Kapitel 6

24 3 9
                                    

»Cara!«
Sie reißt freudig die Augen auf und umarmt mich kreischend.
»Omg, Tess! Ich hab dich soooo vermisst!!«
»Ich dich auch!«, nuschle ich an ihren Hals, da sie mich um fast einen Kopf überragt.
Und wie ich sie vermisst hatte!
Wir halten uns noch einige Momente in den Armen, bevor wir uns wieder loslassen müssen, da wir sonst beide keine Luft mehr bekommen hätten.
Breit lächelnd schaut sie mich an.
Und zieht mich dann mit in die zweite Reihe, wo sie uns beiden schon einen Tisch reserviert hat.
Ich werfe meinen Rucksack auf den Tisch und werde im nächsten Moment auch schon von hinten von der nächsten umschlungen.
»Heyy«, begrüße ich nun auch Shari.
»Hey! Ich bin soo froh, dass die Ferien endlich vorbei sind! Das glaubst du mir gar nicht! Als ihr zwei im Urlaub wart, durfte ich die ganzen letzten zwei Wochen auf meine kleine Schwester aufpassen und es war sooo anstrengend...«, fängt sie an zu erzählen.
Lächelnd schaue ich zu Cara, die mich ebenfalls angrinst.
Gleichzeitig verdrehen wir die Augen.
Wenn Shari einmal richtig in Fahrt ist, kann sie niemand mehr bremsen.
Während sie immer noch ausführlich über die Ferien berichtet, schaue ich mich um und sehe dann auch Milan, der mir lächelnd zunickt, was ich ihm gleich tue.
In der Schule stehen wir zwar ab und zu in den Pausen zusammen, aber in unserer Freizeit haben wir eindeutig mehr Kontakt.
Mein Blick streift Yuna, die mich mit einem leichten Lächeln wahrnimmt und dann auf mich zukommt.
Wir umarmen uns kurz.
»Hey.«
»Hey.«
»Alles ok?«, frage ich sie.
»Joa und bei dir?«
Ich schaue sie mit hochgezogener Augenbraue an.
Ich kenne sie und weiß genau, wenn etwas nicht stimmt. Und hier stimmt etwas nicht.
»Wirklich«, sagt sie nochmal mit Nachdruck.
Ich nicke.
Wenn sie es mir sagen will, sagt sie es mir. Wenn ich sie bedränge, dann schaltet sie eh nur auf stumm.
Ich dachte eine zeitlang mal, sie wäre meine beste Freundin. Doch mittlerweile kenne ich sie besser und sie gehört für mich zu der Sorte Freundin, mit der ich viel Spaß habe, wenn ich etwas mit ihr unternehme.
Aber zu einer richtigen Freundin gehört für mich auch, dass ich ihr etwas anvertrauen kann und auch sie mir Sachen anvertraut.
Und das machen wir jetzt schon seit einiger Zeit nicht mehr - nach den ganzen unnötigen Streits, die meist durch ihre selbstverliebte Art ausgelöst wurden.
Aber egal, ich will da jetzt nicht drüber nachdenken.
Ich habe mir geschworen, keine negativen Gedanken mehr für so jemanden zu verschwenden.
Ich habe damit abgeschlossen.
Basta.
Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich ihr sowas wie das mit Shane nicht anvertrauen kann.
Und das werde ich auch nicht.
»Ok«, erwidere ich also nur.
Sie lächelt und geht dann wieder zurück zu ihrem Platz neben Ann.
Ich drehe mich ebenfalls um und laufe zurück zu Shari und Cara.
Gerade als ich mich hinsetze, werden die Gespräche plötzlich leiser.
Ich drehe mich zum Lehrerpult und erkenne einen Mann mittleren Alters, der uns mit einem lauten »Guten Morgen« begrüßt.
Die Klasse wird ruhig.
»Sieht ganz nett aus«, flüstert Shari mir zu.
Ich nicke.
Er hat freundliche Augen, etwas zerzauste Haare und trägt eine runde Brille, lässige Kleidung.
»Mein Name ist Seiler und ich bin euer Tutor für die letzten Jahre vor dem ABI. Falls es Probleme in der Klasse gibt, könnt ihr jederzeit zu mir kommen. Allerdings werdet ihr nicht viel Zeit als Klasse verbringen, weil ihr ja verschiedene LKs und so weiter gewählt habt. Allerdings werden wir uns alle acht Wochen zusammen setzen und über Organisatorisches reden und natürlich fahren wir zusammen auf Abschlussfahrt.
Aber dazu ein anderes Mal mehr.
So das war's auch schon von mir. Ich teile euch jetzt eure Stundenpläne aus und bitte euch dann auch direkt zu euren Kursen zugehen. Wir legen direkt mit Unterricht los«, erklärt er enthusiastisch, was von der gesamten Klassen mit einem Stöhnen kommentiert wird.
Er teilt die Pläne aus und der Raum leert sich langsam.
Zuletzt kommt er zu mir und drückt mir endlich meinen Plan in die Hand.
Ich werfe einen kurzen Blick darauf und eile dann nach draußen, wo Cara, Shari, Yuna und Malik auf mich warten.
»Hat irgendjemand jetzt auch in Raum 295?«, frage ich in die Runde.
»Nö«, kommt es im Chor von allen.
Na toll.
War ja klar, dass niemand sonst Chemie LK nimmt.
»Ich hab in 256«, meint Shari.
»Ich auch«, freut sich Yuna.
»Du?«
Ich blicke Cara fragend an.
»167«
»Ich auch!«, erwidert Milan.

Alle machen sich auf den Weg zu ihren Räumen.
Ich stöhne.
Na toll, darf ich jetzt immer alleine durch die Schule laufen oder was.
Ich mache mich auf den Weg zum Chemieraum und setzte mich auf den letzten freien Platz.
Natürlich in der ersten Reihe.
Kann es eigentlich noch besser werden?!
Und wie soll ich bitte alleine Chemie überstehen?
Ich meine, ich liebe das Fach, aber ohne die zwei ist es einfach langweilig.
Ich werfe einen Blick nach hinten.
Oh, nein.
Doch nicht langweilig!
Ganz und gar nicht.

Bitte, lass uns Freunde bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt