Kapitel 8 (Band 7.1)

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Luna:

Um mich herum war nur Dunkelheit. Hier unten war es kalt und feucht. Ich fror erbärmlich, denn ich trug weder Schuhe noch Socken. Sie hatten mein Zuhause gestürmt und mich hierher verschleppt. Ins Malfoy Manor, soweit ich es verstanden hatte.

Draco's Zuhause.

Mein Vater wurde bestimmt verrückt vor Angst um mich.

Doch die meisten Sorgen machte ich mir nicht um meinen Vater. Auch nicht, wie sonst immer, um Draco Malfoy. Nein.

Ich hatte Angst um Harry, Hermine und Ron. Die Drei, besonders Harry, wurden von den Todessern gnadenlos gejagt. Und ich war mir sicher, dass sie auf ihrer Suche bei mir zu Hause vorbeikommen würden. Und ich wusste auch, dass mein Vater alles tun würde, um mich zurückzubekommen. Auch, wenn das hieß, den Auserwählten und seine Freunde, die einzige Hoffnung, die uns geblieben war, an jene zu verraten, die an unserem Übel die Schuld trugen. Ich wünschte, ich könnte meinem Vater irgendwie mitteilen, dass es mir gut ging.

Ja, vielleicht ging es mir nicht blendend, mir war kalt, ich war hungrig, dreckig und müde. Ich hatte seit über einer Woche... oder sogar mehr, das Tageslicht nicht mehr gesehen. Die Tageszeit zu bestimmen, ohne die Sonne zu sehen, war unmöglich. Ich orientierte mich eher an den Personen, die in diesem Anwesen lebten oder sich trafen. Wenn ein Treffen war, war es für mich Tag. Wurde es totenstill, so war es vermutlich Nacht. Ja, mir ging es nicht gut.

Aber ich lebte. Und ich wurde nicht (oder kaum) gefoltert. Und so hätte ich gern meinen Vater beruhigt. Aber das ging nicht. Wie sollte ich ihm bitte eine Nachricht schicken? Ohne Zauberstab? Den hatte man mir nämlich gleich bei meiner Ankunft abgenommen. Seufzend schlang ich meine kalten Finger um meine eisigen Füße und begann, langsam auf und ab zu rubbeln, um sie zu wärmen. Nur leider funktionierte das überhaupt nicht. Logisch, mit meinen Eisfingern so zu rubbeln, um in diesem Kerker an meinen Füßen genug Wärme zu erzeugen, war fast nicht möglich. Mein Verstand wusste dies, aber ich stoppte diese Tätigkeit trotzdem nicht.

Nach bestimmt einigen Stunden wandte ich mich an meinen Leidensgenossen. Er war schon viel länger als ich hier unten und inzwischen schwach und krank, mal abgesehen davon, dass er so oder so nicht mehr der Jüngste war.

"Wie geht es Ihnen, Mister Ollivander?", wollte ich mit einem freundlichen Lächeln wissen. Nur weil wir hier unten versauerten, musste ich doch noch lange nicht schlecht gelaunt sein. Mich würde bestimmt jemand retten. Und dieser jemand würde auch Ollivander helfen. Nur ob der alte Zauberstabhersteller so lange durchhielt, das vermochte ich nicht zu sagen. Ich hoffte es.

"Ach, Miss Lovegood, sagen Sie doch einfach Garrick. Schließlich sitzen wir hier unten gemeinsam fest. Ob ich da Garrick, Mister Ollivander oder tot bin, ist dann auch egal", keuchte der Mann.

"Ach Mister Ollivander, sagen Sie so etwas nicht. Wir werden gerettet, da bin ich mir ganz sicher. Und ich würde Sie gerne weiterhin mit Mister Ollivander ansprechen. Sonst fühlt es sich so todesnah an, und das ist ja nicht richtig." Der alte Mann gab ein hustendes Röcheln von sich, das wahrscheinlich eine Art Lachen darstellen sollte.

"Miss Lovegood, Ihren Optimismus möchte ich haben."

"Wenn er Ihnen hilft, gebe ich ihn euch gerne", entgegnete ich lächelnd. Irgendetwas schleifte und kratzte über den Boden und dann fühlte ich etwas Kaltes, Klebriges an meinen Finger. Mister Ollivander war zu mir herangerutscht und umfasste meine Hand.

"Miss Lovegood, Sie sind eine bemerkenswerte junge Frau und ich kann Ihnen nur eine glückliche und erfüllte Zukunft wünschen." Ich lächelte dankbar, auch wenn er es eh nicht sehen konnte.

"Vielen Dank, Sir."

Es geschah einige Stunden... oder Tage?... später. Der Zauberstabmacher war wieder zurück in seine Ecke gekrabbelt und hatte sich verdreht gegen die Wand gelehnt. Ich hockte auf der anderen Seite und beobachtete eine Shiku, das waren kleine, feenähnliche Wesen, mit messerscharfen Zähnen, die im Dunkeln leuchteten.

Plötzlich öffnete sich die Tür am Ende des Ganges vor den Gitterstäben einen winzigen Spalt breit. Dann ganz langsam etwas mehr und ein fahler Lichtstrahl fiel in unser Gefängnis.

Im Türrahmen erschien ein hellblonder Haarschopf und mir sehr vertraute, silbrige Augen.

Sein Blick huschte umher, als würde er etwas suchen. Ich bewegte mich ein kleines bisschen und er entdeckte mich. Seine Augen weiteten sich und sein Mund klappte auf.

"Luna?" Und ich lächelte. Er hatte mich nicht Loony genannt! Ich versuchte aufzustehen, doch in der ganzen Zeit, wo ich meine Beine nicht genutzt hatte, schienen sie wie eingefroren und ich fühlte sie nicht mehr. Also stürzte ich wieder zu Boden. Schließlich begnügte ich mich damit, langsam zu dem Gitter hin zu robben.

Er ging in die Hocke und streckte eine Hand durch die Eisenstangen. Ich ergriff sie und seufzte laut auf. Er war so warm! Ich krabbelte näher und schnappte auch mit der anderen Hand nach seiner. So warm!!! Ich fühlte diese Hitze, die an meinen tauben Fingern unangenehm zu schmerzen begann und trotzdem wollte ich nicht loslassen.

"Ich wusste nicht, dass sie dich gefangen halten", flüsterte Draco mit erstickter Stimme. Ich lächelte sanft. "Alles gut, das dachte ich mir bereits. Sonst hättest du mich schon längst befreit", winkte ich ab. Er schluckte nervös. "Was?", hakte ich verwirrt nach.

"Ich kann dich nicht freilassen, Loony!" Dieser Satz war wie ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur seine Ablehnung mir zu helfen, sondern auch der Name am Ende. Ich schluckte erschrocken.

"Wieso nicht?"
"Sie würden sofort wissen, dass ich es war! Und dann ginge es mir an den Kragen", erklärt der blonde Malfoy eiskalt.
"Aber du könntest doch mit mir zusammen fliehen", überlegte ich laut.

"Wieso sollte ich das wollen?" Seine Stimme war frei von jeglicher Emotion, sein Gesicht ausdruckslos. "W...w... Weil du kein Todesser sein möchtest", stotterte ich hoffnungsvoll. Das konnte er doch nicht so meinen!

"Sagt wer!", höhnte Draco und so langsam spürte ich Tränen in meinen Augen. Hatte ich mich so in ihm getäuscht?

"Ich!", antworte ich schnell.

"Dann liegst du aber ziemlich falsch! Und nun entschuldige mich, ich habe keine Lust, mich mit Blutverrätern abzugeben!" Er wirbelte herum und stolzierte aus dem Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen. Als die Tür zufiel, wurde es stockdunkel um mich herum. Es war kalt. Finster. Und ich schluchzte vor mich hin. Mit einem gebrochenen Herzen im Kerker des Malfoy Manors, von dem zurückgewiesen, den ich liebte.

Luna und Draco - Zufall... oder doch eher Schicksal?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt