Kapitel 4

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Zwei Tage später: Ich rückte mein Kostüm zurecht, kontrollierte den Inhalt meiner Tasche, steckte eine Nadel in meiner Frisur zurecht und hauchte meinem Spiegelbild ein: "Contenance!", zu, bevor ich die Tardis verließ und mich auf den Weg zu Larvenfeld reloaded machte. Meine Pumps hatte ich gegen metallic-pinke Chucks getauscht – nur für den Fall, dass ich mich doch mal etwas schneller fortbewegen musste.

Ein paar Straßenecken von mir entfernt wartete schon mein offizieller Assistent auf mich. Ich hatte ihn mit Kleidungsstücken aus dem Fundus der Tardis ordentlich ausstaffiert. Und natürlich auch gepower-Taft. Außerdem hatte ich ihn instruiert seine schauspielerischen Fähigkeiten an der Dame von Larvenfeld-reloaded auszuprobieren. Er sollte auf Teufel komm raus mit ihr flirten, damit sie abgelenkt wurde.

Als ich durch die Tür des hippen Walzungsunternehmens trat, wurde ich von „meiner" Beraterin schon erwartet. Freudestrahlend trat sie näher an mich heran und reichte mir die Hand. Ich zögerte.

„Keine Angst, ich hatte gestern meinen Termin zur Kantenglättung. Fühlen sie mal. Weich."

Ich fühlte und musste zugeben, dass es nicht mehr so scharfkantig war.

„Gut oder? Wer ist ihr Begleiter?", fragte sie nicht uninteressiert an meinem sexy Begleiter.

„Das ist Marcus. Mein Assistent. Alles was ich weiß, darf auch er wissen."

Unaufgefordert zog Marcus seinen Ausweis mit gedankenmanipulierendem Papier und strahlte die Beraterin an. Sofort wurde der pinke Schimmer auf ihren Wangen sehr viel kräftiger.

Sie trat näher an mich heran ohne die Augen von ihm abzuwenden und flüsterte mir ins Ohr: „Heute Nacht gegen 1:30 Uhr können wir die Maschine ansehen. Ich hole sie am Notausgang ab. Wird er dabei sein?" Plötzlich erschrak sie, versteifte sich und trat einen Schritt zurück. „Guten Tag, Herr Larvenfeld." Sie deutete ein Kopfnicken an. Der Auferstandene persönlich samt pinker Entourage war gerade durch die Tür getreten. Er musterte seine Angestellte von Kopf bis Fuß. Dann musterte er mich und blieb bei meinen Schuhen hängen. Das konnte ich auch. Ich besah ihn mir genau. Er war nicht um einen Zentimeter gewalzt und sah genauso aus, wie ich ihn vom Anfang des 21. Jahrhunderts in Erinnerung hatte: hager, faltig, toupierte, zum Pferdeschwanz gebundenen, schlohweiße Haare und ein plüschig-pinkes Katzentier unter dem Arm. Seine Kleidung war ein schlichter, pinker Anzug und ein weißes Hemd mit Rüschenkragen. Er roch furchtbar. Was war das? Alter-Mensch-Geruch oder Konservierungsmittel? Mumienduft? Eau de Verrott? Parfüm auf jeden Fall nicht. Kein Wohlgeruch feststellbar.

„Sie haben eine Walzung dringend nötig. Hat man sie schon informiert?" Er zog ein Spitzentaschentuch aus seiner Jackentasche und wischte sich über die faltigen Lippen.

„Guten Tag, Herr Larvenfeld. Ja, ich wurde bereits informiert. Ihre Angestellte hat mich ganz hervorragend beraten", strahlte ich ihn an.

„Ihr Stil gefällt mir. Etwas antiquiert, aber das mag ich. Wer ist ihr Modeberater?"

„Nun, ich habe keinen. Ich nehme mir das Recht meine Garderobe selbst auszuwählen."

Er zog die Augenbrauen hoch. In seinen Augen war ich wohl eine Rebellin, die sich in einigen Punkten noch nicht dem Modediktat unterworfen hatte.

„Trinken sie ein koffeinhaltiges Wasser mit mir?"

Die Angestellte hatte einen Gesichtsausdruck, als würde sie gleich vom Glauben abfallen.

„Jetzt gleich?", fragte ich.

„Jawohl. Nur sie. Er nicht. Geben sie mir 5 Minuten Vorsprung." Er befahl einem seiner Gorillas mich in wenigen Minuten aus dem Foyer abzuholen, bevor er entschwebte.

The Doctoress - Think Pink! (1) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt