Kapitel 8.6 (Band 7.1)

1.1K 47 15
                                    

Luna:

Wasser umspielte meine Knöchel. Das Rauschen der Wellen hallte in meinen Ohren und übertönte beinahe meine Gedanken. Doch die Trauer konnte auch das Meer nicht wegspülen. Und noch weniger die Wut, die in meinem Bauch rumorte.  Der kalte, nasse Sand klebte an meinen Fingern, die ich unaufhörlich hinein grub.

Ich vermisste ihn und gleichzeitig auch nicht. Er hatte so schreckliche Dinge getan. Und ich hatte mich so in ihm getäuscht. Ich hatte immer an das Gute in ihm geglaubt. Ich hatte ihm immer gesagt, er wäre gar nicht so böse, wie er immer tat.

Ja, ich hatte mich geirrt. Ich hatte Anzeichen immer ignoriert oder entschuldigt und um ehrlich zu sein... Seine Aura deutete auch nicht auf eine böse Persönlichkeit hin. Er war nicht böse, nie gewesen! Warum sollte er uns jetzt verraten?!

Okay, ich war schon irgendwie erbärmlich. Ich hatte handfeste Beweise, dass er uns verraten hatte, dass Draco Malfoy ein böser Mensch, ein wahrer Todesser war, und weigerte mich immer noch, es zu glauben. Ich war echt ein hoffnungsloser Fall. Neben mir raschelte es und ich fuhr herum. Harry ließ sich zu mir in den Sand fallen. Beide schauten wir einige Zeit auf das Meer.

"Ich kann nicht glauben, dass Dobby tot ist", brach Harry das Schweigen. Ja, wir hatten beide mit unterschiedlichen Dingen zu kämpfen, aber traurig waren wir beide. Ich nahm seine Hand in meine. "Er hat es in Kauf genommen. Er wusst, dass er vielleicht sterben würde, aber er wollte dennoch zu uns kommen. Dobby hat es als Ehre empfunden, für dich zu sterben, Harry", flüsterte ich sanft. Der Auserwählte schaute zu mir, seine grünen Augen glänzten nicht mehr.

"Ich... Es geht nicht nur um Dobby", gestand er zögernd. "Es sind schon so viele Menschen wegen mir umgekommen, Luna! So viele! Ich kann das nicht mehr", hauchte er mit brechender Stimme. "Ich... ich kann... Ich weiß nicht, ob ich... Ihn besiegen kann. Vielleicht versage ich und wir alle müssen sterben. Wegen meiner Unfähigkeit!"

Tröstend drückte ich seine Hand. "Harry", murmelte ich, um ihn dazu zu bringen, mich anzusehen. Er hatte seinen Blick von mir abgewandt. "Harry", wiederholte ich eindringlicher. Zögernd drehte er mir sein Gesicht zu.

"Es ist völlig normal, dass du an dir zweifelst! Es ist normal, dass du Angst hast, zu versagen! Aber du wirst es schaffen. Und weißt du, warum ich mir so sicher bin?" Er schüttelte den Kopf. "Weil wir alle geschlossen hinter dir stehen werden, komme, was wolle. Harry! Du bist nicht allein. Wir alle werden dir helfen und dich unterstützen, egal was du tust und welche Entscheidung du triffst", erklärte ich mit meiner sanften Luna-mäßigen Stimme. Der Auserwählte lächelte ganz zaghaft. "Danke Luna. Du bist wirklich eine gute Freundin" Ich nickte, zum Zeichen, dass ich sein Kompliment zur Kenntnis genommen hatte.

Harry:

Nach Lunas Worten war mir gleich ein bisschen wohler. Sie hatte mir wieder Mut gemacht, wieder die Hoffnung auf den Sieg gegeben.
Sie mochte manchmal merkwürdig sein, aber sie war echt eine gute Freundin, die einen nie im Stich ließ.

Da war ich mir sicher.

"Harry?"

"Ja?"

"Es tut mir leid, dass ihr verraten wurdet. Das hätte ich nie von ihm gedacht..."
Verwirrt schaute ich das blonde Mädchen an, doch sie blickte schon wieder aufs Wasser. Was meinte sie bitteschön mit "verraten"?
Gerade wollte ich nachfragen, da hörte ich Fleur nach mir rufen: "'Arry, Ollivander ist wach!" Ich eilte schnell zum Haus zurück. Lunas Worte beschäftigten mich zwar noch, ich fragte mich, wovon sie gesprochen hatte, aber andererseits war sie ja immer ein wenig merkwürdig...

Ich ließ die Sache auf sich beruhen und wanderte zurück zum Haus, um mich Ollivander und Griphook zu stellen.

Draco:

Schmerz raubte mir den Atem. Ich konnte nicht mehr denken. Alles versank in der glühend roten WElt aus Schmerz, Qual und Leid. Ich kämpfte, nicht zu schreien, doch es war schwer. Ich wollte ihnen nicht die Genugtuung geben, meine Schwäche zu zeigen, wollte nicht wie ein kleines Kind um Gnade winseln, um ERbarmen betteln. Ich musste stark sein, musste kämpfen.

Für sie.

Doch es fühlte sich an, als würde der dunkle Lord langsam und genüsslich meine EIngeweide zerfetzen. In kleine, winzige Stücke und das Blut meinen Körper anfüllen. Es breitete sch in mir aus, wie ein kaltes brennen, das meine Gliedmaßen immer mehr füllte. Ich biss die Zähne zusammen.

Nicht schreien!

Doch irgendwann würde ich es nicht mehr aushalten. Ich war ein Malfoy.

Aber das war selbst für mich zu viel. Als er kam, dachte ich, er würde mich retten. Er hätte sich endlich besonnen und kam, um mir zu helfen.

Vielleicht hätte ich ihm dann verziehen. Vielleicht hätte ich ihm dann all die Jahre, in denen ich mit dem Cruciatus und mit Messern gefoltert wurde, verziehen.

Aber darüber brauchte ich gar nicht nachdenken. Es stand eh nicht zur Debatte. Denn er kam nicht, mir zu helfen.

Er kam, um ihm zu helfen.

Voldemort.

Seit gefühlten Stunden, wie lange auch immer, folterten mich der dunkle Lord, meine Tante Bellatrix und einige andere Todesser. Sie richteten alle gleichzeitig ihren Cruciatus auf mich, sodass er mehrfach auf mich wirkte. Daher waren die Qualen auch so unermesslich. Den normalen, einfachen Cruciatus war ich gewohnt von meinem Vater, ihn konnte ich verkraften. Aber von so vielen?

Und nun trat mein Vater herbei und nahm Voldemorts Platz ein. Vater richtete ebenfalls einen Folterfluch auf mich. Und als dann Voldemort begann, mich mit schrecklichen Gedanken uind falschen, grausamen Erinnerungen zu foltern, knickte ich ein.

Als ich sah, wie Vater Luna mit einem Avada Kedavra umbrachte, begannn ich zu schreien. Und als alle anderen Bilder folgten, konnte ich gar nicht mehr aufhören.

Luna und Draco - Zufall... oder doch eher Schicksal?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt