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Leise schluchzend lag ich in meinem Bett.
Die Dinge, die ich zu meiner Leihmutter gesagt habe, waren falsch und je länger ich drüber nach dachte, desto schlimmer plagte das Schuldgefühl mich.
Als ich ein leises Klopfen an der Tür wahrnahm verstummte ich sofort.

„Jimin?" ,hörte ich Donghae's leise Stimme.
Der Kleine öffnete die Tür, lief langsam auf mich zu und kletterte unbeholfen auf's Bett.
„Warum weint Mama?" ,fragte er besorgt.
Mein Herz tat so unheimlich weh bei dem Gedanken, dass ich sie mit meinen bloßen Worten zum weinen gebracht hatte.
„Ich habe sie verletzt."
Donghae erschrak. „Du hast sie geschlagen?"
„Nein, ich habe sie mit Worten verletzt."
„Wie geht das denn?" ,fragte er mit weiten Augen.
„Naja du sagst eben Dinge die jemanden sehr traurig oder wütend machen. Und meistens sagst du diese Sachen unbewusst, also ist es garnicht deine Absicht ihnen weh zu tun." ,erklärte ich dem Kleinen.
Er nickte zögerlich.

„Und warum weinst du dann?"

„Mir tut es so leid. Deswegen weine ich."

Donghae zog den Stoff seines Tshirts, sodass er zu meiner Wange reichte und mir behutsam die Tränen weg wischen konnte.
Danach lächelte er aufmunternd und ließ mich in meinem Zimmer alleine.

Ich griff nach meinem Handy, in der Hoffnung, dass ich mir dadurch die vielen negativen Gedanken aus meinem Kopf schlagen könnte.
Und tatsächlich klappte die Ablenkung, denn verwundert fixierte ich meinen Blick auf einen Kontakt, den ich vorher nie bemerkt hatte. „Honeyboy?" ,fragte ich mich und als ich auf den Kontakt klickte und mir Yoongi's Gesicht als Profilbild angezeigt wurde, wurde mir alles klar. Hastig drückte ich auf die Anruftaste.

„Ich hatte schon auf deinen Anruf gewartet." ,lachte mir seine raue Stimme entgegen, welche ich um ehrlich zu sein ziemlich vermisst hatte.
„Du Idiot hast dich selber eingespeichert, als ich geschlafen habe?" ,fragte ich erstaunt und auf meinen Lippen bildete sich ein Lächeln.
„Wie hätte ich sonst das Wochenende ohne dich überleben sollen?"
Ich lachte ins Mikrofon und probierte ein Nase hochziehen zu verhindern, allerdings klappte das nicht, weshalb er mich darauf aufmerksam machte.

„Sag mal, weinst du?"
„Was? Nein..." ,log ich und war froh, dass Yoongi meine rot werdenden Wangen durchs Handy nicht sehen konnte.
„Hab dich nicht so. Du weinst."
Durch den Scham, den ich verspürte entstand eine unangenehme Stille.
„Ja, ich weine..." ,stöhnte ich etwas genervt, denn das ganze war mir wirklich peinlich. „Aber das hat einen berechtigten Grund."
Yoongi lachte leise auf. „Oh gott. Du idiot. Was ist los?"

„Meine Leihmutter und Ich haben Streit." ,begann ich also.
„Leihmutter?" ,fragte er und probierte seine Neugier zurückzuhalten.
„Ja, Leihmutter." ,wiederholte ich langsamer.
„Sie war völlig außer sich, weil ich einen ganzen Tag verschwunden war ohne mich bei ihr zu melden. Dann habe ich sie provoziert, indem ich das Thema Tod in den Dreck gezogen habe, obwohl ich genau weis, wie empfindlich sie darauf reagiert."

Ich atmete tief durch um nicht nochmal in Tränen aus zu brechen. Eine kleine innerliche Hürde überwand ich, indem ich beschloss Yoongi alles über meine Ersatzmutter und mich zu erzählen.

„Du musst wissen, dass sie einen sechs jährigen Sohn hatte, der bei einem Busunfall auf einer Klassenfahrt ums Leben gekommen ist." ,fing ich an und hoffte auf eine Reaktion aus der anderen Leitung.
Doch es blieb still und bloß das Rauschen seines Mikrofons war zu hören.
„Daraufhin hat ihr Mann sie verlassen und Haeyong gründete dieses Jugendwohnheim. Um anderen Kindern den Schutz zu geben, den sie von ihrem Sohn übrig hatte, weißt du." ,erklärte ich leise.
„Aus dem Grund, dass meine Mutter mich nach der Geburt abgestoßen hat, war ich der Erste, den Haeyong hier aufgenommen hat und somit bin ich auch der Älteste. Jetzt leben noch vier weitere Kinder hier." ,beendete ich meine Predigt etwas geknickt.

Und natürlich hatte Yoongi das Talent mich sofort aufzumuntern und so verschwanden meine Trauertränen Ruck Zuck.
Ich war ihm so unendlich dankbar dafür.

„Tränen reinigen das Herz." ,flüsterte er noch bevor er sich liebevoll von mir verabschiedete und dann auflegte.

Was hatte dieser Junge bloß mit mir angestellt?

Blumenjunge [ Yoonmin ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt