Teil 12

892 32 1
                                    

Wir quatschten und quatschten, bis ein paar Leute - auch der Typ dessen Namen ich nicht weiß - gingen und Wincent und ich beschlossen uns zu den anderen zu setzen um keine zwei Kreise zu bilden.

Immer wieder sagten mir Leute ich könne auch gehen wenn ich wollte ich müsste mich nicht gezwungen fühlen zu bleiben. Ich bedankte mich bei Sarah für diese tolle Möglichkeit, gab ihr die Merci Packung, die ich für sie gekauft hatte und setzte mich dann noch ein Weilchen in den Kreis.

Doch als Wincent dann irgendwann aufstand und in die Küche ging, nutzte ich meine Chance. Ich wollte unbedingt mit ihm alleine reden. Irgendwie war ich zwar noch nicht bereit zu gehen, doch ich musste diese Chance einfach nutzen. "Ich wäre dann jetzt weg", sagte ich und schaute ihn an. Er brauchte eine Sekunde um zu reagieren und stand dann von der Bank auf, auf die er sich eben gesetzt hatte. "Okay. Ich hoffe es hat dir Spaß gemacht bei uns und es hat dir ein bisschen für deine Zukunft geholfen. Ich habe ja schon öfters gesagt, wenn du dir das hier vorstellen kannst, dann komm nach Bayer, hier ist alles perfekt, die Gegebenheiten und auch die Entlohnung. Mit Abitur nehmen die dich bestimmt mit Kusshand. Und mach weiter mit der Musik. Glaub an deine Träume. Bitte."

Ich bekam eine Gänsehaut wie er das so sagte. "Es hat mich wirklich gefreut dich kennenzulernen, Elena." "Mich auch." "Vielleicht sieht man sich ja mal wieder", sagte er und umarmte mich. Ich konnte nichts mehr sagen, spürte seinen Körper an mir und wollte ihn nie wieder loslassen. Doch ich musste. Und so sagte ich "Bis dann." und verschwand aus der Küche.

Ich sagte allen anderen in die Runde tschüss und ein schönes Wochenende, ging dann noch kurz zu Sarah und der Bekannten aus der Familie, verabschiedete mich auch dort und machte mich dann auf den Weg. Und erst als ich die Tür des Büros verließ, den Flur in Richtung Treppe herunter ging, erst da bemerkte ich, dass das hier das Ende war. Ich würde diesen Flur nie wieder lang gehen. Ich würde diese Treppe das letzte mal heruntergehen. Ich würde das alles hier zum letzten Mal sehen. Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen, redete ich mir immer wieder ein während ich Stufe für Stufe herunterging. Ich zwang mich selbst meine Tränen noch ein kleines bisschen zurückzuhalten. Wenigstens bis ich das Werk verlassen hatte.

Ich begann zu realisieren, dass das hier wirklich das Ende war. Das war mein letzter Tag, der hier gerade endete. Mein letzter Tag in diesem Praktikum. Mein letzter Tag mit all diesen wundervollen Menschen. Mein letzter Tag mit Wincent. Und das war das was mir am meisten zu schaffen machte. Ich würde ihn nie wieder sehen. Nie wieder. Ich fühlte eine Leere in meinem Körper die schon schmerzte. Es fühlte sich an, als hätte ich vergessen Wincent auf wiedersehen zu sagen. Doch das hatte ich nicht. Doch das würde niemals ausreichen. Ich wollte ihn nicht verlieren. Wollte ihn wiedersehen. Jeden Tag. So wie bisher. Ich konnte nicht glauben, dass ich ihn erst vor zwei Wochen kennengelernt hatte. Es fühlte sich an als würde ich ihn schon viel länger kennen. Ich wollte ihn länger kennen, wollte ihn noch besser kennen. Ich hatte ihn so unfassbar gerne.

Die erste Träne kullerte über meine Wange ohne dass ich sie zurückhalten konnte. Der Wind, der jetzt um meine Nase wehte, tat sein übriges.

Ich war am Pförtnerhaus angekommen, wo ich meinen Ausweis abgeben müsste. Der Ausweis mit dem ich jeden Morgen hereingekommen war. Mit letzter Kraft lächelte ich den Mann hinter dem Schalter an, gab ihm den Ausweis und wünschte ihm ein schönes Wochenende.

Es war vorbei. Mit dem abgebenen Ausweis war es endgültig vorbei. Es gab kein zurück mehr. Weil ich nicht ohne Ausweis in das Werk hinein kam. Weil ich nicht ohne Ausweis zu Wincent kam. Es war vorbei.

"ELENA!"

unforgettable Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt