Tränen

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Als Harumi am Montagabend wieder zur Schule ging, blieb sie nahe des Zauns auf dem Schulhof stehen. Sie wollte möglichst viel Zeit vor dem Unterricht verstreichen lassen. Ihre Freundinnen würden sie so oder so ohne Gnade ausquetschen … 
Genau genommen hatten sie es schon getan. Nun, zumindest Mayumi hatte sie am vergangenen Tag regelrecht mit Nachrichten bombardiert, hatte gefragt, warum sie denn so plötzlich und ohne ein Wort zu sagen abgehauen war und vor allem, was denn aus ihr und ihrer Bekanntschaft geworden war. Harumi hatte sich da irgendwie wieder rausmanövrieren können, ohne zu viel preiszugeben, aber spaßig war das nicht gewesen. 
Jedoch war ihr das Glück zumindest in einer Hinsicht Hold, Asuka hatte sich letztendlich wohl doch noch endgültig die Kante gegeben, sodass sie sich an Mayumis Kuppelversuch offenbar nicht mehr erinnerte und Harumi dementsprechend nicht darauf ansprechen konnte. Harumi hatte Mayumi eindringlich gebeten, es auch dabei zu belassen, und zum Glück war ihre Freundin recht zuverlässig in solchen Angelegenheiten. Auf der anderen Seite ahnte Mayumi nun vermutlich, dass irgendetwas schiefgegangen war. 
Schiefgegangen, dachte Harumi mit bitterem Spott. Oh ja … Sie seufzte. Noch immer haderte sie damit, wie sehr sie sich von ihrer Angst vor intimerem körperlichen Kontakt, die sie nach ihrer Nacht mit Yuma binnen weniger Tage entwickelt hatte, hatte beherrschen lassen. 
Ganz zu schweigen davon, dass sie einen wirklich netten jungen Mann derartig in seine Schranken gewiesen hatte … das hatte er wirklich nicht verdient gehabt. Doch sie würde ihn wohl nicht wiedersehen und damit hatte es sich … Sie hatte es verbockt. Punkt. 
Himmel, ich glaube, ich sollte mir wirklich einen Psychiater suchen, dachte Harumi und schüttelte über sich selbst den Kopf. So kann ich doch nicht weitermachen … Ich kann nicht zulassen, dass ich zu einer von irrationalen Ängsten und Wahnvorstellungen beherrschten Verrückten werde … Dieser Gedanke war es, der sie am meisten beunruhigte. 
Sie begann, vor sich selbst Angst zu haben. 
Wie sollte sie diese schlechten Erfahrungen nur jemals wieder ausradieren? Sie hatten sich in ihren Kopf, in ihr Leben gebrannt und erschienen ihr unwiderruflich. 
Harumi sah auf ihre Armbanduhr und entschied, dass es an der Zeit war, sich dem Horror neugieriger Freundinnen auszusetzen. Sie grinste bei dem Gedanken und zugleich stimmte er sie ratlos. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie denken sollte. In ihrem Kopf ging alles drunter und drüber, und jede zusätzliche Stimme von außen verschlimmerte das Chaos nur noch weiter. Und mit niemandem konnte sie darüber reden …
Ich darf Mayumi und vor allem Asuka einfach nicht mehr so ernst nehmen, sagte Harumi sich schließlich. Ich muss sie einfach reden lassen … Und sie würde ihre Kuppeleien von nun an einfach gelassen hinnehmen. Aber ich werde mich ganz sicher nicht noch mal auf so etwas einlassen, erklärte sie sich selbst so entschlossen sie konnte. Das vergangene Wochenende hatte ihr vor Augen geführt, dass sie wohl noch etwas mehr Zeit brauchen würde, um ihre angeknackste Psyche auszukurieren. 
Als sie sich auf ihren Platz setzte, warfen Mayumi und Chiyo ihr besorgte Blicke zu. Natürlich, nachdem sie so plötzlich verschwunden war, hatten die beiden sich natürlich Sorgen um sie gemacht. Asuka hingegen war zu unsensibel, um allein anhand von Blicken zu bemerken, dass irgendetwas anders war, und Harumi war ihr sogar irgendwie dankbar dafür, die Blonde lenkte sie von ihren Problemen ab. Nun ja, zumindest bis sie das nächste Mal Yuma erwähnte, um Harumi damit zu ärgern. Von da an ignorierte Harumi sie geflissentlich. 
Zumindest bekam Harumi von Chiyo ihre Jacke sowie ihre Tasche wieder, die sie in Kins Haus zurückgelassen hatte, ihr Handy sowie ihr Geldbeutel waren darin gewesen. 
Als der Unterricht schließlich für beendet erklärt wurde, verabschiedete Harumi sich von ihren Freundinnen und verließ das Schulgebäude über den Schulhof. Als sie jedoch über das weitläufige Gelände lief, bemerkte sie eine Gruppe von Schülern, unter denen auch Yuma war. 
Gerade sah es so aus, als wollte er dem Blonden, Kou, eine Kopfnuss verpassen, doch dann hob er mit einem Mal den Blick und fing damit den von Harumi auf, woraufhin er sich offenbar von den anderen verabschiedete und auf sie zukam. 
Harumi wartete einfach, bis er vor ihr stand. 
Egal, was sie zuletzt zu ihm gesagt hatte, sie musste nicht vor ihm davonlaufen, damit hätte sie nur ihre Unsicherheit zur Schau gestellt. Sie hatte ihren Standpunkt deutlich gemacht, sie hatte ihm ihre Gedanken mitgeteilt und nun war es an ihm, damit umzugehen. Wenn er sich weiterhin so begriffsstutzig gab und sie überging, würde sie ihm wieder und wieder zu verstehen geben, dass sie Abstand zu ihm halten wollte. 
Und dennoch … verspürte sie so etwas wie Freude darüber, dass er wieder auf sie zukam … Aber sollte ich mich darüber wirklich freuen?, fragte sie sich zweifelnd. Letztendlich wird er mir doch nur zu verstehen geben, dass ihn meine Ansichten und Wünsche nicht interessieren …
Sie spürte deutlich seinen eindringlichen Blick, und ganz unwillkürlich verschränkte sie die Arme vor der Brust, um sich selbst so etwas wie Sicherheit zu geben und ihm zugleich zu signalisieren, dass sie nicht wollte, dass er ihr noch näher kam. Natürlich fürchtete sie sich noch immer vor ihm – das war ja der Grund, warum sie sich von ihm distanziert hatte. 
Sie sah ihn an und fragte sich, was er nun wohl sagen würde. Sie konnte ihn kein Stück einschätzen, aber er war kein gewöhnlicher Oberschüler, ganz bestimmt nicht. Er war ein Vampir und benahm sich die meiste Zeit über wie ein hungriges Raubtier, und sie war bereits mehrmals seine Beute gewesen. Man musste schon reichlich naiv sein, um zu glauben, dass er sich zu einer neuen Jagd aufmachte, bevor er seine zuvor auserkorene Beute erlegt hatte.
Was auch immer das letztendlich bedeutet, dachte Harumi mit einem unguten Gefühl in ihrer Magengegend. Falls das denn überhaupt eine Metapher ist … Dieser Gedanke ließ sie schwer schlucken. 
Was Yuma dann jedoch sagte, stellte alles, was sie insgeheim erwartet oder befürchtet hatte, hinsichtlich Kuriosität den Schatten. „Du riechst anders heute“, sagte er und musterte sie weiterhin eingehend, als versuchte er, ihre Gedanken zu lesen. 
Harumi blinzelte irritiert. „Äh … was?“, fragte sie dann verwirrt. Das ist alles, was ihm jetzt einfällt?, dachte sie vollkommen konsterniert, doch gleich darauf fragte sie sich auch, was er damit meinte … Und überhaupt … wofür hält er sich? Für einen Spürhund? Allein der Gedanke, dass er an ihrem Geruch möglicherweise alles ablesen konnte, was sie so den lieben langen Tag tat … Schnell schüttelte sie den Kopf. Unsinn. Das kann nicht sein. Ich sollte mir lieber Sorgen darum machen, dass vier Worte von ihm schon genügen, um mich so dermaßen aus dem Konzept zu bringen. 
Da sie ihre Verwirrung nicht besonders gut hatte verstecken können, weil sie eben – wer hätte es gedacht – verwirrt war, stahl sich ein belustigtes Grinsen auf Yumas Züge und er verschränkte nun ebenfalls die Arme vor seinem Oberkörper. 
Doch dann gelang es Harumi endlich, sich zu einer Erwiderung durchzuringen. „Na ja, ich bin am Samstag auf einer Party gewesen und ja, da gibt es andere Menschen, Alkohol, es wird geraucht und ein paar andere Drogen machen zuweilen auch die Runde“, meinte Harumi nun langsam und deutlich, reckte dabei ein wenig frech das Kinn. 
„Das meine ich nicht“, widersprach Yuma ihr nun. „Du riechst nach einer anderen Person.“ Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass ihm das missfiel. 
Harumi hob nur abwartend beide Augenbrauen, in ihrem Kopf ging es jedoch schon wieder drunter und drüber, denn verdammt, sie wusste immerhin, dass sie durchaus mit „einer anderen Person“ Kontakt gehabt hatte. Doch zugleich wollte sie noch immer nicht daran glauben, dass er wirklich eine solche Wahrnehmung hatte. Der blufft doch, dachte sie, um sich selbst zu beruhigen. 
Schließlich seufzte sie ein wenig theatralisch. „Ich war mit meinen Freundinnen dort, habe auch einige andere Leute umarmt, es war gerappelt voll und da waren mehrere Dutzend Leute“, erklärte sie ihm nun. 
Das kann nicht sein, das kann einfach nicht sein, sagte sie sich währenddessen eindringlich, ließ sich nach außen hin jedoch nichts anmerken. Es war vollkommen unmöglich, dass Yuma Alex’ Fährte trotz des Geruchs von Alkohol, Zigaretten und Parfüm noch immer wahrnehmen konnte, ganz zu schweigen davon, dass Harumi sowohl am Sonntag als auch heute ausgiebig geduscht hatte, frische Kleidung inbegriffen. 
„Du wirst nervös“, erkannte Yuma bloß in nüchternem Tonfall und ließ allein mit diesen drei Worten ebendiese Nervosität, die sich in Harumi breitgemacht hatte, noch weiter steigen. 
Das kann nicht wahr sein … Er kann doch unmöglich alles, was ich denke und fühle, erraten. Harumi schluckte zum wiederholten Mal, dann wandte sie sich ab und ging einfach davon, auch wenn sie ihm somit seinen Sieg zugestand, aber verdammt, er war einfach nur unheimlich!
Hinter sich hörte sie Yuma rau lachen und dann war er neben ihr, sie mit drei Schritten einzuholen erforderte bei seiner Größe im Gegensatz zum Erraten ihrer Gefühle keine besonderen Fähigkeiten. Mit in die Hosentasche gesteckten Händen lief er neben ihr her und Harumi blieb natürlich nichts anderes übrig, als es zuzulassen. 
„Deine Freundinnen riechen anders“, erklärte er nun einfach und Harumi konnte sein triumphierendes Grinsen regelrecht spüren. Es musste ihm so unheimlich viel Spaß machen, sie in den Wahnsinn zu treiben. Doch dann schwand das Grinsen mit einem Mal aus seiner Stimme, Harumi konnte auch das hören, wie seine Stimme dunkler wurde, bedrohlicher. „Du bist jemand anderem nahe gewesen.“ 
„Jemand anderem als mir“, ergänzte Harumi seinen Satz im Stillen und wusste nicht, was sie von seiner eigenartigen Eifersucht halten sollte. Auf der einen Seite gefiel es ihr, in gewisser Weise umworben zu werden – welchem Mädchen würde das auch nicht gefallen? –, andererseits jedoch konnte sie sich absolut nicht sicher sein, wie sich seine Eifersucht im weiteren Verlauf äußern würde. Und das war der Punkt, der ihr Sorge machte. Außerdem folgte er ihr gerade einfach so, ohne dass sie ihn eingeladen hätte, nach Hause, und das allein war in gewisser Weise schon abschreckend genug. 
Aber es gibt nichts, worauf er jetzt noch eifersüchtig sein müsste, rief Harumi sich ins Gedächtnis und so setzte sie nun zu einer Erklärung an. „Hör’ mal“, sagte sie ernst. „Ich weiß zwar nicht, woher du das Recht nimmst, zu kontrollieren mit wem ich wie zusammen gewesen bin, aber zu deiner Beruhigung – es ist nichts weiter passiert.“ Sie seufzte und überquerte die Landstraße, lief querfeldein über eine große Wiese, eine Abkürzung. 
„Nichts weiter?“, hakte Yuma argwöhnisch nach. 
Harumi schwieg eine Weile, und er sagte ebenfalls nichts weiter, folgte ihr einfach nur. Als sie am Gartentor vor ihrem Haus ankam, musste sie einsehen, dass sie ihm eine Antwort wohl nicht verweigern konnte – ein Stahltor und eine Haustür würden ihn wohl kaum aufhalten. Auf der anderen Seite musste sie die Wahrheit nun aber so rüberbringen, dass er auch ganz sicher verstand, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte. 
Seit wann bin ich ihm eigentlich Rechenschaft schuldig?, unterbrach Harumi sich selbst ärgerlich, aber sie hatte auch eingesehen, dass ihr im Grunde nichts anderes übrigblieb, als mit den Zähnen zu knirschen und zu spuren. So erniedrigend es auch war, so sehr er damit auch ihre Privatsphäre verletzte, anders wurde sie ihn nicht los. 
„Okay, Yuma-kun“, sagte Harumi nun und legte eine Hand auf das Zauntor, atmete tief durch und wandte sich dann zu ihm um. „Ich habe auf der Party einen Jungen getroffen, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe. Und auf einer Party knutscht man auch mal rum, das ist ganz normal, okay? Aber …“ Er unterbrach sie, bevor sie weiterreden konnte. 
„Hah? Du hast einen anderen geküsst?!“, rief er verärgert aus und wollte nach ihrer Schulter greifen, doch Harumi schlug seine Hand entschlossen weg und funkelte ihn ärgerlich an, ihre unerschrockene Reaktion ließ ihn kurz innehalten. 
Genau das ist der Grund, warum ich mit dir nichts mehr zu tun haben will!“, wies Harumi ihn harsch zurück. Warum begreift er das nicht? „Du hättest mir wenigstens bis zum Ende zuhören können!“ 
„Warum sollte ich?“, grollte Yuma unversöhnlich. 
„Weil dir offensichtlich etwas an mir liegt!“ Fast brüllte Harumi ihn an, sie war nicht zwingend wütend, vielmehr war all die Enttäuschung zurückgekehrt, darum mäßigte sie ihre Lautstärke auch wieder. „Ich weiß nicht, was es ist“, fuhr sie etwas ruhiger fort. „Ob du nur mein Blut willst oder noch etwas mehr, das weißt nur du, aber ich habe da auch noch ein Wörtchen mitzureden, ob es dir passt oder nicht. Und ich werde mich dir immer widersetzen, solange du so ein Arsch bist! Wir sind und waren kein Paar, also kann ich küssen, wen immer ich will, okay? Ich gehöre dir nicht und ich lasse mich von dir nicht tyrannisieren. Krieg’ das in deinen verdammten Dickschädel und dann reden wir weiter.“ Sie atmete tief durch und glaubte, den Moment seiner Verblüfftheit nutzen zu müssen. „Ich hab’ dich gern, es hat Spaß gemacht, mit dir Zeit zu verbringen, auch wenn’s nur zwei Nachmittage waren. Du bist nicht immer so scheiße, also … warum …?“ Zum Ende hin versagte ihr die Stimme und sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, auch wenn sie nicht heulen wollte. 
Da kehrte Yumas Grinsen zurück, aber es wirkte merkwürdig … unsicher. „Heh …“, machte er amüsiert. „Willst du mich jetzt mit Tränen umstimmen? Das wird nicht funktionieren.“ 
„Was wird dann funktionieren?“, fragte Harumi leise und in gewisser Weise auch zutiefst verzweifelt. Sie wusste doch, dass er ihr wichtig war … das wollte sie auch gar nicht leugnen, aber … Es würde mich kaputtmachen, mich auf ihn einzulassen. Ach verdammt. Es macht mich bereits kaputt …
„Tch.“ 
Harumi zuckte kaum merklich zurück, als Yuma plötzlich vor ihr in die Knie ging und dann seine Hand an ihr Kinn legte. Kaum merklich, ja, fast schon vorsichtig, fuhr er ihr mit dem Daumen über die Unterlippe und sie sah ihn unsicher an, doch sie konnte und wollte nicht zurückweichen. Zu sehr verblüffte sein Verhalten sie. 
„Du hast Recht. Es macht mich wütend, dass ein anderer dich geküsst hat“, gab er dann verärgert zu und sah zu ihr auf, seine Augen funkelten wie die eines Raubtiers. 
Da entrann Harumis Kehle plötzlich ein kleines, belustigtes Lachen, es war ein eigenartig unglückliches Lachen, nicht weit vom Weinen entfernt. „Glaub’ mir, du hättest nicht an seiner Stelle sein wollen“, sagte sie dann. „Das war der Teil, wo du mich unterbrochen hast.“ 
Verwirrt runzelte Yuma die Stirn, doch nun wartete er ab, was sie zu sagen hatte. 
Da atmete Harumi tief durch. „Er war ein superlieber Kerl. Und ich habe gedacht, ich könnte gleich einen Schritt weiter gehen. Aber als er mich angefasst hat, hab’ ich Panik bekommen. Ich hab’ ihm in die Eier getreten und bin abgehauen.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Augenwinkel. „Es war ein Reflex … irgendwie.“ 
Da lachte Yuma leise. „Das wäre mir nicht passiert.“ 
„Nein“, sagte Harumi nun mit kraftloser Stimme. „Du hättest mich festgehalten und dir genommen, was du willst … so wie bei unserem ersten Mal.“ Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen, als er sie lediglich irritiert ansah. Nein, er versteht es nicht, dachte sie müde. Es ist vollkommen nutzlos, es ihm zu erklären. Dennoch wollte sie ihm endlich zu verstehen geben, warum sie niemals ein gutes Verhältnis zueinander würden haben können, sie wollte es zumindest versucht haben. „Es ist deine Schuld, dass ich so geworden bin“, fuhr Harumi darum leise und ohne einen Vorwurf in ihrer Stimme fort, Vorwürfe würden nichts besser machen. „Möglicherweise werde ich nie wieder irgendwen lieben können, ohne zu fürchten dass mich irgendwer so behandelt wie du. Du wärst ein toller Kerl, wenn du nur nicht so schrecklich rücksichtslos wärst. Du hast mich kaputtgemacht. Ich bin nicht prüde, ich wäre kein bisschen verklemmt, und ich bin auch jetzt noch kein zerbrechliches Mädchen, das nur Blümchensex will, aber das … war einfach nur schrecklich. Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht daran denken muss und mir nicht wünsche, dass ich niemals mit dir gegangen wäre.“ 
Eine Weile lang herrschte Stille zwischen ihnen, dann ächzte Yuma und erhob sich wieder. „Du bist eine anstrengende Frau“, meinte er nun und nahm wieder etwas Abstand von ihr. „Also gut, dann gibt es wohl nur eine Möglichkeit, das wieder geradezubiegen.“ 
Harumi sah Yuma abwartend an, sie wagte es eigentlich nicht, Hoffnung zu haben. 
„Schlaf’ mit mir“, sagte Yuma und nur ein leichtes Grinsen kräuselte seine Lippen. 
Als Harumi diese drei Worte vernahm, seufzte sie traurig und wandte sich dann um, öffnete das Gartentor und schloss es hinter sich wieder. „Tut mir leid“, sagte sie dann leise. „Aber ich werde mich dir nicht noch einmal ausliefern. Es gibt Dinge, die man nicht mehr reparieren kann. Und ich kann dir nicht mehr vertrauen.“ 
Sie schluckte und versuchte irgendwie, ihre Traurigkeit zurückzudrängen, doch es war schier unmöglich. „Aber es ist gut, dass ich dir endlich sagen konnte, dass du mir nicht egal bist“, sprach sie trotzdem tapfer weiter. „Es ist verrückt, aber … ich mag dich eben und ich finde dich noch immer anziehend. Aber ich kann dich nicht mehr lieben … dazu müsste ich dir mein Herz in die Hände legen und das kann ich einfach nicht. Bitte versteh’ das.“ 
Yuma warf ihr einen langen, unschlüssigen Blick zu, dann hob er lediglich die Hand und berührte damit vorsichtig Harumis Schläfe, langsam strich er ihr Gesicht entlang und über ihre Wange. Seine Miene war ernst, fast wie versteinert, und Harumi fragte sich, was er hinter dieser kalten, beherrschten Fassade wohl fühlte. 
Zaghaft nahm sie seine Hand in ihre und bemerkte zum ersten Mal wirklich, wie groß sie im Vergleich zu ihrer eigenen war. Groß und kräftig, ein wenig schwielig von der Gartenarbeit. Harumi zögerte einen Augenblick, dann legte sie kurz ihre Lippen auf seine Fingerknöchel. Gleich darauf entfuhr ihr ein erschrockener Laut, mit einem kräftigen Ruck hatte Yuma sie zu sich gezogen, ihren Kopf an seine Brust gedrückt, zwischen ihnen ragte jedoch noch immer der hüfthohe Gartenzaun aus kaltem Metall empor. Und obwohl Harumi einen Moment lang nicht wusste, was überhaupt los war, was sie denken oder fühlen sollte, musste sie über diese ungewollte Symbolik schmunzeln, auch wenn ihre Brust dabei schmerzte. 
Dann spürte sie Yumas riesige Hand auf ihrem Hinterkopf, er hielt sie einfach nur einen Augenblick lang fest, sie nahm seinen Duft wahr, spürte, wie seine Finger kurz durch ihre stufig geschnittenen Haare fuhren, es war ein langer Augenblick. 
Dann schnaubte Yuma mit einem Mal unwillig und gab sie wieder frei. Als sie seinen Blick suchte, wirkte er merkwürdig unsicher und aufgewühlt. Ebenso verwirrt nahm Harumi wieder Abstand von ihm. „Gute Nacht, Yuma-kun“, sagte sie dann schließlich mit leiser Stimme, es war kaum mehr als ein Wispern. Doch er nickte daraufhin knapp und wandte sich dann um. Gleich darauf wurde Harumi Zeugin, wie er einfach verschwand. 
Sie atmete tief durch und wandte sich dann um. War’s das?, fragte sie sich im Stillen und sie wusste, dass die Schwermut in ihrem Herzen ehrliches Bedauern war, genau wie am Samstagmorgen. Ich sollte ihn vergessen. Ich habe nicht gelogen. Ich kann ihm unmöglich je wieder genügend Vertrauen entgegenbringen, um in ihm mehr zu sehen als nur … einen Freund. Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, wo sie sich dann die Tränen aus dem Gesicht wischte. Wieder und wieder.

* ~ * ~ * ~ *

Heeey ... Wow. Dieses Kapitel hat mich selbst emotional irgendwie total mitgenommen ... Ich sollte das als Autorin nicht schreiben. Aaaaaber egal. 

Sooo ... Ja. Ratet mal - dieses Kapitel war echt knifflig xD Ich hoffe, meine Interpretation von Yuma hat euch gefallen xD Und ja, er hat (zumindest in meiner Geschichte) jetzt wirklich ein Problem - er hat sich tatsächlich in Harumi verknallt und weiß selbst nicht, wie er damit umgehen soll. Irgendwie ... kann ich mir das bei ihm am ehesten vorstellen. *schulterzuck*

Okay. Keine Sorge, es wird noch alles gut ^.^ Versprochen. 

Fervent LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt