War es vielleicht falsch gewesen ihn einfach da stehen zu lassen? Ja war es. Er hatte mir geholfen und ich war einfach gegangen. Nicht mal richtig bedankt hatte ich mich. Aber das war ja auch grotesk. Ich meinte nie hätte ich geglaubt das Collin, Collin Brookstone mir half. Seufzend nahm ich mir eine Kiste Bier und begab mich zur Kasse. Vielleicht hatte ich ja Glück und er stand immer noch draußen, auch wenn ich dieses stark bezweifelte. Die Dame an der Kasse unterbrach ich barsch mit einem Nein, als sie schon fast hysterisch fragte, ob ich irgendwelche Hilfe benötigte. Schnell zahlte ich und ging doch etwas hoffnungsvoll hinaus. Natürlich war er nicht mehr da. Wie konnte ich nur denken er würde noch da stehen?
Worauf hätte er denn bitte warten sollen?
Und selbst wenn er jetzt noch da stünde.
Wie hätte ich mich verhalten sollen?
Was hätte ich schon großartig sagen sollen?
Seufzend machte ich mich auf den Weg nach Hause, wo mich wahrscheinlich der nächste Ärger erwartete. Ich war immerhin ziemlich schon ziemlich lange weg. Aber ich konnte doch nichts dafür. Ich hatte mir ja schließlich nicht selbst auf die Nase gehauen. Mit zittrigen Händen steckte ich den Schlüssel ins Loch, drehte ihn um und trat herein.
Stille. Verwundert stellte ich die Kiste neben der Tür ab und lief durch die Wohnung. Immer noch keiner da. Ein schlechtes Gefühl übermannte mich und mein Magen verkrampfte sich.
Was wenn meiner Mutter etwas passiert war?
Dann war ich alleine mit ihm. MIT IHM! Der Gedanke alleine versetzte mich in eine unglaubliche Panik. Dennoch, auch wenn es vielleicht egoistisch war, nutzte ich die Chance noch so viel zu essen wie ich konnte, ich wusste ja, wie es hier zuging. Danach wusste ich auf einmal nichts mehr mit mir anzufangen.
Mir stellte sich die Frage, wer ich war?
Kaum hatte ich meine ersehnte Ruhe, stand ich mitten im Raum und hatte keine Ahnung, was ich jetzt machen sollte. Ich hatte aber Angst bei irgendeiner Kleinigkeit erwischt zu werden, wenn ich jetzt irgendwas in "meinem" Zuhause machen würde. Das, wenn ich jetzt auch mal Fernsehen würde, er rein kam und es sah. Ich wollte gar nicht wissen was ihm dann noch alles einfallen würde.
Ich entschied erst mal ausgiebig zu duschen, doch auch danach hatte ich keine Ahnung, was ich tun sollte. Zum Schlafen war ich zu aufgewühlt, da ich meistens den ganzen Tag nur schlief. Na ja ich hatte auch meistens nur Albträume und bemühte mich so viel Schlaf wie möglich zu ergattern aber die Angst, dass ich in kurzer Zeit nur noch allein mit ihm sein könnte ließ mich hellwach verbleiben.
Seufzend saß ich im Wohnzimmer vor die Heizung. Ich schlang meine Arme um meine Knie und legte meinen Kopf auf diese. Gebannt starrte ich durch den Flur auf unsere Tür und wartete. Wartete dass er mit ihr wieder kam. Hoffte dass alles gut war. Doch die Angst, dass es nicht so sein könnte, schnürte mir die Kehle zu. Irgendwann musste ich weg gedöst sein, denn als die Tür mit einem lauten Knall geschlossen wurde, schreckte ich hoch. So schnell, wie ich den Kopf herumriss, hatte ich mir bestimmt was gezerrt. In Gedanken rieb ich mir den Nacken als mir etwas Entschiedenes auffiel. Er kam ALLEINE. Ich hatte das Gefühl nicht mehr Atmen zu können, einen Herzinfarkt zu erleiden.
Warum war er alleine?
Wo war meine Mutter?
Plötzlich japste ich nach Luft. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich sie angehalten hatte. Reinste Panik spiegelte sich in meinen Augen wieder, als diese auf die meines Vaters trafen. Ich konnte den Blick nicht deuten, aber er gefiel mir ganz und gar nicht. Wirklich nicht. Tüten? Seit wann ging der alleine und freiwillig kaufen. Doch ein Gefühl sagte mir, dass ich lieber nicht wissen wollte, welcher Inhalt diese Tüten füllte. Ich schluckte, stand mit zitterten Beinen auf und nahm meinen ganzen Mut, woher auch immer der kam, zusammen:„ Wo ist Mama?"
Ein Kloß, ein riesiger Kloß bildete sich in meinem Hals noch ehe ich die Antwort kannte.
„Sie ist ist in Reha, hat sie dir nichts gesagt?", er lachte, lachte gehässig und sah mich genauso an. Ich war allein mit ihm. Ich hatte keine Chance. Ich konnte nichts tun. Dennoch erwartete er tatsächlich eine Antwort auf diese Frage. Mit den Tränen am Kämpfen schüttelte ich den Kopf.
Wie konnte sie nur?
Wie konnte sie mich nur mit diesem Sack alleine lassen?
Wie konnte sie nur? Wie, wie, wie, wie, WIE NUR?
Ich verstand es nicht, konnte es nicht verstehen, wollte es einfach nicht verstehen. Plötzlich drang ein ekelhafter Gestank durch meine Nase, dass ich ein Würgen nur schwerfällig unterdrücken konnte. Er hockte genau vor mir, mit seinem Gesicht nur wenige Zentimeter entfernt und grinste mich dreckig an.
„Wir werden die nächsten Wochen noch ganz viel Spaß haben Dylan."
Ich schluckte. Das konnte er doch nicht ernst meinen. Ich bettete zu Gott, dass er es nicht ernst meinte, doch auch dieser Gedanke wurde jäh unterbrochen. Ein fester Griff an meinem Kiefer lies mich Aufsehen.
„Du freust dich doch sicher auch schon auf den Spaß, den wir zusammen haben werden oder Dylan?", fragte er mich scheinheilig freundlich und wollte dennoch ernsthaft eine Antwort von mir. Entweder ich verneinte und machte alles schlimmer oder ich bejahte und könnte es alles vielleicht ein wenig herauszögern. Ich schluckte. Der Gedanke das ernsthaft zu bejahen ekelte mich an. Abwartend sah er mir in die Augen, während sich sein Griff an meinem Kiefer verstärkte. Schnell nickte ich, so gut es ging. Anscheinend zufrieden mit der Antwort wandte er sich von mir ab. Ich blieb sitzen, wo ich war, hatte zu viel Angst mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Plötzlich stand er vor mir und hielt mir eine offene Bierflasche hin: „Trink!"
Entgeistert starrte ich auf die Flasche. Ich sollte trinken. Zögerlich griff ich nach dem Bier. Allein der Geruch meißelte mir den Ekel ins Gesicht. Abwartend sah er mich an. Unsicher und nur sehr langsam setzte ich die Flasche an, nahm sie aber wieder weg und schüttelte nur schüchtern den Kopf. Ich konnte es nicht. Allerdings war er da anderer Meinung. Mit einem Mal setzte er die Flasche an und hielt mir die Nase zu. Langsam benetzte die Flüssigkeit meine Lippen, die ich zusammenpresste, und lief mein Kinn hinab zu Boden. Da ich langsam aber sicher keine Luft mehr bekam, öffnete ich hektisch meinen Mund und nahm automatisch einen großen Schluck dieser widerlichen Gesöffs. Er ließ von mir ab und lachte. Augenblicklich schnellten meine Hände zu meinem Mund und ich hustete, was das Zeug hielt, in der Hoffnung endlich wieder den so ersehnten Sauerstoff in meine Lungen führen zu können. Tränen traten mir in die Augenwinkel und meine Lunge brannte höllisch, aber wenigstens hatte ich es geschafft, nicht mehr zu husten und wieder vernünftig zu atmen.
„Leck es auf!", zeigte er auf das Bier am Boden. Aus Reflex schüttelte ich angewidert den Kopf. Doch diese Reaktion passte ihm gar nicht...
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Dunkelheit und Licht
RomanceDylan Balflour ist 17 Jahre alt und hat es alles andere als leicht. Dank seinem Vater durchlebt er die gefühlte Hölle, doch interessiert es diesen gar nicht. Er schwört sich irgendwann genau alldem zu entfliehen und sein Leben zu leben. Doch bis jet...