Forty-three: Sweet Goodbye's

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Er schenkte mir den Wein ins Weinglas ein, bevor er sich auf den Stuhl setzte und nachdenkend ins Glas schaute. Dabei wirkte er so sprachlos, als konnte er nichts erwidern. Royce fasste sich an die Stirn und ließ den Blick nach unten sinken. »Ich werde ewig an den Schuldgefühlen zu knabbern haben...«, er wollte zum Trinken ansetzen, aber ich hob die Hand, bevor er noch stoppte. »Nein...«, ich erhob mich vom Bett und steuerte auf ihn zu. Irritiert wie Royce war, wartete er ab, bis ich mich gegen die Fensterbank anlehnte und mein Weinglas abstellte.

»Wir trinken nur den Wein, um uns von den Momenten zu erzählen, die uns passierten. Wir haben immer Positiv gedacht und nie negativ.«, ich verbesserte mich »Nason hatte positiv gedacht.«

Royce zuckte mit den Mundwinkeln »Dann wird es wohl Zeit...positives von der Seele reden zu lassen.«, machte er den Vorschlag und ich nickte ihm zu. »Was war für dich ein positiver Moment, Royce?« Ihm schien es zu erleichtern, dass ich ihn Fragen dazu stellte und wie geheißen, setzte er die Lippen ans Glas an und genehmigte sich den Chardonnay. Irgendwann holte er tief Luft und fing an zu lächeln. »Nun da gab es wenige gute Momente, aber die wertvollsten zähle ich zu denen, die mich glücklich gemacht haben. Dolly und Roger haben mich liebevoll aufgenommen und mich wie ihr Enkelsohn wahrgenommen.«, er faltete die Finger auseinander und legte sie gelassen auf beide Knien. »Als Roger sich seinen dritten Bandscheibenvorfall zugezogen hatte, hatte es ihm nicht kalt gelassen seine Arbeit für Wochen niederlegen zu müssen. Roger's Passion für den Bau von Holzbooten entstand damals in seinen Zwanzigern. Schon seine Vorahnen hatten ein Geschäft betrieben, wo sie sich für die Reparatur von Schiffen verantwortlich machten und sich um Ruderboote kümmerten. Nachdem ich meine Downphase bekam und Kale mich irgendwo im nirgendwo abgesetzt hatte, wurde ich von den beiden liebevoll empfangen. Dolly hatte leckeres Südstaaten-Essen gemacht, wie z.B Maisbrot oder einen einfachen Bohneneintopf und dazu schwarzen Kaffee. « Er leckte sich über die Lippen »Gott wie mir gerade das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn ich wieder an das geliebte Essen zurückdenken muss.«, Bei seiner Erzählung sah man ihn an, wie die Augen zu Leuchten anfingen. »Der Alkohol geriet in Vergessenheit, weil sie mich mit Essen versorgten und es doch zu jeder Stunde Cola gab. Das typische Südstaatengetränk in ganz Alabama.« Lachend stellte er den Wein ab und fuhr sich über die Haare. »Ich war als Südamerikaner nur an französisches Essen gewöhnt, aber dann entdeckte ich die Liebe für die Südstaatenküche sofort und wollte von Dolly vieles an Erfahrungen sammeln. Wir standen in der Früh auf, bereiteten das Essen zu und versorgten damit Roger und seine Jungs. Am Nachmittag herrschte Ruhe und am Abend saßen wir entweder auf der Terrasse und spielten Karten oder wir fuhren in die Kirche und hörten dem Gospelchor zu. «, zufrieden nahm er den Schluck des Chardonnay und stellte ihn wieder ab. Seine Augen sahen in meine auf. »Ihr habt etwas von unserer Kultur mitgenommen. Was Washington betrifft.«

Kichernd lehnte ich mich zurück und hielt den Blickkontakt aufrecht »Bei uns gibt es die Fried Oysters. Frittierte Austern. Die gab es meistens mit Corn oder der Crabcake. Eine Spezialität, die viele verzehrt haben.«, ich verzog das Gesicht als mir in den Sinn kam wie Benjamin von den Krabbenkuchen geschwärmt hatte. Seufzend verlor ich beinahe die Fassung, als mir sein Gesicht erschien. Meine Augen richteten sich auf Nason, schweiften wieder zu Royce und blickten ins halbvolle Weinglas. Nicht negativ denken, redete ich mir ein und das mit Erfolg. Gelassen sah ich zu Royce auf und stellte das Weinglas ab. »Mein bester Freund...«, ich nahm den letzten Atemzug »Benjamin Windcaster war ein waschechter Washingtoner, der die Kultur gelebt und geliebt hatte. Obwohl er eine Niete im Kochen war, musste er mich von seinen Kochkünsten versuchen beeindrucken zu können.« Meine Lippen formten sich zu einen Lächeln, was Royce langsam erwiderte. »Er hatte diesen Crabcake ausprobiert, aber das hatte so grausam und scheußlich geschmeckt, dass ich damit sein Ego verletzte. Seitdem wurde ich nicht mehr bei ihm auf ein Dinner eingeladen worden...«, Automatisch fing ich an zu Lachen, aber mein Lächeln erstickte so plötzlich in den Tränen. Es war okay, dachte ich mir. Ich zählte die positiven Dinge im Leben auf und nicht mehr die Negativen. Es war völlig okay um Benjamin trauern zu können. »Er...er war so lebenswert und so verständnisvoll...er hatte mich bei traurigen Zeiten lächeln lassen können...«, ich presste mir das Weinglas gegen die Brust, bis ich den Schluck nahm und wieder anfing zu reden. Meine Lippe fing an zu zittern und mit gepresster Stimme antwortete ich ihm und redete mir das, was schon solange bei mir war. »Und ich zähle Benjamin zu den schönsten Momenten meines ganzen Lebens. Er hatte mir ein Partner auf seiner Hochzeit aufgehalst und das war kein anderer als er gewesen...«, meine Finger deuteten zu Nason und Royce folgte meinen Bewegungen der Hand, die sich wieder gegen meine Brust presste. »Anfangs da hatte ich Nason hassen wollen. Ein Kanadier der solch eine Coolness aufwies, wie er den Raum betrat. Trotzdem mochte ich ihn nicht und hatte was gegen männliche Begleitungen gehabt.« Ich schwelgte wieder in den Erinnerungen, wie Benjamin mir gerade offenbarte etwas Schlimmes in meinen Augen getan zu haben.

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