Kapitel 14: Cayden

96 8 0
                                    

Fassungslos schaute ich zu Boden. Vor mir lag die Frau, die vor ein paar Sekunden noch verzweifelt geschrien hatte. Nun lag sie leblos vor meinen Füßen. Ihre Augen waren geschlossen. Es sah fast so aus, als ob sie schlafen würde. Ihr Gesicht sah entspannt aus, doch ihre Klamotten waren mit ihrem eigenen Blut verschmiert.

Eine ruhige und unheimlich stille Aura umgab sie. Ich bekam eine Gästehaut und konnte immer noch nicht glauben was ich getan hatte.

Ich fiel auf die Knie und spürte, dass mein Herz wie wild in meiner Brust klopfte. Ich bekam kaum noch mit wo ich mich befand und konnte die beruhigenden Geräusche des Waldes nicht mehr wahrnehmen.

In meinen Gedanken spielte ich alles, was gerade geschehen war immer wieder ab. Ich schaute auf die Hand der Frau. Auf die Stelle an ihrem Handgelenk wo die zwei kreisrunden Wunden zu sehen waren, die meine Zähne in ihrer Haut hinterlassen hatten. Langsam fühlte ich mit meiner Zunge an meiner oberen Zahnreihe entlang, doch alles war so, wie es sein sollte. Dann nahm ich den seltsam metallischen Geschmack in meinem Mund wahr.

Blut.

Das war es also, worauf ich die ganze Zeit schon Hunger gehabt hatte. Mit meiner Hand strich ich leicht über die Bisswunden und etwas von ihrem Blut blieb an meinen Fingern kleben. Ich sah mir meine Hand an. Dann bewegte ich sie langsam zu meiner Nase und roch daran. Einen besonderen Geruch hatte es nicht und als ich meine Finger ableckte, bemerkte ich, dass ich satt war. Ich stand auf, dachte nicht lange nach und ging schnell wieder zurück nach Hause. Ich bekam Angst. Was würde man wohl mit mir machen,  wenn irgendjemand herausfindet, dass ich vor ein paar Minuten einen unschuldigen Menschen umgebracht hatte?

Dann kam mir ein anderer Gedanke. Was taten die Angehörigen, wenn sie erfahren, dass diese Frau umgebracht wurde. Ich erinnerte mich an den Tag als meine Mutter für tot erklärt wurde. Ich war fünf Tage immer nur zum Essen aus meinem Zimmer gekommen und hatte ununterbrochen geweint.

Ob diese Frau auch ein Kind hatte?

Ich versuchte das alles aus meinen Gedanken zu vertreiben, doch es gelang mir nicht. Es würde sicherlich nicht lange dauern bis man sie fand.

Ich konnte unser Haus schon sehen und war froh endlich aus dem Wald heraus zu kommen.

Ich ging durch die Haustür und zog meine Schuhe aus. Dann betrachtete ich sie nochmal und stellte fest, dass sich zum Glück kein Blut auf ihnen befand. Als ich mich jedoch im Spiegel betrachtete sah ich, dass meine Jacke leider nicht so viel Glück hatte. Ich ließ sie an und ging ganz schnell nach oben nachdem ich

,, Ich bin wieder da! "

in Richtung Küche gerufen hatte, aus  der ich das knistern der Zeitung hörte, die mein Vater gerade anscheinend las. Als ich oben angekommen war, verschwand ich in meinem Zimmer, zog die Jacke aus und hängte sie in meinen Schrank zwischen die Klamotten, die ich selten anzog. Ich wollte sie nicht auswaschen, da ich sonst viel zu viel Wasser verbrauchen würde.

Ich beschloss einfach die ganze Sache so gut es ging zu vergessen und abzuwarten bis man die Frau fand. Vielleicht hatte ich ja auch Glück und die Leute denken, dass sie von irgendeinem wilden Tier angegriffen wurde. Dann wäre es ein Unfall und niemand wird bestraft.

Mit dem Gedanken war ich ganz zufrieden und ging nach unten. Ich tat einfach das, was ich jeden Tag tat. Ich setzte mich neben meinen Vater an den Küchentisch und nahm mir einen Teil der Zeitung um ihn gründlich durchzulesen, doch so ganz schaffte ich es einfach nicht die Frau zu vergessen.

frozen fireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt