»Was soll das heißen, du hast mir einen Job besorgt?«
Lauren und ich waren gerade dabei, das Kistenchaos auf der Veranda zu beseitigen, als sie mich mit ihrer Ankündigung überrascht. Vor Schreck lasse ich eine der Schachteln fallen. »Wieso besorgst du mir einen Job?«
Ohne mich vorher zu fragen, hätte ich am liebsten vorwurfsvoll hinzugefügt.
»Du wolltest doch einen Job«, sagt Lauren achselzuckend und faltet eine der leeren Kisten zusammen. »Vor ein paar Monaten hast du eine Bewerbung nach der anderen verschickt.«
»Ja, in Manhattan. Zusammen mit Sam.« Wir wollten für einen Helikopterflug sparen und im Sommer einen Rundflug über die Stadt machen. Diese Flüge sind schweineteuer.
»Du kannst auch ohne Sam arbeiten.«
»Ich will aber nicht ohne Sam arbeiten«, wehre ich trotzig ab. »Ich muss schon ohne ihn zur Schule gehen und sehe ihn auch so schon kaum. Wann soll ich denn in die Stadt fahren, wenn ich einen Job habe?«
Ein Anflug von schlechten Gewissen blitzt in Laurens hellbraunen Augen auf und ich verstehe plötzlich.
»Darum geht es oder?«, frage ich nun doch mit vorwurfsvollem Ton. »Du willst nicht, dass ich in die Stadt fahre.«
Lauren seufzt und stellt die gefalteten Kartons an die Wand, um mich anzusehen. »Ich halte es einfach für besser, wenn du der Stadt noch eine Weile fernbleibst.«
»Und der Job soll mich beschäftigt halten, oder was?« Ich schnaube. »Glaubst du wirklich, damit kannst du verhindern, dass ich meinen besten Freund sehen will? Sam gehört für mich zur Familie, Lauren. Du kannst mich nicht von ihm fernhalten.«
»Das habe ich auch nicht vor, Schatz«, lenkt sie sanft ein. Ein paar blonde Strähnen haben sich aus ihrem Dutt gelöst und flattern unruhig im Wind. »Sam kann uns jederzeit besuchen kommen und ich verspreche dir, dass ihr euch auch weiterhin sehen werdet. Nur nicht in Manhattan. Nicht in nächster Zeit.«
Ich will widersprechen. Ich will laut 'wann dann?' schreien und mit Sachen werfen wie ein Kleinkind, damit sie sieht, wie ich mich dabei fühle, wenn sie mich von meinem besten Freund fernhält. Ich will von der Veranda stürmen und einen Bus nach Manhattan nehmen, wo ich mich in Sams Arme werfen und über mein Leben schimpfen will. Aber ich mache nichts davon. Ich widerspreche nicht. Ich schreie nicht. Und ich stürme nicht davon. Obwohl ich wütend und enttäuscht bin, kommen keine Widerworte über meine Lippen.
Das hätte die alte Amara getan. Sie hätte sich lautstark über die Engstirnigkeit ihrer Pflegemutter aufgeregt und mit Sarkasmus um sich geworfen bis Lauren nur noch die Augen verdreht hätte. Aber die neue Amara ist anders. Die neue Amara weiß, wie sie sich beherrschen muss und hat sich vorgenommen, Lauren nicht wieder gegen sich aufzubringen.
»Schön«, ist deshalb alles, was die neue Amara dazu zu sagen hat.
Innerlich um Fassung ringend und um ein Lächeln bemüht, frage ich schließlich: »Was ist das für ein Job?«
Wenn sie jetzt Babysitten oder Hunde ausführen sagt, fange ich vielleicht doch noch an zu schreien.
Ihre Antwort ist noch viel schlimmer. »Es gibt da dieses nette Diner - «
»Nein.« Ich unterbreche sie, bevor sie den Satz beenden kann.
»Es ist in der Nähe der Schule und du - «
»Nein.« Meine Stimme ist fest. Bestimmend.
Lauren seufzt. »Amara ... «
»Ich kann nicht kellnern!« Wie stellt sie sich das bitte vor?
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Pandora's Box
ParanormalEr flüchtet vor seinem Schicksal. Sie weiß nicht einmal, dass sie ein Teil davon ist. Wer ist der geheimnisvolle Typ mit der düster-gefährlichen Ausstrahlung, der Amara nachts auf der Straße vor einem Angreifer rettet? Und was haben die Schatten z...