Der Weg führte durch den Wald, den Abhang nach oben, allerdings ein ganzes Stück südlich von meiner Höhle. Espasa und ich liefen schweigend nebeneinander her, während Samira und Sakura sich vor uns durch die Gegend jagten und fangen spielten. Gedankenverloren betrachtete ich Samira, die hinter ihrer Schwester hersauste, sie mühelos einholte, anstupste, dann herumwirbelte und in die andere Richtung davonstürmte.
„Wie alt sind die beiden jetzt?", durchbrach Espasa schließlich das Schweigen und sah zu mir.
„Fast ein Jahr", antwortete ich wahrheitsgemäß. Das Psiana neben mir runzelte die Stirn. „Dann ist das ja schnell gegangen mit dir und Glace", stellte sie trocken fest, woraufhin ich mit den Ohren zuckte. „Ja. Und? Wenn man das richtige Pokémon an seiner Seite hat, ist es doch egal, wie schnell oder langsam es geht."
„Da hast du recht", sie wandte den Blick ab, ihre Augen blitzten kurz auf und ließen mich meine Worte für einen Moment bereuen. Ich mochte mit Glace glücklich und zufrieden sein, aber Espasa hatte bisher noch nicht den richtigen Partner gefunden. Sie war eine Weile lang mit einem Blitza namens Jolt zusammen gewesen, aber die Beziehung war für sie nicht sonderlich gut gelaufen und war auch nicht schön zu Ende gegangen.
„Wissen sie schon, in was sie sich entwickeln wollen?", unterbrach Espasa meine Erinnerungen, „Wenn sie fast ein Jahr alt sind, dann werden sie das bald, und ihr habt ihnen namentlich nicht viel vorgeschrieben." „Samira möchte ein Nachtara werden", gab ich zur Auskunft und starrte auf das weiße Fell meiner Tochter, die ein Stück vor uns immer noch erfolglos von ihrer Schwester verfolgt wurde. „Und Sakura ist sich noch nicht sicher."
Abwesend nickte das Pokémon neben mir. „Ein Nachtara...", murmelte sie geistesabwesend, dann schweifte ihr Blick ins Nirgendwo und sie versank offenbar wieder in ihren Gedanken. Seufzend beobachtete ich meine Töchter beim Spielen. Sie hatten angehalten, um sich von uns einholen zu lassen. „Fangen ist doof", hörte ich Sakura murren, „Lass uns was Anderes spielen."
„Ach komm", Samira hopste auf und ab, „Nur weil du langsamer bist als ich!"
„Seid ein bisschen leiser, bitte."
Ohne jegliche Vorwarnung hatte Espasa den Kopf gehoben. Ihr Blick wanderte nervös über die Umgebung. „Ich möchte nicht sagen, dass es hier gefährlich ist, aber man kann nie wissen, wer sich im Unterholz herumtreibt. Kommt, hier entlang."
Sie führte uns zu einer Stelle, wo vor vielen Jahren vermutlich einmal ein Fluss geflossen war, man jetzt allerdings nur noch trockenen Staub und spitze Kieselsteine fand. Links und rechts ragten Wände auf, was das Flussbett wie eine kleine Schlucht wirken ließ.
Vor einer Öffnung in der Wand dieser Vertiefung blieb Espasa schließlich stehen.
„Es ist drinnen größer, als es jetzt aussieht", berichtete sie, dann wandte sie sich dem Loch zu.
„Doom?", rief sie in die Dunkelheit hinein. Stille. Ich machte einen kleinen Schritt in ihre Richtung, in der Hoffnung, einen Blick in den Eingang erhaschen zu können. Doch in diesem Moment wurde der Blick ins Innere bereits von einer Gestalt verdeckt, die eigentlich viel zu groß für dieses kleine Loch war. Dann zwängte sich auch schon Doom ans Tageslicht.
Das Hundemon sah im Großen und Ganzen noch genauso aus, wie damals, als ich ihn das letzte mal gesehen hatte. Nur schien er etwas ausgeruhter und kräftiger zu sein, aber seine Augen blitzten noch genauso amüsiert auf, als er meinen verwirrten Blick bemerkte.
„Es ist drinnen größer, als es aussieht", wiederholte er Espasas Worte und grinste breit. „Hallo Kaito, lange nicht gesehen."
„Hey", begrüßte ich ihn. Es fühlte sich merkwürdig an, Doom nach so langer Zeit so fröhlich und im Freien zu sehen. Nicht mehr in einer dunklen, bedrohlichen Umgebung, abgemagert und gezeichnet vom Leben als Ausgestoßener, während man selbst kaum noch etwas zu verlieren hatte. Jetzt wirkte er wie ein freundliches Pokémon, dass man irgendwo in der Nähe einer größeren Kolonie treffen und gefahrlos nach dem Weg fragen könnte. Allerdings kniff er die Augen schützend zusammen, wie als würde das Licht der Sonne in seinen Augen schmerzen. Er schien also immer noch viel Zeit im Dunkeln zu verbringen.
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Rise of Darkness (Pokémon FF)
Fanfic"Schneeweiß, Blutrot und Tiefschwarz. Die Farben des Verderbens." Trotz des Friedens, der in die Welt eingekehrt ist, steht Kaito vor nicht einer, sondern gleich zwei neuen Herausforderungen: Sakura und Samira. Das sind ihre Namen. Kaito wird alles...