warst schon immer sehr verfressen", bemerkte mein Bruder und reichte mir eine Zuckerwatte. Die andere war offenbar für Taehyung. Keine gute Idee. Das würde ihn nur noch Nerv tötender machen.

"Was machen wir jetzt?", fragte Taehyung aufgekratzt.

"Lasst uns Mittagessen gehen, wenn ihr aufgegessen habt. Wir sind zwar ein bisschen spät dran, aber das schadet ja wohl nicht."

Konnte Taehyung nicht einfach gehen? Langsam hatte ich das Gefühl, er machte das extra, um mich zu ärgern. Aber ich würde ihn schon noch irgendwie loswerden...

A bus stop story || k.th ff ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt