-28-

447 36 1
                                    

Ich konnte mir vorstellen, dass sich Hoseok das schlimmste von mir in seinen Gedanken ausmalte, was ich sein könnte. Ein Mörder. Ein Vergewaltiger. Jemand, der Geld braucht. Doch selbst wenn er sich das alles vorstellte, ließ er nicht los und rannte weiterhin mit mir mit und ließ auf keinen Fall los. Dies hatte ich ihm vorhin schon gesagt, als er kurz davor war, loszulassen, weil er nicht mehr weiterrennen konnte. ''Bitte.. Ich kann nicht mehr~'' Augenblicklich blieb ich stehen und sah ihn verschwitzt an. Genau dann ließ er meine Hand los und rannte los in eine komplett andere Richtung. Schleunigst rannte ich ihm hinterher. Plötzlich rutschte er wenige Meter über eine weggeworfene Dose aus und fiel auf den harten Pflastersteinen. Ich beschleunigte meine Geschwindigkeit. Einige Menschen um uns herum blieben stehen und sammelten sich um Hoseok. ''..Hoseok?'', hörte ich jemanden sagen, der ihn scheinbar kennen müsste. ''Geht zur Seite.'', murrte ich und drängelte mich an einigen vorbei, um nach ihm sehen. In meinem Blickfeld sah ich Hoseok, welcher wimmert auf dem Boden lag. Aus seiner Nase strömte Blut heraus. Eine junge Frau hatte sich zu ihm gekniet und sah ihn besorgt an. Durch ihre Sonnenbrille und ihren schwarzen Hut, konnte man nur schlecht ihr Gesicht erkennen. ''Kennen Sie ihn?'', fragte ich sie und sah zu, wie sie versuchte, ihn vorsichtig umzudrehen. Ich kniete mich ebenfalls hin. ''Er ist mein Bruder.'', sagte sie und suchte in ihrer Handtasche nach irgendwas. ''Und sie? Wer sind sie?'', fragte sie mich hörbar verwirrt und nahm aus ihrer Tasche Taschentücher raus und hielt es gleich danach an die Nase von ihm. ''Sein Freund..'', antwortete ich. Mitten in ihrer Bewegung hielt sie inne und hörte auf, irgendetwas zu tun. Ihr Blick wandte sich langsam zu mir. ''Soll das ein Witz sein? Sie sehen aus wie nh Mörder?!'', schrie sie und doch kam es mir so vor, als würde sie mir diese Worte nur sagen. Vielleicht lag dies daran, dass sie einfach am Ende gelacht hatte. ''Dawon..?'', hauchte Hoseok. Wir wurden beide aufmerksam. ''Ich bin's.. Keine Sorge. Alles wird gut.'', flüsterte sie und nahm ein weiteres Tuch hervor. ''Wenn du mich nach Hause bringst, töte ich mich.'', flüsterte er leise. ''Ich bin's.. Yoongi.'', hauchte ich und sah direkt in seine Tränen genässten Augen. Ich legte meine Hand in seine und legte beide auf seine Brust. Er erwiderte leicht meinen Griff. ''Du bist gekommen.'' Gleich nach diesen Worten fielen seine Augen zu. ''Hoseok??'' Sie schüttelte ihn leicht und wurde leicht panisch. ''Er ist bewusstlos, bestimmt.'', sagte ich, um meine Panik zu verstecken. ''Er muss ins Krankenhaus!'', sagte sie und kramte ihr Handy aus ihrer Tasche, doch ich packte sie am Handgelenk. Sie sah mich fassungslos an. ''Lass es. Er wird nie wieder nach Hause kommen.'', sagte ich in einem ernsten Unterton. ''Er hasste euch.'', fügte ich hinzu. Augenblicklich nahm sie ihre Brille vom Gesicht und ich konnte sehen, wie sie ihre Augen geweitet hatte. ''Ich bin seine Schwester!'' Die er hasste. Ich erinnerte mich an die Worte, die er mir knapp über sie gesagt hatte. Sie riss ihre Hand aus meinem Griff. Es waren zu viele Zeugen hier, um ihr eine verpassen zu können. Wäre auch zu schade gewesen einem Model ins Gesicht zu schlagen. Er hatte gesagt, dass sie ein Model ist. So hübsch sah sie gar nicht aus. Hinter ihr tauchten Männer in einem schwarzen Anzug auf. ''Was tun sie hier?'', fragte der eine. Sie richtete sich auf und erklärte knapp die Lage. ''Sie haben gleich einen Termin für das Vogue Magazin.'' Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich von einem Mal. Sie biss sich auf ihre Unterlippe und ließ ihre Hand, in der ihr Handy war, wieder in die Tasche sicken. ''Ist das ihr Bruder?'', fragte der andere. Sie nickte. ''Sollen wir ihn ins Krankenhaus fahren?'', fragte er weiter. Sie sah mich an. Ich richtete mich auf, da es so aussah, als würde sie mir etwas sagen wollen. ''Gut.. Dass er uns hasst, kann gut möglich sein.'', fing sie und uns nahm ihren Hut ab. ''Ich bin auch eine schlechte Schwester gewesen, aber das ist jetzt nicht Thema hier.'' Sie legte ihre Hand auf meine Schulter und sah mich mit ernster Miene an. ''Pass auf ihn auf und bleib bei ihm, bis er aufgewacht ist.'' Dass sich Menschen von der einen Sekunde zur anderen verändern konnten, hätte ich nicht gedacht. Vor allem sie. ''Ich werde bis zu seinem Tod bei ihm bleiben.'', antwortete ich. Sie lächelte leicht. ''Fährt die beiden ins Krankhaus-'' ''Es geht schon.. Mein Zuhause ist nicht weit von hier.'', fiel ich ihr ins Wort. Sie hatte noch versucht mich dazu zu überreden, dass ihre Männer uns nach Hause fahren, doch ich verzichtete darauf. Zum einen, weil es wirklich nicht mehr weit war und weil sie nicht wissen sollte, wo ich wohnte. So einfach wollte ich auf ihre nette Seite nicht reinfallen.

° ° °

Sachte legte ich ihn auf das Bett und fühlte nach seinem Puls. ''Gleichmäßig.'', flüsterte ich erleichtert und wendete mich dann von ihm ab. Im Badezimmer öffnete ich den Schrank und nahm den Verbandskasten heraus. Zurück im Schlafzimmer öffnete ich den Kasten neben ihn auf und packte das nötigste aus, was ich gebrauchte.


 

Come back home || SopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt