Kapitel 3

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Bei einer weiteren Tasse Tee besprachen wir grob unser weiteres Vorgehen. Um die Zeit bis zum meinem Termin bei Larvenfeld reloaded zu überbrücken, begannen wir noch am selben Abend mit ein wenig Recherche über die Auferstehung von Karl Larvenfeld und eventuell damit zusammenhängenden seltsamen Ereignissen.

Das Netz hatte einiges zu bieten. So war in der Nähe des Friedhofes ein Mega-Hagelschauer heruntergekommen. Nur dort. An einer begrenzten kreisförmigen Stelle. Das war per se verdächtig.

„Spaziergang?", lud ich Marcus ein.

Er nickte, ich sprühte ihn vorsichtshalber nochmal mit einer Lage Drei-Wetter-Taft ein um sicherzugehen, dass die Farbe auch wirklich halten würde und kontrollierte, ob er seinen Ausweis aus gedankenmanipulierendem Papier griffbereit hatte.

„Na dann, allons-y! Auf zum Dorotheenstädtischen Friedhof."

Es war mittlerweile schon ziemlich dunkel, als wir in der Chausseestraße am Friedhof eintrafen. Die Tore waren geschlossen. Ich fingerte meine Schall-Nagelfeile aus der Innentasche meines Blazers und öffnete einen Seiteneingang. Neugierig wurde meine kleine Feile von Marcus beäugt.

„Schall-Nagelfeile. Kann neben feilen auch Türen öffnen. Warum ist hier alles so verwildert?", fragte ich meinen Begleiter. "Ehrt man die Toten in diesem Jahrhundert nicht mehr?"

„Viele tun das. Aber seit diesem Hagelschauer und der Auferstehung Larvenfelds von diesem Friedhof hier nehmen die Leute an, dass es hier spukt. Es sollen noch einige andere Dinge vorgefallen sein." Er druckste herum.

„Du machst mich neugierig. Warum hast du mir davon noch nichts erzählt?"

„Nun ja, ich habe selbst nichts dergleichen erlebt und die Fakten deuten nicht auf Geister oder ähnliches hin. Menschen reden viel, man sollte nicht alles ernst nehmen. Vieles von diesem Gerede gibt es leider auch nur hinter vorgehaltener Hand."

„Da magst du Recht haben. Aber in diesem Falle ist es sehr wichtig für mich dies zu erfahren. Also: Was für Geschichten erzählen sich die Leute? WAS – IST – PASSIERT?", erkundigte ich mich mit Nachdruck.

„Katzen zum Beispiel. Es sollen zahlreiche vermisste Katzen tot auf dem Friedhof gelegen haben. Ihre Besitzer haben sie untersuchen lassen. Nichts deutete auf Gift hin. Ihre Körper waren - nun ja – intakt, wenn auch etwas platt."

„Mhmh. Weiter."

„Strom. Man sollte eigentlich annehmen, dass die Bewohner eines Friedhofs nicht sehr viel Strom verbrauchen. Allerdings kam es in diesem Viertel zu Stromausfällen, während auf dem Friedhof immer noch Licht brannte. In seiner Gruft."

„Huhu. Jetzt wird es aber wirklich unheimlich was?" Ich lächelte. Zuerst verschmitzt und dann verwundert, denn die kleine Kapelle, die ich über die Quick View meiner Sonnenbrille gesehen hatte, war dem pyramidenförmigen Protz-Tempel Larvenfelds gewichen, den wir just erreicht hatten. Ich musste unbedingt ein Update fahren. Unter den Efeu-Ranken, die ihn mittlerweile überwuchert hatten, blinkte in neon-pinken Leuchtbuchstaben „Karl Larvenfeld". Wir stiefelten durchs Gebüsch und suchten den Eingang zur Gruft. Währenddessen trat ich auf etwas Hartes, das laut knackte. Ich kramte im Grün und stieß auf eine wohl schon länger dort liegende, platte Katze. Mit spitzen Fingern hob ich sie interessiert hoch. Marcus verzog angewidert das Gesicht. Ich scannte sie mit der Nagelfeile. Nach so langer Zeit war allerdings nicht mehr viel festzustellen. Nur: „Sie wurde gewalzt." Ich drehte sie hin und her, bis Marcus sie mir wegnahm und ins Gebüsch warf. „Wir sind nicht wegen der Katze hier. Ich habe den Eingang gefunden."

Wieder einmal musste meine Nagelfeile ihren Dienst tun und die Elektronik außer Gefecht setzen, die unseren Zugang zur Gruft verhinderte. Aber das war meine kleinste Übung.

The Doctoress - Think Pink! (1) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt