Ich hasste es so sehr. Langsam drehte ich mich um und griff nach dem nervig klingelten Wecker. Noch total verschlafen musste ich mich praktisch aus dem Bett quälen, denn ich hatte keine Lust aufzustehen, keine Lust auf die Schule, keine Lust auf die Lehrer und Schüler, keine Lust das alles acht Stunden zu ertragen und vor allem hatte ich keine Lust danach wieder nach Hause zu gehen. Auch wenn dies mein erster Tag in dieser vorbereitenden Bildungsmaßnahme sein würde, hatte ich jetzt schon keine Lust. Auf dem Weg ins Bad, mit der Kleidung, die ich mir zu Recht gelegt hatte, genoss ich die Stille, die das Haus beherrschte, denn genau diese Stille hüllte mich in einen inneren Frieden und in eine innere Sicherheit. Unter der Dusche musste ich darauf achten die Zeit nicht zu vergessen, auch wenn die warmen Wasserstrahlen auf meiner Haut so unendlich gut taten. Ich schaute auf die kleine Uhr im Badezimmer und musste mehr übel als wohl das Duschen beenden. Vor dem Spiegel angelangt putzte ich mir die Zähne und begutachtete mein Gesicht. Es klang albern, aber ich sah mich gerne im Spiegel an, denn mein Gesicht war das Einzige, was die Jahre über unversehrt blieb. Aber je länger ich darüber nachdachte, sah ich mich selbst mit einem Todesblick an, der aus meinen grünen Augen nur so funkelte. Schnell kämmte ich mir meine schwarzen Haare und fixierte meinen Seitenscheitel mit etwas Haarspray, zog mich an und horchte noch einmal in die Stille, ehe ich die Haustür hinter mir zuzog.
Ich hatte Glück in der Nähe des Bahnhofs zu wohnen, so gelangte ich schnell zu meinem Zug. Der erste Weg aber, führte in meine Hosentasche zu der Zigarettenschachtel und dem Feuerzeug. Und während ich darüber nachdachte, wie der Tag so werden könnte, freute ich mich doch über diese Maßnahme, denn so konnte ich acht Stunden dem Grauen, das in diesem Haus das Leben genoss, entgehen. Gemütlich rauchte ich meine Zigarette, bevor ich mich zu meinem Bahnsteig begab. Er war relativ leer, vereinzelt warteten ein paar Leute auf ihren Zug. Auffällig war nur eine kleine Gruppe Teenager. Ein Mädchen in Gothickleidung und blauen Haaren, ein ziemlich großer Junge mit einer Elvis - Frisur und ein blondes Mädchen mit sehr hohen Schuhen. Alle stiegen sie in denselben Zug wie ich. An der Schule, die sich direkt bei den Bahnsteigen befand, angekommen, bemerkte ich, dass der große Junge und das blau - haarige Mädchen ebenfalls ausstiegen. Sie gehen wohl auch auf meine Schule.
Von Anfang an war deutlich zu erkennen, dass dies keine normale Schule war. Die Schule befand sich in einem alten Bahnhofsgebäude und die Räumlichkeiten wurden von einer Jugendhilfe zur Verfügung gestellt. Vor der weißen Eingangstür standen mehrere Jugendliche und rauchten eine Zigarette vor dem Unterricht, was darauf hinwies, dass man hier anscheinend rauchen durfte. Also stellte ich mich etwas abseits und zündete mir selbst eine Zigarette an. Ich persönlich vermied es, so gut es nur ging, jeglichen Umgang mit anderen Menschen. Von draußen konnte man den ersten Raum durch die Glasscheiben der Eingangstür sehen. Im vorderen Bereich auf der linken Seite befanden sich drei Tischreihen, blickte man geradeaus konnte man noch eine große Tür entdecken, die der Eingangstür glich und hinter der sich ein Büro befand, auf der rechten Seite stand ein Arbeitstresen, hinter dem man eine kleine Küchenzeile erblicken konnte. Nachdem die anderen rein gegangen waren, ging ich zu dem kleinen Mülleimer, den ein Aschenbecher zierte, um meine Zigarette zu löschen. Mein erster Weg führte mich zum Büro, wo mich ein Gespräch mit dem Bildungsleiter Herr Davids erwartet. Vorsichtig klopfte ich an der Tür und trat erst herein, als mir ein Winken die Erlaubnis hineinzutreten deutete.
Herr Davids richtete sich auf, reichte mir die Hand und deutete mir mich zu setzen. „Guten Morgen Mister Balflour, es freut mich, dass Sie so gut hierher gefunden haben. Also normalerweise durchlaufen neue Mitschüler alle drei Klassen jeweils drei Tagen lang und schauen sich das Programm an, um herauszufinden, was ihnen liegt. Aber im Erstgespräch erwähnten Sie Ja bereits, dass Sie ausschließlich in die HoGa Gruppe möchten. Habe ich das so richtig vernommen?"
Es war schwer Herrn Davids Aussagen zu folgen, denn er wackelte beim Sprechen mit dem Kopf, wie diese Wackeldackel als Dekoration für Autos. Er war schon relativ alt, hatte viele Leberflecke und eine halbrunde Glatze.
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Dunkelheit und Licht
RomanceDylan Balflour ist 17 Jahre alt und hat es alles andere als leicht. Dank seinem Vater durchlebt er die gefühlte Hölle, doch interessiert es diesen gar nicht. Er schwört sich irgendwann genau alldem zu entfliehen und sein Leben zu leben. Doch bis jet...