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Ich warf mein Skateboard auf den kühlen Asphalt und durchquerte die gepflasterte Kirschbaum Gasse. Dieses Mal war es nicht die Sonne, sondern das Mondlicht, welches durch die geschlossenen Blüten schimmerte. Auf dem Weg zurück zerzauste die kalte Abendluft meine Haare.

Es war bereits spät, als ich das Wohnheim erreichte. Meine Mitbewohner waren schon längst nicht mehr auf, und so schleppte ich mich schwer durch die dunkle Wohnung.

In meinem Zimmer ließ ich mich aufs Bett fallen, krallte meine Hände in die Haare und zog so fest daran, dass es weh tat.

Mein erniedrigendes Schluchzen füllte die Stille des Raumes.
Dazu kamen die quälenden Gedanken, die mir einfach keine Ruhe lassen wollten.
Sie schafften es nichtmal mich aus meiner Wehmut zu befreien, egal an was ich meinen Kopf zerbrach. Und so lag ich noch bis spät in die Nacht wach. Einfach nur wach.

Plötzlich wurde die Klinke meiner Zimmertür sanft herunter gedrückt. Durch den kleinen gebildeten Spalt schob sich das Gesicht von Haeyong, meiner Ersatzmutter.

Bei ihrem Anblick überfiel mich neben meinem Weltschmerz ein unheimlich verzweifeltes Gefühl. Erst jetzt setzte ich mir in den Kopf, dass ich eine wahnsinnige Enttäuschung für sie gewesen sein muss.
Meine Lippen bebten und aus Scham versteckte ich mein Gesicht hinter meinen klebrigen Händen.

„Ich habe gesehen, dass dein Licht noch brennt." ,lächelte sie müde.
„Jetzt weis ich warum."

Leise schloss sie die Tür und setzte sich auf die Kante meines Bettes. Mit ihrer Hand strich sie behutsam über meine angewinkelten Knie.

„Möchtest du drüber sprechen?" ,flüsterte sie und nahm vorsichtig eine meiner Hände in ihre. Ungern wollte ich in diesem Moment über Yoongi sprechen, doch mein Elend zu unterdrücken, wäre mit Sicherheit nicht das Richtige gewesen.
Ich atmete schwer. „Mama."

Es war das erste Mal, dass ich sie Mama nannte.

„Er war feiern."
Ihre Schultern sackten zusammen.
„Und hat mit einem Fremden rum gemacht." ,klagte ich während meine Augen noch glasiger wurden. Dabei war das ruhige atmen regelrecht unmöglich. Wie, als würden zwei kräftige Hände meine Kehle pressen.

„Ich fühle mich so schrecklich klein und wertlos. Oder übertreibe ich bloß?" ,fragte ich nun so leise, dass es mich wunderte eine Antwort von Haeyong zu erhalten.
„Du bist etwas wert." ,sagte sie bestimmt. „Und es hier definitiv nicht die Rede von Übertreibung! Du fühlst deine Gefühle, nimmst sie wahr und drückst sie aus."
Sie strich weiterhin sanft über meine Knie.

„Ich denke immer, dass man im Fühlen nicht übertreiben kann. Wer soll denn bitte beurteilen, was angemessen ist und was nicht? Und selbst wenn es unangemessen wäre, was solltest du dann tun? Dich zwingen, weniger zu fühlen? Ich finde es genau richtig, dass du deinen Sorgen Platz einräumst, denn dadurch nimmst du dich ernst."

Gespannt horchte ich ihr. Sie hatte, wie so oftmals, Recht, aber die Wut und das große Misstrauen gegenüber Yoongi verließ mich stets nicht. Warum konnte ich nicht einfach über diese dämlich Sache hinweg sehen?

„I-ich hätte alles für ihn getan." ,flüsterte ich mit gesenktem Blick.
„Alles, was man sich auf der Welt vorstellen kann."
Haeyong lächelte zurückhaltend. „Ich weis."

„Hör mal Jimin, mir ist Bewusst, dass du weder schnell verzeihen noch vergessen kannst, also bitte geb deinem Herzen die Zeit, die es braucht um zuheilen. Lass es ruhen und am Ende die Richtige Wahl für dich treffen. Es wird dein Vertrauen nicht brechen, ganz sicher."

„Und wenn es sich gegen Yoongi entscheidet?"

„Dann ist das so. Und das ist nicht schlimm."

Ich seufzte. So richtig vertraute ich meinem Herzen nicht, denn schließlich hatte es mich bereits in dieses Schlamassel geführt.
Dennoch lächelte ich gespielt.

Haeyong beugte sich vor um mir einen sanften Kuss gegen die Stirn zu hauchen ehe sie ansetzte zu sprechen. „Dem, der dich zum Lachen bringt, bist du egal. Der dich zum Weinen bringt, will das Beste für dich."

Diesen Spruch hatte sie mir schon oft vorgesagt, als ich kleiner war.

„Und jetzt schlaf dich gesund. Schlafen ist die Beste Medizin, auch gegen Herzschmerz." ,sagte sie während sie Richtung Tür schlich.

Ein leises "Danke" wisperte ich müde.
Das Schließen der Tür, war das Letzte, was ich mit bekam, bevor ich mich zudeckte und in Yoongi's Klamotten einschlief.

Blumenjunge [ Yoonmin ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt