Tag 3 - 1

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"Claire! Claire!", wurde ich unsanft von Liv geweckt. "Steh auf. Du hast genug von Alex geträumt."

Grummelnd öffnete ich meine Augen. "Was willst du?", gab ich von mir und ignorierte gewiss ihren hinzugefügten Satz.

Sie ließ sich neben mir auf das Bett fallen. "Es ist ein Rummelplatz hier in der Nähe."

"Mhm, schön", erwiderte ich und kuschelte mich erneut in die Decke. Doch diese wurde mir leider schnell weggenommen. "Hey!"

Als ich wieder zu ihr sah, hatte sie ihren Schmollmund aufgesetzt. "Du hörst mir gar nicht richtig zu", beschwerte sie sich.

Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Manchmal benahm sie sich, wie ein kleines Kind. "Okay, dann erzähl mal", forderte ich sie auf und setzte mich währenddessen richtig hin.

"Wie bereits gesagt, gibt es hier eine kleine Kirmes und wir müssen da einfach hin." Sie klang total begeistert. "Eine Kirmes, Claire. Mit Popcorn und Schokofrüchten, einem Riesenrad und dieser unglaublich tollen Atmosphäre."

Ich musste leider zugeben, dass sich das unglaublich verlockend anhörte. Ich war schon lange auf keiner Kirmes mehr gewesen. "Wenn du so begeistert davon bist, kann ich doch schlecht nein sagen", grinste ich.

Ihr Gesicht fing noch mehr an zu strahlen, als sowieso schon. "Du bist die Beste!" Sie wollte mich bereits stürmisch umarmen, doch ich hielt sie auf.

"Aber", ich hob warnend meinen Zeigefinger, "das wird ein reiner Mädchentag."

Sie seufzte und ließ den Kopf hängen. Was hatte ich auch anderes erwartet? "Okay, nur wir beide", stimmte sie schlussendlich zu.

"Das wirst du schon schaffen", versicherte ich ihr und sie nickte. Ich wusste zwar, dass sie nur so enttäuscht tat, aber ich wusste auch, dass sie gerne wieder etwas mit Nathan unternommen hätte. Und irgendwie ging es mir genauso.

Vorsichtig stupste sie mich an. "Willst du dann mal aufstehen? Wir müssen schließlich vorher noch frühstücken gehen."

Automatisch verdrehte ich meine Augen. "Ich bin gerade einmal vor ein paar Minuten geweckt worden. Außerdem haben wir doch genug Zeit", erwiderte ich und stand auf, um zu meinem immer noch nicht ausgepackten Koffer zu laufen.

Während ich nach etwas passendem zum Anziehen suchte, verschwand Liv im Bad um sich fertigzumachen. "Was ziehst du an?", rief ich durch das Hotelzimmer.

Kurz darauf erschien Liv mit einer Zahnbürste im Mund in dem Türrahmen. "Men weisches Coptop nd de neu schwarsche Short."

"Was?" Ich fing an zu lachen.

Augenverdrehend nahm sie die Zahnbürste aus ihrem Mund, ehe sie ihre Antwort wiederholte. "Mein weißes Croptop und die neue schwarze Shorts."

"Das hört sich doch schon besser an", gab ich immer noch lachend zurück und wendete mich dann wieder meinem Koffer zu.

Ich kramte ein weißes T-Shirt, das auf der linken Seite ein rotes Herz aufgedruckt hatte, und eine dunkelblaue, etwas weitere Shorts heraus und zog mich um, bevor ich mich ins Badezimmer zu Liv gestellte.

"Glaubst du, er mag mich?", fragte sie plötzlich und sah mich durch den großen Spiegel an.

Verständnislos blickte ich sie an. "Liv", fing ich an, "also wenn er dich nicht mag, verliere ich den Glauben an die Menschheit."

Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. "Du bist verrückt."

"Ich habe nie das Gegenteil behauptet", entgegnete ich.

Sie drehte sich zu mir um. "Aber jetzt mal ehrlich, glaubst du das?", hakte sie nochmal nach.

Ich sah ihr die Unsicherheit deutlich an. "Du bemerkst nicht, wie er dich ansieht." Ich machte einen Schritt auf sie zu und legte meine Hände auf ihre Schultern. "Er mag dich."

"Aber wir kennen uns doch gar nicht richtig." Sie neigte ihren Kopf zur Seite und seufzte tief.

Das war ein gutes Argument. Wir hatten die Jungs erst vor zwei Tagen getroffen und in dieser Zeit konnte man sich definitiv nicht richtig kennenlernen. Aber, dass man sich gar nicht kannte, stimmte auch nicht.

Schulterzuckend lächelte ich sie an. "Na und? Alles ist möglich."

Sie zog mich in eine kurze Umarmung. "Danke, Claire."

"Du musst dich nicht bedanken", murmelte ich, als wir uns gelöst hatten.

Sie erwiderte darauf nichts mehr, sondern verdrehte, wie erwartet, ihre Augen und wendete sich dann wieder dem Abdecken ihrer kaum sichtbaren Augenringe zu. Ich währenddessen fing an meine verknoteten Haare zu bürsten.

"Denkst du so eigentlich auch über Alex?", wollte sie wissen und griff so das Thema von vorhin wieder auf.

Die Frage überraschte mich, weshalb ich einige Sekunden nicht reagierte. "Was meinst du?"

Da ich sie nicht ansah, wusste ich nicht, was sie tat, doch ich war mir ziemlich sicher, dass sie einen Ist das dein Ernst - Blick aufgesetzt hatte. "Dass er dich mag", erläuterte sie.

"Nein, so denke ich nicht", antwortete ich ihr und sah auf. Ihr misstrauischer Blick ließ mich automatisch seufzen. "Also vielleicht schon. Aber ich will da nichts herein interpretieren. Ich will einfach abwarten und schauen, was so passiert."

Sie nickte. "Okay, versteh' ich."

Und damit war das Thema, Gott sei Dank, schon wieder beendet.

Ich wollte nicht ständig über Alex reden. Es war schon schlimm genug, dass egal, worüber ich nachdachte, meine Gedanken irgendwie immer wieder zu ihm wanderten.

Das würde noch viele Probleme bringen, dabei war ich mir sicher.

Auf diesen Rummelplatz zu gehen war eine der besten Ideen, die Liv je hatte. Es war zwar erst früher Nachmittag, doch dafür schon gut gefüllt. Was mich jedoch nicht sonderlich wunderte, denn es sah unglaublich schön hier aus. Es gab ein großes Riesenrad in der Mitte, verschiedene Stände mit Souvenirs und anderen schönen Kleinigkeiten und natürlich einige Essensbuden, an denen wirklich alles köstlich aussah.

Ich gab es ungern zu, doch Liv hatte recht. Die Atmosphäre war einfach unglaublich. 

Innerlich beschloss ich, mir alles anzuschauen und einmal zu probieren. Mein Magen würde es mir morgen sicher danken.

"Wo wollen wir zuerst hin?", fragte Liv aufgeregt und riss mich so aus meinem Staunen heraus.

Ahnungslos zuckte ich mit meinen Schultern. "Mir egal. Ich bin mit allem zufrieden."

Das war anscheinend genau die Antwort, die sie hören wollte, denn sie griff sofort nach meinem Arm und zog mich hinter sich her.

Worauf ich natürlich nicht vorbereitet war und fast Bekanntschaft mit dem Boden machte. Liv war jedoch zu sehr damit beschäftigt, sich alles anzuschauen, als dass sie etwas davon hätte mitbekommen.

"Oh mein Gott, schau dir das an, Claire!" Sie zeigte auf ein silbernes Freundschaftsarmband, ehe sie sich umdrehte und zu dem nächsten Stand lief. "Oder das hier!"

Ich konnte es mir nicht verkneifen grinsend meine Augen zu verdrehen. Liv so begeistert zu sehen, kam nicht ganz so oft vor, weshalb ich ihr einfach lächelnd hinterherlief und ab und zu stehen blieb, um mir selber ein paar Sachen anzuschauen oder mich von dem traumhaften Geruch einhüllen zu lassen.

Wir waren gerade auf der Suche nach einer bestimmten Essensbude, das viele herumlaufen und anschauen hatte uns hungrig gemacht, als Liv erneut vor einem kleinen Stand stehen blieb und sich die Souvenirs ansah.

"Beeil dich, Liv. Ich hab' Hunger", meckerte ich und griff nach ihrem Arm.

Sie sah mich traurig an und setzte ihren altbekannten Hundeblick auf. "Bitte lass mich nur kurz das hier anschauen."

Tief seufzend ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen, ehe ich sie wieder ansah und nickte. "Okay, aber danach gehen wir sofort etwas essen."

"Versprochen", entgegnete sie und war wirklich ein paar Minuten später fertig.

Doch dann hielt uns etwas anderes vom Weitergehen auf.

Oder eher jemand anderes.

"Na, wen haben wir denn da?", ertönte plötzlich eine Stimme hinter uns.

nur ein SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt