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Es war mitten am Tag und ich hatte Sau-Hunger. Endlich kommen wir an dieser komischen Raststätte an. Oh Gott ich hoffe so sehr, dass es dort etwas zu essen gibt. Vegetarisches Schnitzel, Blumenkohl-Bratlinge... Naja.. Ich glaube kaum, dass es in so einer kleinen Raststätte solche besonderen Mahlzeiten gibt. Aber... Hmmm... Lecker. „Sind wir bald da?“, fragte ich mit knurrendem Magen nach. „Willst du nicht nach hinten kommen? Dann dauert es nicht mehr solange!“, antwortete mir Ben. Oh mann, diese Anspielungen immer. „Hier sind auch noch andere anwesend!“, drängte Julez sich dazwischen. Ich musste Lachen. Als ob ich hier mit Ben die ganze Zeit rumknutschen würde! Vorallem: 1. Wir haben noch gar nicht mega rumgeknutscht und 2. Wir suchen hier nach Hannah und nicht nach dem perfekten Freund. Naja bzw. Kuss. So und jetzt Konzentration auf die Straße! Ich muss die Augen offen halten, ich sitze ja schließlich auf dem Beifahrersitz und muss nicht auf die Straße schauen. Straße, Straße, Was reimt sich auf Straße? Hmm... Auf jeden Fall: „Da ist die Raststätte!“, rief James, während er auf ein Haus neben einer Bushaltestelle zeigte. Wir parkten auf der anderen Straßenseite, wo ein rotes Eichhörnchen mit buschigem Schwanz an einer Nuss knabberte. Ach wie süß... Ich verlor mich solange in diesem Eichhörnchen, bis mich Ben rief: „Mins! Kommst du bald?“. Er stand schon auf der anderen Straßenseite, wie die anderen und ich rannte über die Straße zu ihnen. Wir gingen zu sechst in die Raststätte und ich betete, dass es dort Mittag-, Abendessen oder wenigstens einen kleinen Snack gab. Ben hörte meinen Magen und fragte: „Warum hast du denn nichts im Bus gegessen?!“. Das fragte ich mich selber. Wir hatten noch etwa zwei Dutzend Äpfel und weiß ich wie viele Packungen Cornflakes, ein bisschen Dosen-Essen und sonst noch Zeug aber ich hatte Lust auf was Richtiges. „Hallo!“, grüßte uns eine nette Frau an der kleinen Rezeption - „Ein Zimmer für“, sie zählte uns ab „sechs? Oder jeweils drei Zweier oder zwei Dreier Zimmer?“. „Oh nein, wir möchten kein Zimmer buchen. Wir suchen unsere Freundin. Haben sie ein Mädchen, unser Alter, mit dunkelbraunen mittellangen Haaren und Sommersprossen gesehen? War sie hier zufällig?“, fragte Ems nett und hielt währenddessen Jakobs Hand. Die beiden sind so ein süßes Pärchen. „Tut mir leid, aber ich darf diese Informationen nicht an Unbefugte weitergeben.“, sagte sie uns mit Mitleid in ihrer Stimme.
„Bitte wir müssen nur wissen ob sie hier war! Sie ist nämlich ausgerissen!“, entgegnete Julez der Frau an der Rezeption. Sie schaute unschuldig hin und her um dann schlussendlich nachzugeben und flüsterte: „Ja sie war hier. Gestern Abend.“. Wir waren alle erleichtert und atmeten komischerweise alle gleichzeitig aus. „Ach wissen sie, ich habe unglaublichen Hunger, haben sie hier...“ , weiter kam ich nicht denn die anderen wollten schon weiter. Ich verabschiedete mich mit immernoch leerem Magen von der Frau und ging durch die Tür, die mir Ben aufhielt. Das musst man ihm lassen, er war ein echter Gentleman. Alle gingen auf die andere Straßenseite und Ben und Ich liefen turtelnd hinterher, nur Julez stand auf dem Schlauch und roch an den blühenden Blumen im Vorgarten der Raststätte. James war auch schon auf der anderen Straßenseite und schien etwas im Bus zu suchen. Ems und Jakob unterhielten sich und stiegen ebenfalls in den Bus ein. Ich drehte mich zu Julez´ Straßenseite um und rief nach ihr. Sie drehte sich um und schaute auf. Richtete sich auf und lief bis zum Straßenrand und wartete bis die vorbeifahrenden Wagen weg waren. Ich sprach kurz ein Wort mit Ben und drehte mich nochmal zu Julez um. Mein Hals wurde trocken und ich mein ganzer Körper wurde starr. Ich schaffte es nicht irgendein Wort rauszubringen und meine Hand verkrampfte sich in Bens. Das geschah alles innerhalb einer Sekunde denn in der nächsten passierte so etwas grauenhaftes, das man nicht mal seinem Feind zumuten wollte. Man wünschte sich seinem Feind nicht, dass er oder sie sieht wie jemand so schrecklich verletzt wird und kaum Chancen hat... Ich will es nicht einmal denken. Julez stolperte an dem Straßenrand, was verursachte... Naja, dass sie unter einen Truck flog. Meine Tränen schossen in die Augen und bis die anderen erst mal rafften was passiert, ist alles schon zu spät. Der Truck fuhr 5 Meter weiter und hielt dann stockend an. Julez lag am Boden. Ihr Zustand war... nicht … in Ordnung. Die Blutlache vergrößerte sich immer weiter und sofort rannten wir zu ihr. Der Truckfahrer stieg aus dem Wagen und rannte ebenfalls. James lief am schnellsten. Er stürzte sich auf sie und nahm sie in den Arm, schaute mich, die noch immer voller Schreck an der Stelle wie angewurzelt stand. Ben versuchte mich wachzurütteln und zog mich zu Julez. Sofort rief der Truckfahrer einen Notarzt. Ems und Jakob saßen neben Julez und James. Ems schluchzend verkrochen in Jakob und ich ließ mich weiter von Ben zu ihnen ziehen. Endlich erwachte ich aus dieser Starre und realisierte die Situation. Ich saß neben Julez und versuchte in ihr Gesicht zu schauen, doch dies war kaum wieder zu erkennen. Ich nahm ihre Hand und drückte sie, schloss meine Augen und dachte an die schönen Zeiten, schöne Gedanken... Die Sirenen des Krankenwagens hörten wir langsam lauter werden, bis sie uns erreichten. Die Notärzte sprangen aus dem Wagen, Liegen hinter sich herziehend. Sie transportierten sie in den Wagen und James folgte ihnen in den Wagen. Wir vier anderen blieben wie perplex stehen und schauten dem wegfahrenden Krankenwagen mit dem Blaulicht hinterher. Wir stiegen alle in den VW-Bus ein und fuhren ins Krankenhaus. Dort angekommen, rannten wir in die Station und fragten nach ihr. Die nette Krankenschwester verriet uns, dass sie gerade operiert wird und dass James irgendwo warten würde. So suchten wir nach James. Wir liefen durch die vielen Gänge und Flure, als wir ihn endlich den Kopf in die Hände stützend auf einem Stuhl in irgendeinem Gang saßen sahen. Wir gingen zu ihm und saßen uns auf einen weiteren Stuhl und den Boden. Er erzählte uns, dass sie in dem nächstliegenden OP-Raum operiert wurde. Nach zwei weiteren Stunden, die sich wie zwei ganze Leben anfühlten, kamen ein Doktor und ein Assistenzarzt aus dem Raum. Ihre Köpfe waren nach unten geneigt und schon krampfte sich mein Magen zusammen. Sie kamen näher und sagten viele komische Fachbegriffe, bis dann endlich der nicht zu hoffende Satz kam: „Es tut mir leid, wir konnten leider nichts mehr für sie tun.“. Das wars. Emerald und ich sahen uns an. Wir erkannten gegenseitig ein unbeschreibliches Gefühl in den Augen. Wir heulten uns gegenseitig die Augen aus und saßen nur da. James war blass wie der Tod selbst und Ben und Jakob sahen auch nicht gerade aus als hätten sie gerade ein Oskar gewonnen. Sie strichen uns über die Rücken und Ems und ich lösten uns voneinander. Ich umarmte Ben und wollte ihn nie wieder loslassen. Ich erinnerte mich an die Worte, die Julez mal sagte, als sie ein Lied von Lana del Rey übersetzte: Wir sind geboren um zu sterben.
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Bermuda Viereck
RomanceEmerald, Julez und Mina machen sich zusammen mit ihren Freunden auf die Suche nach ihrer verschollenen Freundin Hannah, die ohne ihren Abschluss einfach abgehauen war. Werden sie Hannah finden? Findet es selbst heraus!