Tag 5 - 2

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Jedesmal, wenn ich romantische Filme sah, bekam ich das Gefühl, ich müsste etwas in meinem Leben verändern. Als würde ich plötzlich die Motivation finden, raus in die Welt zu gehen und mich zu verlieben.

Genauso ging es mir auch in diesem Moment. Ich wollte aus dem Hotelzimmer raus und ab in die große, weite Welt. Ich wollte meine Liebe finden.

Und warum auch immer glaubte ich, sie an diesem Strand zu finden. In Italien. Um 10 Uhr abends.

Als ich am Strand ankam, war keine Menschenseele zu sehen und auch das Rauschen der Wellen war verschwunden. Es war fast komplett still und diese Stille tat mir unheimlich gut.

Ich setzte meinen Weg fort, zog mir meine Schuhe aus und lief am Wasser entlang, wo mir alle paar Minuten eine kleine Welle über meine Füße wanderte.

Um genau zu sein war ich nicht hier hergekommen, um mich in irgendjemanden zu verlieben, dem ich begegnen würde, sondern, um mich ins Leben zu verlieben. Und in diese Welt.

Aber das Schicksal hatte anscheinend einen anderen Plan, denn nicht einmal eine halbe Stunde, in der ich am Strand herumlief und die Ruhe genoss, kam ich jemandem entgegen, dem ich schon die letzten paar Tage nicht aus dem Weg gehen konnte.

"So langsam glaube ich, dass du mich verfolgst", verkündete ich grinsend und stellte mich neben ihn.

Ohne seinen Blick von dem Meer abzuwenden, zuckten seine Mundwinkel in die Höhe. "Vielleicht bist du ja diejenige, die mich verfolgt."

Mein Grinsen wurde breiter, während ich meine Arme vor der Brust verschränkte und sein Profil musterte. "Das hoffst du nur."

Aus dem Augenwinkel heraus warf er mir einen amüsierten Blick zu. "Vielleicht", entgegnete er.

Ich ließ meine Arme hängen und nickte zufrieden. "Wusst' ich's doch."

Nun drehte er sich ebenfalls grinsend zu mir und erwiderte meinen Blickkontakt. "Was machst du hier, Claire?"

Auch, wenn ich es niemals zugeben würde, mein Herz machte jedesmal einen Sprung, wenn er meinen Namen mit dieser rauen, heiseren Stimme aussprach.

Unwillkürlich schluckte ich und versuchte mich darauf zu konzentrieren, nicht rot zu werden. "Ich brauchte etwas frische Luft. Kopfschmerzen, du weißt schon", murmelte ich.

Er nickte verstehend. "Geht's wieder?", seine Stimme klang besorgt.

"Ja", antwortete ich leise und nickte kaum merklich, "mir geht's gut."

Automatisch fing er an zu lächeln und ich konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern und mich immer mehr in seinen Augen zu verlieren.

"Und was machst du hier, Alex?", wollte ich wissen und machte von ganz alleine einen winzigen Schritt auf ihn zu.

Es war zwar schon spät und die Sonne war längst untergegangen, aber der Himmel war immer noch hell und tauchte Alex' Gesicht in ein schönes blaues Licht, das seine attraktiven Gesichtszüge nur noch mehr betonte.

Er musterte einige Sekunden mein Gesicht, ehe er zu einer Antwort ansetzte. "Den Kopf frei kriegen", ein winziges Lächeln schlich sich auf seine Lippen, "zu viele Gedanken, du weißt schon."

Schmunzelnd nickte ich. "Willst du drüber reden?"

Alex schüttelte seinen Kopf, doch das Lächeln blieb. "Nein, aber du kannst mit mir hier stehen bleiben und das Meer beobachten", entgegnete er.

"Sehr gerne", stimmte ich zu.

Jedoch drehte sich keiner von uns weg. Wir blieben einfach so stehen und sahen uns an, versuchten uns jedes kleinste Detail des anderen einzuprägen.

Neben mir bewegte sich Alex und riss mich somit aus meiner Trance. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah, wie er sich wieder richtig aufsetzte und mich besorgt musterte.

Wir saßen nun schon seit einiger Zeit im Sand, das Stehen wurde irgendwann zu anstrengend, und beobachteten von hier aus das Meer, oder das, was man davon noch erkennen konnte.

Ich neigte meinen Kopf zur Seite und sah ihn fragend an. "Was ist los?"

"Ist dir kalt?", stellte er mir eine Gegenfrage und musterte mich immer noch so intensiv, dass mir beinahe die Röte ins Gesicht stieg und ich den Blick abwendete.

Meine Lippen verzogen sich zu einem schüchternen Lächeln. "Nein. Wieso fragst du?"

Er zuckte mit seinen Schultern und hob einen Mundwinkel an. "Nur ... so", erwiderte er.

Trotz, dass ich seine Frage verneint hatte, öffnete er seine Arme und deutete mir so an, mich an ihn zu lehnen. Und ich wäre verrückt, wenn ich das abgelehnt hätte.

Vorsichtig rückte ich näher zu ihm und lehnte mich in seine Seite, während er seinen linken Arm um meine Taille schlang und mich sein unfassbarer Duft einhüllte.

Wenn die Zeit in diesem Moment einfach stehen bleiben oder die Welt sich aufhören würde zu drehen, hätte ich damit kein Problem. Vielleicht wäre ich sogar dankbar dafür.

"Du bist ein Idiot", schmunzelte ich und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab.

Ich spürte, wie eine leichte Vibration durch seinen Körper ging, als er anfing zu lachen. "Du magst mich, Zwerg", gab er zurück und vergrub sein Gesicht für wenige Sekunden in meinen Haaren.

Auf die Lippe beißend, um nichts Falsches zu sagen oder verträumt zu seufzen, sah ich zu ihm auf und meine Augen trafen direkt auf die seinen.

In diesem Augenblick brauchten wir nichts zu sagen. Unsere Augen erzählten ihre eigene Geschichte.

Lächelnd wand ich den Blick ab, als Alex langsam näher kam und ein paar sanfte Küsse auf meiner Wange verteilte. Dieses Mal machte ich keinen Rückzieher, dieses Mal genoss ich die Berührungen und ließ mich tiefer in seine Arme sinken.

Wir fingen beide gleichzeitig an zu lachen, als wir plötzlich zur Seite kippen und im Sand landeten. Alex rollte sich sofort von mir herunter und blieb dann wenige Millimeter neben mir liegen.

"Da war jemand wohl zu stürmisch", grinste ich, was ihm ein kehliges, raues Lachen entlockte, das mir automatisch einen Schauer den Rücken hinunterjagte.

Er drehte seinen Kopf zu mir, ein spitzbübisches Lächeln auf seinen Lippen, und schlang seine Arme wieder um mich herum, um mich näher an ihn heranzuziehen. "Tut mir leid", murmelte er und platzierte erneut ein paar Küsse auf meinem Haaransatz.

"Nein, schon okay", wank ich ab, "das war ... lustig." Mit einem riesigen Grinsen im Gesicht legte ich meinen linken Arm neben meinem Kopf auf seiner Brust ab und griff nach seiner Hand, um unsere Finger ineinander zu verflechten.

Auch, wenn ich es nicht sehen konnte, wusste ich, dass Alex ebenfalls dieses dämliche Grinsen auf den Lippen trug, denn als er mich noch fester an sich drückte, hörte ich, wie er leise in meine Haare seufzte.

Ich wusste, ich hatte die richtige Entscheidung getroffen.

In dieser Nacht änderte sich alles. Denn in dieser Nacht ließ ich mich komplett und ungesichert fallen. Weil ich wusste, dass er mich auffangen würde.

nur ein SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt