Kapitel 8

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Heute Morgen ging direkt in der Schule das merkwürdige Getuschel los, als Thomas und ich das Gebäude betraten. Mein erster Gedanke war, was Sarah denn nun getan und über mich verbreitet hatte? Irgendetwas Schlimmes wahrscheinlich, das nun die ganze Schule glauben würde und mich in ein wahnsinnig schlechtes Licht rücken würde. Dann konnte ich wahrscheinlich den ersten Eindruck, den ich bei den anderen hinterlassen hatte, völlig vergessen, da er nun durch Sarah ersetzt wurde.

Ich fragte mich, wie Thomas wohl darauf reagieren würde und ob er mich nun in der Schule bald auch meiden würde.

Im Unterricht wurde ich allerdings gar nicht komisch oder merkwürdig angesehen und getuschelt wurde über mich auch nicht.

Ich saß wieder neben Dylan wie gestern und auch er verhielt sich völlig normal, als wäre gar nichts geschehen. Ob das wohl daran lag, dass er grundsätzlich nichts von dem glaubte, was Sarah sagte?

Ich entschied mich, Dylan mal direkt darauf anzusprechen, denn so würde sich vielleicht alles mal klären. „Dylan, weißt du, was heute los ist? Als Thomas und ich heute Morgen in die Schule gekommen sind, wurde ich echt merkwürdig angesehen und ich habe das Gefühl, dass jeder über mich getuschelt hat. Doch ich weiß nicht, warum ... Vielleicht hast du etwas mitbekommen und kannst mich mal aufklären, was ich in den Augen der anderen denn falsch getan habe."

Dylan fing an, zu schmunzeln, als müsste er sich zurückhalten, um nicht laut loszulachen. Das machte mich echt wütend und ich strafte ihn mit einem Todesblick. Ich fand das echt nicht lustig! Er wusste doch, was ich schon durchgemacht hatte und müsste mich deswegen doch eigentlich verstehen!

Er bohrte mir seinen Ellbogen in die Rippen. „Au, Dylan, was soll das? Kannst du mich jetzt bitte mal aufklären, was hier abgeht?"

„Entspann dich, May. Dich betrifft hier gar nichts, du siehst Geister. Es hat sich schon die ganze Zeit um Thomas gedreht und es wird über ihn getuschelt. Gestern muss er wohl eine Geschichte veröffentlicht haben. Wir alle wussten gar nicht, dass er schreibt oder das auch noch veröffentlichen würde. Irgendein Schüler hat das wohl im Internet entdeckt und dann an ganz viele weitergeschickt und so hat das bis heuet morgen die Runde an der ganzen Schule gemacht. Ich habe es auch gelesen, ich finde es eigentlich wirklich gut und ich finde es cool, dass er ein Hobby für sich gefunden hat, doch ich bin wohl einer der einzigen, der diese Ansicht hat. Die meisten machen sich darüber ziemlich lustig und bezeichnen ihn jetzt als 'Schwuchtel, der seine Weicheigefühle in Liebesromanen zum Ausdruck bringt'. So ein Ruf setzt sich ziemlich schnell fest. Mann, Thomas tut mir wirklich leid. Hätte er es sich lieber noch mal überlegt, bevor er es veröffentlicht oder hätte er wenigstens ein Pseudonym benutzt. Ich will momentan echt nicht in seiner Haut stecken."

Mir wurde ganz schlecht, während Dylan das erzählte, denn mir war klar, um was es sich da drehte. Es war die Geschichte, die ich gestern angefangen hatte, zu lesen während Thomas geduscht hatte und von der ich gesehen hatte, dass es veröffentlicht gewesen war.

Warum hatte Thomas das getan? Es musste bestimmt ein Versehen gewesen sein, denn ich hatte dem, was er gestern gesagt hatte, entnommen, dass er es auf keinen Fall veröffentlicht haben wollte. Wenn er das auf einmal doch tun würde, würde gar keinen Sinn ergeben. Und außerdem hatte er bisher alles, was er im Internet veröffentlicht hatte, unter einem Pseudonym veröffentlicht. Ich kannte ihn zwar noch nicht wirklich gut, doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das auf einmal aufgeben würde.

Da musste etwas im Busch stecken! Doch Thomas tat mir so leid! Ich wusste, wie grausam Jugendliche sein konnten und was er sich jetzt wahrscheinlich alles anhören musste. Ich würde ihn so gerne davor bewahren, doch das konnte ich nicht. Einmal im Internet ließ sich so etwas schlecht löschen, wenn es nicht sogar unmöglich war.

Den Rest der Stunde und der nächsten Fächer saß ich mit einem Knoten im Bauch da und konnte mich fast nicht auf den Unterricht konzentrieren. Das war echt schlecht, denn momentan hatte ich es echt nötig, alles was gesagt wurde, mitzubekommen. Doch Thomas konnte mir nicht aus dem Kopf gehen, dessen verletzliche Seite nun einfach im Internet bloßgestellt wurde.

Er war so nett und das wurde ihm jetzt zum Verhängnis. Ich konnte nur hoffen, dass seine Freunde wenigstens zu ihm stehen würden und ihn als die Person ansehen würden, die er immer gewesen war. Denn es war schließlich nichts Schlimmes, wenn man Bücher schrieb und seine Gefühle hineinfließen ließ, das zeigte, dass man ein völlig normaler Mensch war und nicht so gestört wie manche Menschen heutzutage.

Das würden nur die meisten Menschen nicht so ansehen, weil sie einfach Idioten waren. Wir mussten uns jeden Tag mit diesen Idioten herumschlagen und sie konnten das eigene Leben zur Hölle machen.

Als es endlich klingelte und damit die Mittagspause anfing, wartete ich nicht auf Dylan, sondern packte schnell meine Sachen zusammen. Ich wollte so schnell wie möglich in die Mensa gelangen, um Thomas zu finden, bevor sich die anderen wie Hyänen auf ihn stürzen konnten. Ich musste unbedingt mit ihm reden und ihn aufbauen. Ich wusste, wie man sich fühlte, wenn anderen schlecht über einen redeten und ich schätzte mal, dass ihm jemand zum Reden jetzt gut tun würde.

Als ich in der Mensa ankam, sah ich ihn allerdings nicht. Ich sah lediglich seine Freunde, die an dem üblichen Tisch saßen und sich unterhielten. Sarah war bei ihnen und war im Gespräch lebhaft beteiligt. Ich war natürlich so schlau und fragte sie nicht danach, wo denn Thomas war, denn ich wollte auf keinen Fall mit ihnen in ein Gespräch kommen.

Ich versuchte es noch bei Thomas' Klassenzimmer, da er dort vielleicht noch sein würde, doch auf dem Weg dahin wurde ich auf einmal am Handgelenk gepackt und durch eine geöffnete Tür in ein anderes Klassenzimmer gezerrt.

Ich wollte gerade um mich schlagen und rufen, dass die Person mich gefälligst loslassen sollte, als ich erkannte, dass es Thomas war.

Er hatte ein rotes Gesicht, ich schätzte vor Wut. „May, was zur Hölle hast du getan?!", keifte er mich an.

New Girl [Thomas Sangster FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt