"Alkohol ist keine Lösung"

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„So!", rief Asuka fröhlich in die Runde und stellte eine bis zum Rand gefüllte Einkaufstüte vor ihren Füßen ab. „Mädels, falls ihr es vergangene Woche noch nicht mitbekommen habt, heute Abend feiern wir endlich Harus langersehnte Freiheit!" Euphorisch klatschte sie in die Hände und strahlte dabei von einem Ohr zum anderen.
„Das war schon lange überfällig", nickte Chiyo sofort eifrig und kniete sich auf den Boden.
„Danke, Leute", meinte Harumi, von ihren Freunden Haru genannt, mit einem breiten Lächeln und zog die Beine an ihren Körper. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll."
„Am besten gar nichts, Liebes", schmunzelte Harumis dritte Freundin, Mayumi, und angelte sich die Plastiktüte, die Asuka mitgebracht hatte, der Inhalt klirrte leise. „Du wirst einfach schön einen mit uns trinken und es genießen, dass du diesen Arsch los bist."
Harumi musste über diese unbeschwerten Worte lachen. „Okay, wenn ihr meint."
„Und ob", nickte Mayumi bedeutungsschwer und goss etwas von dem traditionellen Sake, den Asuka beschafft hatte, in eines der Gläser, die sie, Chiyo und Harumi zuvor schon herangeschafft hatten. „Hier." Das Mädchen mit den gewellten, rotbraunen Haaren reichte ihr das Gefäß und füllte gleich drei weitere Gläser.
„Wo hast du das eigentlich alles her, Asuka?", wollte Chiyo nun verwundert wissen.
„Ich hab' ganz einfach die Hausbar von meinen Eltern und Großeltern geplündert", erklärte die Blonde mit einem verschmitzten Lächeln und setzte sich nun zu ihren Freundinnen.
„Kriegst du dafür denn keinen Ärger?", wollte Harumi verwundert wissen und nahm, nachdem sie die milchig trübe Flüssigkeit eingehend betrachtet hatte, den ersten Schluck.
Asuka winkte unterdessen gelangweilt ab. „Nein, meine Mutter weiß, dass ich meine Grenzen kenne und Großmutter meinte nur, ich soll es ordentlich krachen lassen."
„Aw, deine Familie ist so cool", meinte Chiyo mit deutlichem Neid in der Stimme.
Harumi stellte unterdessen in diesem Augenblick fest, wie aggressiv der Alkohol war, den Asuka ihr mitgebracht hatte, sofort brannte er in ihrer Kehle und ein wenig widerwillig verzog sie das Gesicht. Als sie dann nach Luft schnappte, musste sie heftig husten.
Mayumi lachte und klopfte ihrer Freundin hilfsbereit auf den Rücken. „Na, du hast doch wohl nicht vor, jetzt schon schlappzumachen, oder?", meinte sie erheitert.
„Boah", machte Harumi jedoch nur und schüttelte sich.
„Ich hab' bis jetzt auch immer nur Mixgetränke gehabt", meinte Chiyo nachdenklich. „Lass' mich das auch mal probieren", sagte sie und ließ sich von Mayumi eines der Gläser reichen.
„Ich hab' noch mehr", sagte Asuka und holte nacheinander vier grüne Bierflaschen aus der Tüte. „Für jeden erstmal eins", sagte sie dabei und verteilte die Getränke an ihre Freundinnen.
„Danke", ächzte Harumi. „Ich glaube, da muss ich erstmal nachspülen." Mit diesen Worten öffnete sie ihre Bierflasche und nahm einen Schluck daraus. Etwas Stärkeres hatte sie bisher noch nie getrunken, allerdings war es ja auch nicht verkehrt, etwas Neues auszuprobieren.
„Haben wir auch noch irgendwas zu essen?", fragte Chiyo, nachdem auch sie einen Schluck Sake probiert hatte. Auf sie schien der starke Alkohol eine weniger unangenehme Wirkung zu haben. „Sonst sind wir ja noch vor Mitternacht hackedicht."
„Klar, wir haben sicherlich noch was zu Knabbern da", meinte Mayumi und stand auf.
„Chips?", fragte Harumi hoffnungsvoll. Sie liebte Chips.
„Na, aber sicher doch", lachte Mayumi und verschwand dann aus dem Raum.
„Lasst uns Flaschendrehen spielen", sagte Asuka, die ihre Bierflasche bereits geleert hatte.
„Warum das?", wollte Chiyo verständnislos wissen.
Harumi lachte und nahm den nächsten Schluck Sake, dieses Mal fühlte es sich schon gar nicht mehr so schlimm an und so leerte sie das Glas vollständig. „Kennst du das nicht?", fragte sie ihre jüngere Freundin dann verwundert. „Man dreht die Flasche und derjenige, der dran ist, bekommt eine Frage gestellt. Wenn er sie nicht beantworten will oder kann, muss er einen trinken. Das ist fast wie Wahrheit oder Pflicht, das kennst du doch, oder?"
„Ach so", machte die Jüngste unter ihnen verstehend.
Harumi kicherte. Je länger sie darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr der Gedanke, mit ihren Freundinnen dieses alberne Spiel zu spielen, und sie nahm noch einmal einen Schluck Bier. „Besonders witzig ist es, Matheaufgaben aus der Grundschule zu stellen, wenn der Betroffene nicht einmal mehr zwei und zwei zusammenzählen kann", sagte sie dann.
„Pff", machte Asuka daraufhin bloß. „Langweilig!", rief sie dann gedehnt. „Solche Spiele sind die Gelegenheit, von seinen Freunden Sachen zu erfahren, die sie einem nüchtern niemals anvertrauen würden weil sie viel zu peinlich sind." Nun war sie diejenige, die beinahe teuflisch grinste, dann öffnete sie eine kleine Likörflasche.
„Jetzt hab' ich Angst vor dir", scherzte Chiyo und nahm dann den Likör, den Asuka ihr und Harumi eingeschenkt hatte, dankend entgegen. „Mhm", machte sie dann genießerisch und leckte sich die Lippen. „Fruchtliköre sind das Beste."
„Davon hab' ich noch jede Menge", meinte Asuka lächelnd und gab auch Harumi etwas von dem fruchtig-aromatischen Alkohol in einem kleinen bunten Gläschen.
„Wir könnten den hier mit Eis ...", wollte Harumi vorschlagen, als sie im nächsten Moment plötzlich eine Tüte Chips ins Gesicht bekam. Mayumi stand im Türrahmen und grinste breit. Nachdem Harumi sich von dem kurzen Schrecken erholt hatte, sah sie ihre Freundin empört an. „Spinnst du? Die guten Chips!", maulte sie. „Jetzt ist das nur noch Vogelfutter ..."
„Du könntest ja Wasser reingießen", schlug Chiyo vor.
„Iiih!", rief Harumi angeekelt aus und lachte gleich darauf ausgelassen.
„Hm ... Eine gute Idee fürs Flaschendrehen", meinte Mayumi bloß nachdenklich.
Harumi sah sie strafend an. „Wehe dir!", drohte sie.
„Du musst das ja nicht machen", meinte Asuka. „Du kannst ja stattdessen auch einen trinken."
„Das mache ich", sagte Harumi überzeugt. „Als ob ich so eine Sauerei veranstalten würde!"
Mayumi kicherte über die Ausgelassenheit ihrer Freundin. „Du bist viel lebendiger als vorher, Haru-chan", meinte sie fröhlich. „Kamui hat dir echt nicht gutgetan."
„Hm", nickte Harumi zustimmend und nippte kurz an dem Likör, dann riss sie die Chipstüte auf und stellte erfreut fest, dass doch nicht so viel in die Brüche gegangen war, wie sie erwartet hatte. „Danke, Mayumi-chan", flötete sie dann gedehnt.
„Bitte, bitte", nickte Mayumi bloß und griff nach Asukas leerer Bierflasche. „Okay ... wer fängt an?", fragte sie dann und warf die Plastikflasche auf und ab.
„Haru-chan", sagte Chiyo. „Immerhin ist das hier ihr Mädelsabend."
„Okay", meinte Harumi und nahm von Mayumi die Flasche entgegen, drehte sie mit Schwung auf dem glatten Holzboden und gluckste, als der Flaschenhals schließlich auf Chiyo zeigte. „Wahrheit oder Pflicht, Chiyo-chan?", wollte sie erheitert wissen.
„Ich hab' Angst", murmelte das Mädchen, dann richtete sie sich allerdings auf und stellte ihr Glas neben sich auf den Boden. „Ich nehm' Wahrheit", entschied sie dann.
„Vor Haru brauchst du keine Angst zu haben", meinte Asuka nur trocken.
„Man muss ja nicht immer gleich übertreiben", erklärte Harumi und überlegte einen Augenblick. „Hm ... wen aus unserer Klasse findest du am besten?"
„Sag' ich doch", seufzte Asuka und legte den Kopf in den Nacken. „Du hättest die Frage wenigstens ein bisschen aufregender gestalten können, Haru-chan."
Harumi streckte Asuka nur kurz die Zunge heraus, dann sah sie wieder zu Chiyo, deren Gesichtsfarbe unübersehbar ein wenig intensiver geworden war.
„Hm ... Das kann ich euch nicht einfach sagen", meinte das Mädchen ausweichend. „Wenn Asuka das mitkriegt, kommt sie bestimmt auf ziemlich dumme Gedanken."
„Ich?", fragte das Mädchen empört. „Ich geb' nur ab und zu 'nen kleinen Schubs in die richtige Richtung", erklärte sie dann gespielt arrogant und spielte mit ihrem hellen Haar, ehe sie es sich in bester Diven-Manier über die Schulter warf.
„Natürlich, und Kamui ist erst im Nachhinein zum Arschloch geworden", meinte Mayumi sarkastisch. „Das war so ungefähr die dümmste Idee, die du je hattest."
„Hey!", rief Asuka empört aus. „Ich hab' doch nur ein bisschen gekuppelt ... es hat ja immerhin fast ein Jahr gehalten, okay?", fügte die Blonde ein wenig kleinlaut hinzu.
Harumi lächelte sanft. „Es ist okay. Streitet euch doch jetzt nicht wegen sowas, das ist jetzt vorbei, okay?", besänftigte sie ihre Freundin. Dann sah sie wieder zu Chiyo. „Also ... sagst du es uns oder trinkst du lieber jetzt schon was?"
„Keine Sorge, Asuka ist ohnehin bald so dicht, dass sie morgen nix mehr von deinem heimlichen Schwarm weiß", setzte Mayumi nüchtern hinzu.
Chiyo lachte leise. „Okay ... ich find' Kazuya ganz süß", sagte sie dann.
Harumi nickte. „Ja ... ich glaube, ihr würdet ganz gut zusammenpassen."
Asuka seufzte. „Ich frage mich, ob wir hier im Kindergarten sind oder vielleicht doch eher bei so einer schwachsinnigen Partnervermittlung. Raus mit der Sprache, Chiyo-chan - würdest du Kazuya auch-" Weiter kam sie nicht, da Mayumi ihr kurzerhand einfach den Mund zuhielt.
„Das war nicht die Frage", erklärte diese kategorisch.
Chiyo nahm schnell einen weiteren Schluck Alkohol, dann griff sie nach der Flasche und drehte, dieses Mal zeigte der Flaschenhals auf Mayumi. „Wahrheit oder Pflicht?"
„Hm ... Wahrheit", antwortete Mayumi ohne langes Nachdenken.
„Ist das nicht ein bisschen einseitig?", fragte Asuka dazwischen.

Fervent LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt