Eins, zwei, drei, vier
Zähl' die Tage, die an mir vorbeiziehen
Einer bedeutungsloser als der andere
Zähl' die Tage, bis sie zu Jahren werden
Zähl' die Tage bis in mein Grab
Kann's kaum erwartenMensch um Mensch rauscht an mir vorbei. Sie alle verschwimmen vor meinen Augen. Sinnloses Gequatsche ohne Stichhaltigkeit. Bleibe unberührt von allen, denen ich begegne. Wandere umher und drehe mich dabei im Kreis, bin eine verlorene Seele auf Wanderschaft ohne Ziel. Wie soll ich da je ankommen? Und nun sag mir nicht, der Weg sei das Ziel, wenn ich doch vom Weg abgekommen bin.
Gesichter und Gesichter, wohin ich auch blicken mag. Jeder trägt mindestens zwei.
Gesichter, die nicht entblößt werden wollen und sich hinter ihren Masken versteckend feixen; sie können doch gar nicht gewinnen.
Hat ihnen das noch niemand gesagt?Die eine weint sich in den Schlaf, der andere raucht drei Schachteln Kippen am Tag. Und wer trinkt da, um den Schmerz gegen Taubheit einzutauschen?
Wer wirft da die nächste Pille ein, wer springt von Bett zu Bett, ruhelos, rastlos, heimatlos.Und welche Rolle wird mir zuteil? In dieser Scharade.
Einsamkeit.
Ist hier das Stichwort.
So scheinheilig. So unscheinbar. So unberechenbar. So heimtückisch.
Sie lässt dich den gut gemeinten Worten der Menschen keinen Glauben mehr schenken. Nicht eine Sekunde. Und falls du es dir doch erlauben solltest gegen ihre Regeln zu verstoßen, so wird sie unverzüglich davon erfahren und dich mit einem bittergrausamen Gefühl strafen. Wie konntest du dir das auch nur erdreisten?
Du hast dich gefälligst abgeschottet zu fühlen und Universen von jedweder Seele entfernt.
Keiner kann dich berühren.
Nur der sehnsuchtsvolle Hauch einer Berührung.Du wirst dich nie wieder verstanden fühlen.
Du wirst dir vor Augen führen, wie es wäre, wenn du das einzig lebende Wesen auf dieser Welt bist.
Und zu dem Schluss kommen, dass es nicht den geringsten Unterschied machen würde.
Denn du könntest dich kaum einsamer fühlen. Aber wir wissen ja, dass 'Schlimmer geht nimmer' eine gefährliche Lüge ist, nicht wahr?Du weißt, es ist keiner da, der sich für dich interessiert. Es ist niemand da, für den du an erster Stelle stehst. Es ist keiner da, für den die Welt gänzlich zusammenbrechen würde, wenn du plötzlich verschwändest.
Es ist keiner da, für den du unersetzbar wärst, und zwar in derlei Hinsicht, dass du aus dessen Leben nicht wegzudenken bist. Es ist keiner da, der gerne freiwillig seine Zeit mit dir verbringt.
Es ist niemand da, der alles stehen und liegen lassen würde, wenn es dir schlecht geht. Es ist keiner da, der dich in den Arm nimmt. Und bei dem du dich dann Zuhause fühlst.
Es ist keiner da, der dir ansieht, wie du dich die Nacht zuvor stundenlang in den Schlaf geweint hast, von Kopfschmerzen geplagt, ehe du der Erschöpfung erliegst und der Schlaf dich irgendwann letztendlich doch übermannt. Nach Stunden, in denen sich hin- und hergewälzt wurde.
Damit die Dämonen dich in deinem Träumen weiterjagen können.
Es ist keiner da, der dir das Gefühl gibt normal zu sein und dich zum Lachen bringt, ganz ungezwungen.Es ist einfach niemand da.
Denn du bist zweitrangig.
Du bist keine Priorität.
Du bist ersetzbar.Doch.
Einer ist da. Ich habe mich geirrt.Die Einsamkeit.
Sie ist dein treuester Freund und wird dich niemals verlassen. Darauf ist Verlass.
Und dann sitzt du in einer Gruppe voller Menschen und lachst, als wärst du einer von ihnen und denkst dabei "Ich könnte mich ihnen nicht ferner und fremder fühlen".
Du umarmst eine Person und verbrennst dich an der Wärme der Umarmung; sie ist Gift für dich. Sie lässt den Geist in der Hülle noch einsamer werden.
Ein so verlockendes Gebot, so nah am Ziel bewegt den Geist um Hilfe zu schreien, stumm, ungehört. Er schreit und schreit, aber es kommt nichts zurück.Das Gefühl, sich jemandem wahrlich verbunden zu fühlen scheint zum Greifen nah. Aber innerlich ist man an einen Strick gebunden, der sich nicht lösen will, während alle anderen sich von einem entfernen. Innerlich stehst du hinter einer Glasscheibe, die auf der anderen Seite verspiegelt ist. Du klopfst und schlägst an die Scheibe, brüllst. Aber sie ist schalldicht, und die Menschen, die an ihr vorbeilaufen blicken nur in einen Spiegel.
Denn wenn Menschen dich anblicken sehen sie immer nur sich selbst.
Wenn Menschen dich ansehen sehen sie alles
Nur nicht dich.Und da du das weißt, bist du ganz allein gefangen in deinem Geist.
Sie zerfrisst, weißt du? Die Einsamkeit.
Sie lässt dich auch nicht los. Wenn du dich nicht mehr alleine fühlen willst, ist es nicht so, als würde sie dich ohne weiteres gehen lassen. Mit aller Gewalt hält sie dich fest und legt dir Ketten um, damit du an sie gebunden bleibst. Und du kommst nicht davon los, egal was du tust.
Sie ist so heimtückisch. Wenn du dich anderen Menschen annähern willst, flüstert sie dir zu.
"Sie werden dich ohnehin nicht verstehen. Es sind alles nur leere, bedeutungslose Worte".
Und du entfernst dich weiter von ihnen.Du stehst alleine, auf der anderen Seite des Ufers, auf der nie die Sonne scheint. Während du zusehen musst, wie alle anderen in vollen Zügen ihr Leben genießen und Hand in Hand gemeinsam mit einem Lachen im Gesicht tanzen.
Ja.
Ein tolles Gefühl, diese Einsamkeit. Lässt dich nie im Stich.
Selten, heutzutage.[Müsste ich irgendwann im Frühjahr 2017 geschrieben haben]

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Trash
شِعرAll das, was seinen Weg nicht in meine anderen Werke gefunden hat. #33 - 12/02/2018 27/01/2018 ⓒ by Hassgewitter All Rights Reserved [Bildrechte liegen nicht bei mir.]