Sommer unter Segeln 2

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Zehn Minuten später sitzt Nicole auf einem Mauervorsprung am Strand mit Fabian - FABIAN! Sagt der Name nicht schon alles? - und wringt sich ihre braunen, langen, jetzt nassen und salzigen Haare aus. Fabian, der Deutsche aus dem Bäcker, scheint bis auf sein freches, plötzliches Auftauchen ganz sympathisch, aber jetzt bereut Nicole es schon, sich zu ihm gesetzt zu haben. Immer wieder streicht er sich mit der Hand durch die Haare und stellt seine Muskeln auffällig zur Schau. Was für ein Angeber! Zugegeben, er hat schon einiges zu bieten, mit den sonnengebleichten, braun-blonden Haaren und dem gut trainierten Körper aber Nicole wünscht sich immer mehr auf ihre Luftmatratze zurück. Durch ein bisschen Smalltalk findet sie heraus, dass er 17 Jahre alt  und auch mit seinen Eltern den Sommer über segeln ist.
"Hast du einen Freund?"
Nicole würde am liebsten aufstehen und gehen. Was sollte diese Frage? Sie hatte ihn schon fast nett gefunden, aber mit diesem Satz ist er wieder auf Angeber-Macho-Fuckboy-Niveau gesunken.
"Nein."
"Aber sicher viele Verehrer. Bei so einem süßen Mädchen" Er zwinkert frech. Jetzt flirtet er auch noch offensiv. Nicole verdreht die Augen. Für sowas war sie viel zu genervt von dem heutigen Vormittag! Fabian, der ihren Blick bemerkt, hakt nach: "Kannst du nicht mit Komplimenten umgehen, oder was?" Noch so ein dummer Kommentar und sie steht auf und geht, nimmt Nicole sich vor. Sie überlegt, ob sie das überhaupt machen kann, oder wäre das zu unverschämt? Als Antwort zuckt sie mit den Schultern. "Ooooh, hübsch und verschwiegen! Oder schüchtern? Vielleicht verklemmt?" Jetzt reicht es! Nicole weiß nicht, ob sie ihm lieber eine bissige Antwort an den Kopf schleudern, oder einfach ihre Sachen nehmen und gehen soll. Ihr fällt nichts passendes ein, also steht sie auf. Peinlicher Moment. Glücklicher Weise wird das unangenehme Schweigen, als Fabian sie verwirrt ansieht, durchbrochen. Sein Handy klingelt. Sein IPhone. Natürlich das neueste. Während Fabian, dem was sie aufschnappt nach, mit seinem Vater telefoniert, sammelt Nicole ihr Handtuch und den Rest, der noch verteilt da lag, in ihre Tasche. Ihr Blick fällt auf die Sonnencreme. Natürlich hatte sie es wieder einmal vergessen. Sie hofft, keinen Sonnenbrand zu bekommen, aber glaubt nicht daran, bei dem Glück, das sie heute schon hatte. Als er auflegt, erklärt Fabian, er müsse zurück zum Schiff. Dann wieder eingebildet durch die Haare fahren. Nicole atmet vor Erleichterung fast auf, hält sich aber doch lieber zurück. Sie gehen das Stück zum Hafen zusammen zurück, bis Fabian abbiegen muss. Er macht Anstalten sie zu umarmen, doch Nicole schaut wie zufällig gerade in ihre Tasche, um nach dem Schlüssel ihres Bootes zu suchen. Sie sollte Schauspielerin werden, so realistisch hat sie diese Szene gespielt, aber ihre Karriere platzt fast an ihrem grinsen, als sie seinen Versuch sieht, die beinahe-Umarmung zu vertuschen. Dabei streicht er sich natürlich wieder durch die Haare.
"Also dann, ciao." Nicole will es so kurz wie möglich halten.
"Hey du weißt, man sieht sich immer zwei mal im Leben, Nici!", sagt er mit einem breiten Lächeln und seinem charmanten Zwinkern, das sie so unaustehlich findet. Nici! Nicole hasst diesen Spitznamen. Und sie möchte ihm auch nicht noch einmal begegnen.
"Zu schade, dass wir uns heute schon zwei Mal getroffen haben.", entgegnet sie und legt extra viel Ironie in ihre Stimme. "Und nenn mich nicht Nici!"
"Ach, heute morgen zählt nicht, Nici. Keine Sorge wir treffen uns wieder!" Schnell, bevor sie noch etwas sagen kann, rennt Fabian davon. Nicole möchte sich umdrehen und gehen, trotzdem bleibt sie stehen und blickt diesem nervigen Jungen hinterher. Als hätte er es gewusst, dreht er sich noch um, grinst und winkt. Zum etlichsten mal verdreht Nicole die Augen und wendet sich endgültig ab. Sie überlegt ob es ungesund ist, vielleicht bekommt sie davon irgendeine Augenkrankheit, aber was kann sie dafür, dass um sie herum alle nerven müssen? Nicole's Gedanken schweifen wieder zu Fabian. Er ist der typische Mädchenschwarm und sie ärgert sich, kein Bild für ihre beste Freundin gemacht zu haben. Tamara und Nicole schicken sich immer Fotos von süßen Typen, wenn es geht. Tamara wäre begeistert, Fabian ist genau der Typ Junge, den sie anhimmeln würde. Den jeder anhimmeln würde. Nicole muss sich eingestehen, dass sie ihn vielleicht auch ein bisschen besser finden würde, wenn sie gut gelaunt wäre, aber darauf hat sie keine Lust. Sie wird noch tausende von Fabians kennenlernen und hoffentlich auch welche, die weniger angeberisch sind. Sie läuft den Weg zum Boot zurück, dann nimmt sie sich ihr Duschhandtuch, Kulturbeutel und frische Klamotten. Duschhandtuch, schön wär's. Es ist zwar nicht genauso schlimm wie die anderen, aber trotzdem nass und salzig. Frische Klamotten, das ist auch immer schwer zu definieren, aber Nicole findet ihren schwarzen Jumpsuit, der relativ unbenutzt aussieht und nimmt ihn mit zu den Duschen. Zwar ist der Hafen ziemlich klein, aber die sanitären Anlagen sind renoviert und Nicole vermisst sie jetzt schon, wenn sie morgen wieder weiter segeln. Man sollte dazu sagen, dass die Toiletten an Bord nicht gerade die hygenischsten sind.
Nach einer ausgiebigen Dusche legt sie sich mit ihrem Buch an Deck und endlich gelingt es ihr, alles andere abzuschalten und das Lesen zu genießen. Doch selbst das ist ihr nicht gegönnt. Nach einer viertel Stunde hört sie Anna laut lachen. Begeistert erzählt ihre kleine Schwester von dem Markt und dem wunderschönen Ort. Nicole will sie schon anfahren, sie in Ruhe lesen zu lassen, da zeigt Anna ihr ein paar Ohrringe.
"Die haben wir dir mitgebracht." Anna strahlt richtig und Nicole muss zugeben, dass der Schmuck genau ihr Geschmack ist. Kleine, silberne Flip Flops, perfekt passend zu Ihrem Sommerurlaub und einem Strandkleid. Fast ein bisschen beschämt über ihre düsteren Gedanken, murmelt sie ein " Danke" und probiert die Ohrstecker direkt an. Ein Blick auf ihre Eltern und sie könnte schon wieder die Augen verdrehen. Ihre Gesichtsausdrücke sagen "Oh was für eine schöne Harmonie zwischen den beiden. Fast ein Herz und eine Seele" Als ihre Mutter dann noch ihre Kamera für ein Foto hebt, verdreht Nicole wirklich die Augen. 

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