Kapitel 11: Cayden

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Die kühle und frische Luft tat mir sehr gut. Ich atmete sie tief ein. Der wald hatte immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Die Vögel zwitscherten friedlich und wenn der Wind wehte, raschelten die Blätter leise.

Ich ging nicht den normalen Weg entlang, den jeder nahm und auf dem schon gar keine Blätter mehr lagen, sondern nur noch platt getrampelte Erde zu sehen war. Ich ging quer durch den Wald. Meine ganz eigene Strecke entlang. Ich wusste nie, wohin ich gehen würde. Obwohl ich den ganzen Wald schon in und auswendig kannte, versuchte ich immer einen anderen Weg zu nehmen.

Dieses mal lief ich erst eine weile parallel zum üblichen Weg und bog nach einiger Zeit schräg nach rechts ab. Die Bäume standen num immer weiter auseinander und irgendwann kam ich an einer kleinen, unbekannten Lichtung an.

In dem hohen Gras waren viele kleine Wassertropfen, die im Sonnenlicht glitzerten. Es war wunderschön. Ich war noch nie hier gewesen, obwohl ich sehr oft durch den Wald ging. Einige Bäume waren am Rand der Wiese, wahrscheinlich bei einem Sturm umgekippt. Ich ging zu einem der Baumstämme und setzte mich an eine Stelle, wo die Äste nicht so dicht waren. Der Baumstamm war schön trocken,  sodass meine Hose glücklicherweise nicht nass wurde. Ich sah mich genauer um. Ich hatte immer noch fürchterlichen Hunger und dachte nochmal darüber nach, was ich vielleicht essen wollte. Ich ging alles in meinem Kopf durch. Damit ich nicht den Überblick verlor, fing ich bei a an. Apfel, Ananas, Auberginen, Auflauf... Nach einer gefühlten halben Stunde war ich bei z angekommen.

Leider ohne Ergebnis. Mir fiel es einfach nicht ein.

Ich stand auf und verließ die Lichtung unentschlossen wieder. Dabei versprach ich mir unbedingt wieder hier her zu kommen. Ich ging den Weg, von dem ich gekommen war, wieder zurück. Es war etwas wärmer geworden und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke auf. Ich ging auf dem normalen, plattgetrampelten Weg weiter, damit ich wieder nach Hause finden konnte, denn mein Orientierungssinn war nicht sehr zuverlässig. Ich hörte, dass mir Personen entgegen kamen, denn von vorne hörte ich jemanden reden. Außerdem bellte ein Hund und wahrscheinlich redete die Person mit dem Hund, denn ich konnte nur eine Stimme erkennen. Jetzt sah ich in ca. 500 Meter Entfernung eine hochgewachsene Frau in mittleren Jahren mit einem kleinen Hund, der wild um sie herum sprang. Sie bückte sich zu ihm herunter und legte ihm eine Stoffleine an. Nun ging er brav neben ihr her. Sie kamen immer näher und als sie nur noch ungefähr 100 Meter entfernt war, knurrte mein Magen wieder. Verwundert stellte ich fest, dass ich einen wundervollen Duft riechen konnte, aber nicht wusste, was es war. Je näher die Frau kam, desto stärker wurde der Geruch.

Als sie direkt neben mir stand, blieb sie stehen und ich stoppte auch automatisch.

,,Hallo!",

begrüßte sie mich freundlich und ich sagte ebenfalls Hallo.

,, Die Luft ist ja heute sehr angenehm. Gehen sie öfter hier her?"

Ich konnte mich gar nicht mehr auf ihre Worte konzentrieren, denn der Geruch war überwältigend. Automatisch streckte ich meinen Arm aus und hielt die Frau am Handgelenk fest. Dann ging ich einen Schritt näher auf sie zu und drückte mit der Hand fester zu, sodass sie ein Geräusch machte, das mir verriet, dass ich ihr anscheinend weh tat. Ohne darüber nachzudenken, hob ich ihre Hand hoch und bewegte sie langsam zu meinem Mund. Die Frau guckte erschrocken, als ich meinen Mund öffnete. Ich verstand erst nicht warum, bis ich mit meiner Zunge an meiner oberen Zahnreihe entlangfuhr und bemerkte, dass meine Eckzähne auf einmal ungefähr einen halben Zentimeter länger waren. Ich wunderte mich irgendwie nicht darüber und schlug dann die Zähne in das dünne Handgelenk. Die Frau schrie auf. Die warme Flüssigkeit verteilte sich in meinem Mund und ich trank hastig.

Ich konnte die Schreie kaum noch hören. Ich konnte nicht aufhören, obwohl meine innere Stimme mir sagte, dass ich aufhören musste. Doch ich hörte nicht auf mich und trank einfach weiter, bis die Frau nach vorne in meine Arme kippte und ich bemerkte, dass ich einen riesigen Fehler gemacht hatte.

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