Der Junge war nicht der einzige im Wartezimmer. Um ihn herum, auf den harten Plastikstühlen saßen einige andere Menschen, aber keiner, kein Einziger, war so aufgelöst wie er. Seinen Kopf hatte er in die Hände gestützt und verdeckte sein Gesicht, damit niemand sehen konnte, dass er weinte. Er weinte sonst nie. Das letzte Mal als er geweint hatte, war... Er erinnerte sich schon gar nicht mehr daran. Wahrscheinlich als sein bester Freund weggezogen war. Wie lange wartete er jetzt schon? 5 Stunden? Oder länger? Er wusste es nicht. Aus unerfindlichen Gründen gab der Junge sich selbst die Schuld. War es seine Schuld? Hätte er sich mehr um seinen Freund sorgen müssen? Hätte er irgendwem von den „Anfällen" seines Freundes erzählen müssen? Die Schuldgefühle machten ihn fertig. Die Mutter seines Freundes durfte schon längst zu ihm. Sie war schon vor einer Stunde hier eingetroffen und durfte ihn sofort sehen. Doch jedes Mal wenn er aufstand, zur Rezeption ging und fragte wann er ihn sehen durfte, antwortete die Krankenschwester, dass er noch nicht zurechnungsfähig sei. Sogar sein Bruder hatte ihn sehen dürfen. Als er jetzt auf die Uhr hinüberschielte, sah er, dass er schon weitaus länger hier saß als er dachte. Sie waren um 23 Uhr hier eingetroffen. Jetzt war es 7 Uhr morgens. Er seufzte. Neben ihm saßen jetzt seine ältere Schwester und seine Mutter. Seine Schwester hatte die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt. Er wusste, dass sie nicht schlief. Wenn sie nervös war oder Angst hatte, dann konnte sie nicht schlafen. Seine Mutter saß mit zusammengekniffenen Lippen und ihrer Tasche auf dem Schoß da und starrte einfach ins Leere. Diese Stille hier machte ihn fertig. Warum konnte nicht einfach jemand kommen und fragen wer wegen Will Byers hier war, und sagen, das es ihm besser ging und man jetzt zu ihm könne? Es passierte einfach nicht. Was war los? WAS WAR LOS?!
Als er die Augen öffnete war das erste was er sah Lichter. Die grellen Lichter, die es in Krankenhäusern eben gibt. Das zweite was er sah, war eine Ärztin, die am Bettende stand und in einer Krankenakte, wahrscheinlich seiner eigenen, blätterte. Er versuchte den Kopf zu drehen. Doch bei der leisesten Bewegung seines Kopfes, schien der Schmerz hinter seiner Stirn ihn umbringen zu wollen. Ihn dafür bestrafen, dass er es überhaupt versuchte. Er spürte seine Hände und Füße nur schwach und konnte sie nicht bewegen. Panik machte sich in ihm breit. Er war hier ganz allein. Wo war seien Mum? Jonathan? MIKE!? Die Ärztin verließ das Zimmer wieder. Sie hatte anscheinend nicht bemerkt dass er wach war. Kurz nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, stürmten zwei Person in das blau gestrichene Krankenzimmer. Er sah sie nur verschwommen, doch er erkannte sofort wer sie waren. Das eine war seine Mutter Joyce Byers. Sie war gerade erst durchs halbe Land gefahren und saß jetzt wieder hier neben seinem Bett und war krank vor Sorge. Er begann sich etwas schlecht zu fühlen. Immer und immer wieder stresste er sie so. Die zweite Person war sein Bruder Jonathan. Er roch etwas nach Zigarettenrauch und Regen. In seinem Gesicht war die blanke Angst geschrieben. Die beiden setzten sich unmittelbar neben sein Bett. Joyce nahm seine kleine, kalte Hand. "Oh mein Schatz...", murmelte sie. "Was machst du denn für Sachen?" Sie hatte gesehen, dass er wach war. Langsam versuchte er den Mund zu öffnen und etwas zu sagen. Aber als er sprechen wollte kam bloß ein Krächzen aus seinem Mund. "Sch!", sagte Jonathan. " Die Ärztin hat gesagt du sollt dich ausruhen, Will. Also streng dich nicht an." Will schloss seine Augen wieder. Es war durchaus anstrengend sie die ganze Zeit aufzuhalten, so schwach wie er war. "Alles wird gut...Alles wird gut, mein Kleiner.", flüsterte Joyce. Sie wiederholte diesen Satz immer und immer wieder. Bis er ihn nur noch wie unter Wasser hörte und langsam wegdämmerte.
Mike Wheeler war es leid. 7 verdammte Stunden auf diesem unbequemen Stuhl ohne Auskunft darüber ob Will in Ordnung war. Er war schon genau 5 Mal auf der Toilette gewesen, aber woanders hin hatte er sich nicht bewegt. Was wenn in dem Moment in dem er nicht da war, die Nachricht über Will kam. Und wenn er nicht da war, würde er nicht so schnell wie möglich zu ihm können. Und dann würde sein Freund denken er würde sich nicht für ihn interessieren. Als eine Krankenschwester aus der Tür der Station auf der Will lag kam, bemerkte er es fast nicht, bis sie direkt vor ihm stand. "Michael Wheeler?", fragte sie ausdruckslos. Hektisch blickte er zu ihr auf. "Ja?" Seine Stimme zitterte. "Du kannst jetzt zu ihm. Er hat nach dir gefragt." In Mikes Magengegend wurde es warm. Will war wach! Und wenn er zu ihm durfte, hieß das, dass er okay war. Dem dunkelhaarigen Jungen fiel ein Stein vom Herzen. Eilig nickte er seiner Mutter und seiner Schwester zu, bevor er Gang der Station herunter rannte.
Wills Zimmer war das letzte im Gang. Es hatte die Nummer 674. Michaels Hand zitterte als er zaghaft an die Tür klopfte. In seinem Kopf zählte er bis drei, dann öffnete er die Tür.
Das Zimmer war groß. Größer als reguläre Krankenzimmer. War es für zwei Personen gedacht? Und dort, am Ende des Raumes lag Will Byers. Klein, etwas zusammengekauert und bewegungslos. Seine Augen waren halb geschlossen, doch als er bemerkte, dass jemand im Zimmer stand, öffneten sie sich schlagartig. "Mike!", sagte er glücklich. Seine Stimme war leise, noch leiser als sonst. Mike hätte sofort gelächelt. Seinen Freund unversehrt und glücklich zu sehen, hätte ihn jetzt zum Lächeln gebracht. Doch das war er nicht. Er war nicht unversehrt. In seinen Nasenlöchern steckte ein Schlauch, der ihn mit Sauerstoff versorgte. Über ihm am Bett hing ein Infusionsbeutel, gefüllt mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, die durch einen weiteren Schlauch in seinen Körper gelangte. Er trug zwar einen Krankenhauskittel, er war im Brustbereich jedoch etwas durchsichtig, sodass Mike sehen konnte, dass auf seiner Brust diese Aufkleber klebten, die Dinge wie deinen Herzschlag messen. Die Kabel, die daran angebracht waren liefen zu einer Maschine neben Wills Bett, die ein Piepsen in etwa einsekündigen Abständen von sich gab. An seinem linken Zeigefinger war ein Pulsmesser, dessen Kabel zur selben Maschine führte.
Mike versuchte sich den Schmerz seinen Freund so zu sehen nicht anmerken zu lassen. Er schluckte und setzte dann wieder sein Lächeln auf. "Hey, Byers." Langsam lief er auf das Bett zu. "Wie geht's dir?" Er traute sich nicht sich auf das Bett zu setzen. "Ich würde ja gut sagen aber...sieh mich an." Will sah an sich herunter. Sein Freund nickte. Er griff nach Wills kleiner Hand. "Du wirst doch wieder, oder? Hat dein Arzt irgendwas gesagt?" Er schüttelte den Kopf. "Er war noch nicht hier seit ich wach bin. Aber Mum hat schon eine Krankenschwester gerufen. Du kennst sie ja; macht sich immer Sorgen um alles..." Für einen Moment war es still zwischen den beiden Jungs. "Du hast meine erste Frage nicht beantwortet.", sagte Mike ruhig. "Was?" "Ich hab dich gefragt ob du wieder wirst." "Oh..." "Also? Was denkst du?" Will drehte den Kopf weg von Mike. "K-Klar. Ich meine...ich bin zwar kein Arzt, aber ich werde schon nicht gleich abkratzen." Mike lächelte. "Gut." Er setzte ich neben Will und legte einen Arm um ihn. "Sehr sehr gut..." Will drehte seinen Kopf wieder zu Mike. Ihre beiden Gesichter waren nun direkt voreinander. Mike beugte sich etwas vor und gab Will einen zärtlichen Kuss. "Ich liebe dich, Will." Der Angesprochene errötete leicht. "Ich liebe dich auch."
Hey Leute :) Es tut mir leid, dass schon wieder so lange nichts kam, aber ich hatte ziemlichen Stress zu Ende des Schuljahres hin. Jetzt sind aber endlich Ferien, was bedeutet, dass ich wieder mehr Zeit zum schreiben habe. Also seid gespannt auf das was kommt ;)
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The Way You Make Me Feel || Mike + Will (Byler)
Fanfiction1985 verließen die Byers' Hawkins um in New York neu anzufangen und die schlechten Erinnerungen zu vergessen. Als Mike und Will sich 6 Jahre später per Zufall wieder treffen, kommen alte Gefühle wieder hoch und alte Wunden werden wieder aufgekratzt...