#38 Training

566 70 26
                                    

Hoseoks P.o.V.

Ich schraube die Salbendose zu und stelle sie auf meinen Nachttisch. Die Entzündung, mit der ich mich seit ein paar Tagen herumschlage, ist mittlerweile wieder fast komplett verheilt. Gott sei Dank, denn solange, wie meine Haut aufgescheuert und entzündet war, war an Training mit der Prothese nicht zu denken. Heute Morgen gab mir mein Therapeut dann endlich das Okay, das Ding wieder anlegen zu dürfen.

Dieses Mal habe ich mich jedoch nicht runterziehen lassen. Klar, es hat mich aufgeregt, schon wieder auf der Stelle zu treten, mich schon wieder um Kreis zu drehen und nicht vom Fleck zu kommen, doch bei diesem Mal war es endlich einmal absehbar. Keine Ewigkeiten, die ich durchstehen musste, um irgendwie weiterzukommen, nein, bloß eine einfache Kleinigkeit, eine leichte Verletzung, die innerhalb von ein paar Tagen wieder verheilt.

Außerdem habe ich keine Lust mehr, mich von irgendwas herunterziehen zu lassen. Das klingt banal, ist aber wahr.
Alles, was jetzt noch kommt, kann nicht schlimmer sein als das, was hinter mir liegt. Diesen Entschluss fasste ich für mich selbst, und ich muss sagen, ich kann ziemlich gut damit leben.

Jetzt greife ich also nach der schwarzen Prothese, die am Ende meines Bettes lehnt, und lege sie, nach einigen Tagen Pause, wieder an. Dann hebe ich die Krücken vom Boden auf, die ich zurzeit noch als Hilfe benötige, und erhebe mich von der Bettkante.

Es wird eine Weile dauern, bis ich zum Trainingsraum gelaufen bin, aber ich bin stolz darauf, überhaupt wieder dorthin laufen zu können. Das einzig Mühsame dabei war bis vor Kurzem noch das Öffnen und Schließen von diversen Türen, die mir im Weg waren, doch mittlerweile habe ich auch hierfür einen Kniff, und sobald ich die Krücken los bin, wird sich auch dieses Problem erübrigen.

Allein das Laufen zum Training ist bereits eine anstrengende Übung für mich, wenn auch lange nicht mehr so anstrengend wie zu Beginn. Immer weniger muss ich mich auf die Krücken verlassen, und immer mehr Gewicht kann ich auf das künstliche Bein verlagern.

-

Im Trainingsraum angekommen beginne ich meine üblichen Übungen - Laufübungen mit und ohne Geländer, Stufen rauf und runter, vorwärts, rückwärts, schneller, langsamer und so weiter und so fort.

Gerade als ich damit beschäftigt bin, Dinge vom Boden aufzulesen und auf ein höhergelegenes Bord zu befördern - das Problem hierbei war für mich lange, nicht die Balance zu verlieren - und mich nach einem auf der Erde liegenden Tennisball bücke, bekomme ich plötzlich einen kräftigen Klaps auf mein Hinterteil.

Sofort richte ich mich auf und fahre herum, gerate dabei aus dem Gleichgewicht und kippe... in Jimins Arme, der mich mit einem schrägen Grinsen anschaut.

"Du brauchst dich nicht gleich so an mich ranschmeißen!", lacht er und stellt mich behutsam wieder auf meine eineinhalb Füße.

Ich verpasse ihm einen Schlag gegen den Hinterkopf.

"Wer hat denn hier angefangen?"

"Sorry...", sagt er und reibt sich über die geschlagene Stelle. "Die Gelegenheit war einfach zu einladend."

"Du hättest mich auch einfach ansprechen können.", stelle ich schulterzuckend fest. "Ich wusste ja nicht, dass du auf meinen Hintern stehst."

Er verdreht bloß grinsend die Augen, während ich lache.

"Sieht gut aus, was du hier so machst, Hoseok.", beginnt er dann ernster und stemmt sich auf ein Podest hoch, von dem links und rechts Stufen nach unten führen.

"Du musstest Pause machen, hab ich gehört?"

Ich lehne mich gegen die Wand hinter mir und nicke. "Ja, ich hatte eine Entzündung. Lag an der Prothese, ich hab mir irgendwie die Haut kaputt gemacht. Ungewohnte Belastung und so. Ist aber alles wieder gut.", antworte ich.

RacerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt