Blurr

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*mini triggerwarning für dieses Kapitel (Bezug auf Lanas Vorgeschichte in Kapitel 2: der erste Tag ist immer das letzte)*

Auch in beiden Nächten danach bekam ich nicht viel Schlaf. Wenn man es überhaupt so nennen kann. Sobald ich eingeschlafen war, suchten mich diese seltsamen Jason Blossom Träume heim aus denen ich dann schweißgebadet aufwachte.
Meine Träume waren schon immer sehr lebhaft und real, aber so echt wie diese hatten sie sich nie angefühlt. Ich konnte mir nicht erklären, warum ich ständig diesen einen gleichen Traum träumte. Mitterweile hatte ich schon das Gefühl ich sei selbst dabei gewesen und der Drang zum Sweetwater River zu gehen war groß. Aber was sollte ich dort?
Ich verstand das alles nicht und die ganze Sache triggerte mich etwas. Andauernd vom Tod sein zu träumen ist nicht unbedingt angenehm für jemanden, der bereits versucht hat sich umzubringen. Eigentlich war ich ja therapiert, allerdings nur aufgrund dieses post traumatischen Belastungsstörungsdings nach dem Autounfall und nicht wegen versuchten Suizids per Autounfall.
Und eigentlich war ich auch "drüber hinweg" oder so dachte ich... aber man verfällt ja gern wieder in alte, gewohnte Muster. Diese dunklen Gedanken waren einmal mein Zuhause gewesen. Manchmal wollte ich zurück.
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Montag Morgen kam schleichend und plötzlich zugleich. Die ersten Stunden strichen an mir vorbei. Ich war gar nicht richtig "da", sondern irgendwo ganz tief in meinem Körper versteckt. Fern ab von der Realität und das was um mich geschah. Ich hatte mittlerweile abgeschaltet, war auf stand by. Diese Träume hatten mich so sehr "gestresst" und strapaziert auf ihre Art und Weise, dass jetzt Feierabend war und alle Emotionen erstmal abgestellt wurden. Dieses Gefühl oder eher nicht Gefühl war mir gut bekannt noch von Früher. Einfach abschalten, wenn alles zu viel wird. Zurück lehnen und vorspulen quasi. Alles zieht an mir vorbei, mein Körper "läuft" noch, aber der Kopf ist aus.
Die Mittagspause verbrachte ich allein im Raum der Blue & Gold, wo ich durch ein paar ältere Artikel blätterte. Das war auch das einzige, was ich gerade schaffte: blättern. Die Buchstaben flogen nur so an mir vorbei, aber Worte bildeten sich daraus nie. Ein Wirr Warr aus kleinen grauen Flecken von Bildern und schwarzen Buchstaben.

Die Glocke leutete und ich erschrak etwas. Der letzte Rest des Schultages brach an und das bedeutete: Kunst. Ich schlenderte gemütlich Richtung unteres Stockwerk, obwohl ich schon zu spät war, war ich die Ruhe selbst. Aus den anderen Räumen drangen bereits leise Melodien, die ich nur dumpf war nahm.
Frau Swan sah mich verwundert an, als ich den Raum betrat, in dem außer ihr niemand anderes war. "Lana, schön dich zu sehen. Hast du eine Frage zur Aufgabe?", ich schüttelte den Kopf, "Du weißt, dass keine Anwesenheitspflicht besteht bei diesem Projekt?" "Kann ich trotzdem hier arbeiten?" fragte ich. Frau Swan lächelte, nickte mir zu und widmete sich wieder ihrem Ölgemälde zu.
Ich nahm mir eine große Leinwand, Acrylfarben, Stoffreste und anderes Zeug, dass ich gerade fand und fing einfach an. Ich malte, schnitt und klebte. Teilweise sogar mit den Fingern, das brachte ganz gut das primitive, kindische Verhalten zum Ausdruck, dass Reggie manchmal an den Tag legte. Die Beobachtungen, die ich gemacht hatte, flossen direkt in das Bild.
Am Ende der Stunde war ich tatsächlich fertig geworden. Vor mir lag eine wilde, bunte Collage. Ein paar der Farben leuchteten richtig, andere waren eher schmutzig. Es war eine Sammlung aus Papier- und Zeitungsschnipseln, Farbkleksen, Tupfern, Stoffstücken und ein bisschen Glitzer. Zusammen ergaben all diese Komponenten ein Portrait von Reggie Mantle, der irgendwie bestimmt auch so vielseitig war wie diese ganzen Dinge, die jetzt auf der Leinwand klebten.

Bild: https://goo.gl/images/A2iPDB

Red lips always lie?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt