Als würde er mich stalken, tauchte er auch am Nachmittag hinter dem Lenkrad meines Busses auf. Ich musste das jetzt ein für alle mal klären.
"Sag mal, verfolgst du mich?" Er grinste, gab jedoch keine Antwort. Ich ließ mich auf den Sitz schräg hinter dem Fahrersitz fallen. "Bist du dir dessen bewusst, dass du mir Angst machst?"
"Ja" Das war die Antwort, die ich erwartet hatte, wenn auch nicht wortwörtlich. Meine Gedanken liefen Amok. Konnte ich nicht einmal irgendwelchen normalen Personen begegnen? Gibt es auf dieser Welt nur solche Menschen oder ziehe ich genau diese Menschen magisch an?
"Was willst du von mir?", fragte ich. Die Frage kam mir vollkommen logisch vor, da er mich irgendwie zu verfolgen schien.
"Was wäre, wenn ich dich gerne besser kennenlernen würde? Würdest du darauf eingehen oder eher versuchen, mir aus dem Weg zu gehen?", fragte er und warf mir einen flüchtigen Blick zu. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. Eine Gegenfrage. Gutes oder schlechtes Zeichen? Ich musste nachdenken. Mit einem kranken Stalker mit psychischen Störungen Zeit verbringen? Wieso eigentlich nicht?
"Vielleicht", sagte ich nur. Sein Lächeln wurde breiter. Er hatte ein schönes Lächeln, aber seine Persönlichkeitsstörungen konnte ich dabei leider nicht vergessen. Jetzt schien sein Lächeln nicht mehr ganz so schön. Sollte ich mich also tatsächlich auf diese Kennenlern-Nummer einlassen, müsste ich lernen seine seltsame Art auszublenden.
"Fährst du morgen um die selbe Uhrzeit wieder Bus?", fragte er. Ich überlegte. Hatte ich morgen wieder Zeichenkurs?
"Wenn nichts dazwischen kommt, möglicherweise." Vielleicht war er ja doch nicht so schlimm und ich bildete mir das Ganze nur ein. Vielleicht lag es an irgendwas, von dem ich nichts wusste.
"Gut. Halte dir den Nachmittag frei." Er zwinkerte mir zu und wandte seinen Blick wieder der Straße zu, während ich ihn anstarrte. Irgendwie faszinierte mich sein Lächeln. Ich schüttelte mich. Sowas sollte ich nicht denken. Der Kerl war gestört, hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank, nicht mehr alle Latten am Zaun. Vielleicht sollte ich morgen doch nicht kommen. Immerhin hatte ich nicht direkt zugesagt und wenn ich morgen nicht kommen würde, würde er denken, mir wäre etwas dazwischen gekommen. Das war ein sicherer Plan, jetzt musste ich mich nur daran halten.
Bis zu meiner Station wechselten wir kein Wort mehr, doch ich hätte schwören können, dass er immer wieder zu mir herüber blickte, während ich aus dem Fenster sah. An meiner Station stieg ich also aus und drehte mich wieder zur Tür zurück. Der Busfahrer winkte mir zum Abschied zu. Zögernd winkte ich zurück, tarnte das allerdings, indem ich mir durch die Haare fuhr. Ich wollte ihm keine alt zu große Hoffnung machen, was das Treffen morgen anging. Moment. Vielleicht war das ja auch nur ein Weg, mich zu verarschen. Vielleicht wollte er mir einen Streich spielen, weil ich gesagt hatte, dass ich ihn nervig fand. Bei jemandem wie ihm sollte man vermutlich mit allem rechnen. Ich sollte einfach auf Nummer sicher gehen und dem Ganzen ein wenig objektiv gegenüber treten, ihm nicht zu sehr auf den Leim gehen.
Er fuhr davon und ich ging nach Hause.
Jin stand am Herd und sah kurz zu mir herüber, als er mich kommen hörte. Er war wohl noch sauer, wegen gestern, aber er war nicht der Einzige. Ich ging an der Küche vorbei und setzte mich auf das Sofa. Aus der Küche ertönte ein Seufzen und auf einmal kam Jin heraus und ließ sich neben mich auf das Sofa fallen.
"Eunmi, es tut mir leid, was vorgefallen ist. Du hattest Recht und das gefiel mir nicht. Ich hätte mich um meine Gäste selbst kümmern und das nicht auf dich abwälzen sollen. Das hab ich jetzt eingesehen", begann er. Allerdings sollte eine Entschuldigung nicht einseitig bleiben, denn zu einem Streit gehören immer zwei.
"Mir tut es auch leid, ich hätte dich deswegen nicht so anzicken sollen. Ich bin ja dankbar, dass du meine Wäsche machst. Du weißt ja, wie ich dazu stehe..." Er lächelte und nahm mich in den Arm.
"Ich hab dich lieb, Schwesterherz"
"Du bist ein toller großer Bruder"
Tja, so war das im Hause Kim. Wir stritten und verziehen uns. Und das war auch gut so.
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A bus stop story || k.th ff ||
Hayran KurguJeder kennt diese Busfahrer, die fahren wie die Henker und dann in die Bremsen treten, als hätten sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wenn alle Sitzplätze besetzt sind muss man sich logischerweise hinstellen und irgendwo halt suchen, um nicht der...