Ninety-one: Sweet Fears

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Vier Tage später.

Als wir vor dem Eingang des Flughafens standen, wusste ich nicht was ich machen sollte. Wie angewurzelt verharrte ich vor den Korridoren des Gebäudes und ein ungutes Gefühl stieg auf. Seit diesen Schicksalsschlag bin ich nie wieder geflogen und ich schwor es mir dabei zu belassen.

Royce, der aus seinem Wagen stieg, schloss die Tür hinter sich und trat auf mich zu. Er wirkte missgelaunt, seitdem er eine große Standpauke sich von Kale anhören musste. Kale sprang direkt aus dem Wagen und blieb vor uns stehen.

»Royce wir sind noch nicht fertig!«

»Das sind wir schon längst!«, schnaufte er und Kale biss sich auf die Zähne fest. »Nein das sind wir nicht und wenn du jetzt gehst, Royce dann war es das mit allem! Ich mache das nicht hier zum Spaß und-

»Wir müssen unseren Flug bekommen, Kale.«, erwiderte er mit fester Stimme zurück und irgendwie schlug Kale die Augen panisch auf. Enttäuschung erfasste ihn und genau mit diesen Emotionen fing er an zu sprechen. »Wann hast du dich jemals darüber gewundert, wieso unsere Freundschaft auseinander geht? Genau darum, weil du nie mir zuhören kannst! Ich habe dich aus deinem Tief gezogen und nicht jemand anderes!«

Royce senkte den Blick »Und genau deswegen werde ich jetzt gehen, Kale, weil sich nicht alles um uns drehen kann. Chardonnay braucht mich als Stütze und weil Nason in seinem Brief darum bat mich am Board zu haben.« Ein Seufzer entwich ihm »Es tut mir Leid, aber wir müssen gehen.«

Kales Augen wirkten traurig und doch bewahrte er seinen Stolz und nickte uns zu. »Ich habe dich ja gewarnt.«. Er sprach es deutlich aus »Und komme ja nicht wieder angekrochen, wenn du eingesehen hast, das du Schuld hast!«, widerwillig trat er von uns weg, stieg in seinem Wagen und preschte schleunigst davon. Nun hatten wir nur noch uns und Royce umfasste meine Hand und führte mich zum Korridor. »Ich bin bei dir.«, selbst wenn er ziemlich traurig geklungen hatte, wahrte es mit Fassung. Mit erhobenem Kopf schritt er nach vorn und zog unseren Koffer mit sich. Zusammen erreichten wir die Gates, bevor wir uns eingecheckt hatten. Meine Atmung ging auf und ab und mir wich alle Farben aus dem Gesicht. So sehr war meine Angst vorm Fliegen im Kopf geprägt gewesen, dass mir die heißen Tränen über die Wangen kullerten. Royce nahm mich in seinem Arm, drückte mich immer mehr gegen seine Brust, damit ich mich an seinem Shirt vergraben und ausweinen konnte. Statt eines Shirts war es ein dünner grauer Pullover, den er sich gerade angezogen hatte. »Es wird alles gut werden. Ich bin bei dir.«

Ich presste die Hand auf die Brust »Das hatte er mir auch immer gesagt...«, bis ich wieder in Tränen ausbrach »Und er ist dann gestorben...«

»Ich gebe dir mein Wort das nichts passieren wird. Lass diese Angst nicht in dir zu.«, er tippte mir auf die Brust und ich begann schwer zu nicken. Kopfschüttelnd wollte ich mich von ihm lösen, aber Royce gab mich nicht mehr frei. Also ließ ich es über mich ergehen, wartete bis er den Arm langsam lockere und ich besänftigt den Koffer nehmen konnte. Allerdings nahm er mir ihn weg, fasste nach meiner rechten Hand und lief mit mir zu den Gates.

Beim Boarding schnürte es mir in den Lungen zu, denn während unsere Koffer verstaut wurden, ließ ich mich auf dem Flugsitz nieder. Wir hatten die Plätze am Fenster erwischt, aber ich wollte nicht hinaussehen und drehte mich weg. Royce hingegen nahm sich den Platz, drückte mich enger an sich, bis er etwas herausholte. Als er mir das Kissen in die Hand legte, nahm ich es an mich und der Duft von Lavendel stieg mir in die Nase. Ich wusste, dass Lavendel beruhigend sein sollte, denn dieser Duft hatte wirklich etwas an sich gehabt, was mich zur Besinnung bringen ließ. Und als die Stewardess kam, bestellte Royce sich einen Kaffee, überreichte mir meine Sonnenbrille, die ich direkt aufsetzte. Bis ich langsam weg dämmerte und alles um mich herum versuchte auszublenden.

∞...∞...

Es waren die schlimmsten Stunden meines jetzigen Lebens. Man müsste meinen das ich ein weinendes Baby wäre, mit dem Unterschied eine erwachsene Frau zu sein, die sich an ihrem Nachbarn kuschelte. Dieser Nachbar schien aber entzückt davon gewesen zu sein, dass er mich in seinen Armen hin und her wog. Immer und immer wieder ging mir das Bild mit dem Flugzeugabsturz nicht aus dem Kopf. Trotzdem bekam ich das Gefühl von Sicherheit in einem Flugzeug voller Passagiere zu sitzen und jemanden an meiner Seite zu haben, der mich in den Stunden beschützen konnte.

Vor Erschöpfung fielen mir fast die Augen zu, als wir sicher zur Landung ansetzten. Erst als die Flugzeugrollen mit dem Boden Bekanntschaft machten, zuckte ich gierig zusammen und die Panik überrollte mich. Royce hatte mich festgehalten, küsste mich schnell auf die Lippen und wartete zum Zeitpunkt ab, das mir keine Tränen mehr über die Wangen fielen. Seufzend umfasste er mein Gesicht und lehnte seine Stirn an meine an. »Ich sage dir doch, dass es alles gut sein wird.«

Etwas benommen von allem nickte ich und meine Finger machten sich am Gurt zu schaffen, der nicht aufgehen wollte. Hastig kam die Stewardess auf uns zu und blieb vor mir stehen. »Miss Sie dürfen noch nicht aufstehen. Sie müssen warten, bis wir Ihnen das Signal geben können und-

»Ich muss hier raus! Ich kann nicht sitzen bleiben und-

»Miss ich bitte Sie!«

Royce setzte sich auf »Entschuldigen Sie, aber meine Freundin...Sie müssen ihr sagen das wir sicher gelandet sind.«

Die Stewardess kräuselte die Lippen, als war sie verwirrt. Royce setzte mit Nachdruck an. »Sind wir sicher gelandet?«

Die Stewardess begann wohl jetzt zu verstehen was mit mir passierte und somit begann sie zu nicken »Ja Sir wir sind erfolgreich in Ontario gelandet.«, versicherte sie mir und vor Erleichterung atmete ich aus. Plötzlich schien sich Reue in ihren Augen widerzuspiegeln, dass sie zu ihren Kollegen schaute und mit ihnen Blicke zuwarf. Erst dann drehte sie sich nach mir um und deutete zum Gurt. »Sie können Ihren Gurt abschnallen. Sie werden natürlich als erste das Flugzeug verlassen können.«

Ein Lächeln stahl sich auf Royce's Lippen und als er mir damit zur Hilfe kam den Gurt abzuschnallen, sprang ich vom Sitz auf und folgte der Stewardess nach vorn. Alle Blicke der Passagiere lagen auf mir und während man den anderen versicherte ruhig zu bleiben, verließen Royce und ich das Flugzeug und machten uns auf dem Weg nach draußen.

Zufrieden drückte ich mich mehr an Royce, denn er hielt mich an sich fest und steuerte mit mir zu den Gates. Seufzend nahm er den Koffer mit sich, das Handgepäck wo wir alles verstaut hatten,. Erst als wir durch den Korridor gingen, blickte ich mich überall um und entdeckte ihn. Many Richards stand alleine am Ausgang und tippte etwas auf seinem Handy herum. Als wir nach draußen traten, hob er den Blick und entdeckte mich mit Royce. Lachend rannte er auf uns zu, verharrte vor uns und legte die Arme um mich. »Charlie.«, wurde ich von ihm herzlich begrüßt und ich presste mich mehr an ihm. »Many.«, schluchzte ich leise und er brachte mich zur Besinnung. »Du hast es wirklich geschafft. Ich bin so Stolz auf dich.«

Mir entwich mehrere Schluchzer und ich schniefte »Danke. Ich dachte, dass es mein Ende sein wird.«

Der Kanadier lächelte mich an, bevor er sich umdrehte und Royce entdeckte. Er schien nicht zu wissen, wie er auf ihn reagieren sollte, doch weil er auch nicht unfair sein wollte, gab er ihm die Hand. »Royce...«, stammelte er vor sich hin und Royce nickte ihm zu. »Many.«, räusperte er sich. Many schien trotzdem sich es genauestens zu überlegen, ob er ihm eine Chance geben sollte oder nicht. Am Ende gab er sich tatsächlich den Ruck, schluckte den kanadischen Stolz hinunter, bis er Royce gewaltsam in eine Umarmung gezogen hatte. Ohne wenn und aber ließ sich Royce von ihn ziehen und schmiegte seine Arme um Many. Many schien überrascht davon zu sein, wie jemand ihn selbst umarmen wollte. So sehr hatte er panisch gewirkt, weil es noch nie jemand, außer mir, es getan hatte.

Erleichterung machte sich in mir breit, denn nun hatte sich wieder ein Problem gelöst. Der Konflikt zwischen Royce und Many, die im Streit auseinander gegangen waren. Royce setzte eine ernste Miene auf »Many? Ich hätte mich noch bei dir entschuldigen sollen, denn ich habe ihm unrecht getan. Ich hätte niemals den Namen deines Bruders in den Dreck ziehen sollen und ich hatte das nicht das Recht dazu gehabt.«, er atmete schwer. Many presste die Lippen aufeinander und begann schwer zu nicken, Trotz das er zwar ihm verziehen hatte, sah man ihm an, wie sehr er noch enttäuscht von Royce war.

»Ich verzeihe dir Royce...«, er seufzte schwer und blickte wieder zu mir »Aber unter der Bedienung, dass du mich nie wieder enttäuschen wirst, wie vor Wochen.«


Warum liest ihr Chardonnay? 

ChardonnayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt