Kapitel 11

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"Gibts ein Problem, Officer?"

Die Taschenlampe des Cops erhellte das Innere des schwarzen BMWs und während ich unbehaglich auf dem Sitz hin und her rutschte schien Zac die Ruhe in Person zu sein. Eigentlich hatte ich gedacht, dass wir die Cops abgehängt hatten oder ihnen gar nicht erst aufgefallen waren. Ich hatte mich entspannt zurückgelehnt und das nächtliche Treiben auf den Straßen Sacramentos beobachtet während im Hintergrund leise das neueste Album von Drake lief. Der anfängliche Adrenalinrausch, nachdem die Sirenen die Nacht zerrissen hatten, war schon lange abgeklungen als Zac neben mir tierisch zu fluchen begann und sein Blick immer wieder in den Rückspiegel wanderte.

Und nun standen wir hier am Straßenrand und wurden von zwei grimmigen Cops genauestens unter die Lupe genommen.

"Es ist also wahr, was auf dem Revier erzählt wird. Der berühmt berüchtigte Alvarez-Junge ist zurück." Erstaunt wanderte mein Blick zu dem Officer der seinen Kopf durch das Fenster gesteckt hatte. Zac war also nicht nur unter den Schülern meiner High School und Teilen der normalen Bevölkerung bekannt wie ein bunter Hund, sogar bei der Polizei war seine angebliche Rückkehr Gesprächsthema.

"Sieht ganz so aus. Also, wie kann ich Ihnen helfen? Funktioniert eins meiner Rücklichter nicht? Oder wollten Sie einfach nur fragen, was für ein Auto ich fahre?" "Nicht frech werden, Junge. Vor gut einer Stunde haben wir einen Tipp wegen eines Straßenrennens bekommen. Allerdings waren wir zu spät. Kannst du uns da weiterhelfen?" Die Stimme des Officers triefte regelrecht vor Abscheu und Überheblichkeit. "Vielleicht sollte der Staat Kalifornien in schnellere Polizeiautos investieren. Mit ein paar PS mehr währen Sie sicher nicht zu spät gekommen." Zacs Dreistigkeit und die Arroganz die in seiner Stimme mitschwang machten mich absolut sprachlos. Ich wusste nicht ob dieser Junge es tatsächlich darauf anlegte Ärger zu bekommen oder ob er einfach total bekloppt war. Niemand den ich kannte würde so respektlos einem Cop gegenüber treten.

"Verkauf mich nicht für dumm, Junge. Das wird böse enden." Zac lachte humorlos auf. "Ich würde Sie doch nie für dumm verkaufen. Ich bewundere Ihren Beruf. Den ganzen Tag Donuts essen und hin und wieder mal ein Päckchen Gras zu beschlagnahmen hat wirklich seinen Reiz." Fassungslos starrte ich den Jungen neben mir an. Der Kerl ritt sich immer tiefer in die Scheiße. "Jetzt reichts. Aussteigen. Sofort." Grinsend zwinkerte Zac mir zu ehe er der Aufforderung des Cops nachkam. Was hatte dieser Idiot für Probleme? "Sie auch, Miss." Während der erste Cop schon mit Zac diskutierte, hatte sich ein zweiter in das Auto gebeugt und sah mich leicht mitleidig an. Na tolle Scheiße.

Langsam stiefelte ich um den Wagen herum und lehnte mich neben Zac an das Auto. Der erste Cop warf mir lediglich einen kurzen Seitenblick zu und widmete sich dann erneut dem Jungen neben mir. "Was weißt du über das Rennen?" "Nichts." "Ich kenne deine Akte. Du wurdest vor einigen Jahren schon mit illegalen Straßenrennen in Verbindung gebracht." Dem Polizisten schien beinahe die Hutschnur zu platzen. Zac hingegen war so ruhig wie eh und je. "Ich wurde damit in Verbindung gebracht, aber bis nie gab es Beweise dafür. Ich wurde deswegen nicht nur einmal aufs Revier zitiert, aber Ihre Kollegen werden schon ihre Gründe gehabt haben, warum ich jedes Mal wieder gehen durfte. Kein Rennen konnte mir nachgewiesen werden. Genau wie heute, oder irre ich mich da?" Ich sah dem Officer all zu deutlich an wie er gerade mit seiner Beherrschung kämpfte. "Alleine für deine Respektlosigkeit sollte ich dich aufs Revier mitnehmen und dort werden wir schon herausfinden, dass du beim Rennen warst." "Das glaube ich weniger Officer..." Provokant beugte sich Zac zum Namensschild. "...Murphy. Meine Freundin und ich hatten ein Date, für das es jede Menge Zeugen gibt." Mein Blick wanderte zu dem jungen Mann neben mir. Freundin? Date? Ernsthaft?

Gerade als Officer Murphy zum Reden ansetzen wollte rauschte das Funkgerät seines Kollegen und ein scheinbar dringender Einsatz brachte die Beiden dazu von uns abzulassen. "Wenn du einmal unachtsam wirst, werden wir da sein." Zac grinste. "Ich schätze Ihre Anwesenheit zwar sehr, aber trotzdem bevorzuge ich es meine Zeit mit anderen Leuten zu verbringen." Ich konnte Murphys Zähneknirschen praktisch hören als er mit angespanntem Kiefer und zusammengekniffenen Augen in den Streifenwagen stieg und zusammen mit seinem Kollegen davon fuhr.

Zac sah dem Streifenwagen grinsend hinterher während ich ihn um Fassung ringend musterte. "Was zur Hölle war das? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du bist..." Seine große, raue Hand legte sich auf meinen Mund und brachte mich zum Schweigen. "Heiß? Sexy? Ein Absoluter Traummann?" Ich schob seine Hand von meinem Mund und sah in scharf an. "Ein kompletter Vollidiot!" Sein raues Lachen erklang. "Kein Stress, Hübsche. Ich weiß was ich zu diesen Idioten sagen kann und was nicht." Sein stechender Blick ruhte noch immer auf mir und brachte mich dazu mich mehr oder weniger zu beruhigen. "Aber..." "Kein Aber. Mach dir keinen Kopf. Das war nicht das erste Mal, dass ich angehalten wurde oder Stress mit den Bullen hatte. Und außerdem..." Seine Hände legten sich auf meine Schultern. "...Ich hätte nicht zugelassen, dass die Bullen dir irgendwas vorwerfen wollen. Ich hab dir versprochen, dass du in Sicherheit bist solange du bei mir bist. Und daran halte ich mich auch." Mir wurde etwas warm ums Herz, dennoch suchte ich in seinem Gesicht nach irgendeiner Art Belustigung oder Spott die mir verriet, dass er seine Worte nicht ganz ernst meinte.

Aber nichts. Null. Nada.

_ _ _ _

"Wie hast du meinen Bruder kennengelernt." Interessiert haftete Zacs Blick auf mir, während er sich eine Pommes in den Mund schob. Wir hatten es uns mit einer prall gefüllten McDonalds Tüte auf dem Dach der ehemaligen Mall gemütlich gemacht, sahen auf die Stadt und unterhielten uns über Gott und die Welt. Meine Eltern rechneten heute Nacht nicht mit mir, weil ich ihnen erzählt hatte zu Melissa zu gehen um bei ihr zu übernachten. Vor allem mein Dad würde mir den Kopf abreisen wenn er wüsste wo ich mich wirklich herumgetrieben hatte.

"Er hat mir in meiner ersten Chemie-Stunde Wasser übers Shirt gekippt." Er lachte leise. "Das klingt nach Tyler. Er war schon immer der größten Tollpatsch den ich kenne." "Du vermisst ihn, oder?" Wehmut schwang in seiner Stimme mit. "Klar. Immerhin ist er mein kleiner Bruder. Aber ich will ihn in nichts reinziehen, darum halte ich mich auch noch von ihm fern. Aber wahrscheinlich will er mich sowieso nicht mehr sehen." Sein Blick war auf die Stadt gerichtet während er seinen Pappbecher in den Händen herum drehte. "Weißt du, ich bin gegangen um ihn und meinen Dad zu schützen aber ich hab die beiden jeden Tag vermisst. Es hat sich richtig angefühlt zu gehen aber trotzdem irgendwie so falsch. Keine Ahnung ob du das verstehst." Ich war ehrlich überrascht, dass er sich mir gegenüber öffnete. Wenn auch nur minimal. "Ich versteh das besser als du denkst. Glaub mir." Sein Blick legte sich auf mich. "Wirklich?" Ich nickte. "Ich habe zwei große Brüder. Einer wohnt in Boston, ist gerade mit seinem Jura-Studium fertig geworden und hat 'ne tolle Freundin. Um ihn mache ich mir keine Sorgen. Klar ich sehe ihn nicht oft, aber ich weiß, dass es ihm gut geht." "Und dein anderer Bruder?" Unwillkürlich dachte ich an den Tag zurück an dem mir Max eröffnet hatte, dass er zur Navy ging. Für mein kleines, 8-jähriges Ich brach eine Welt zusammen. "Er ist ein Seal. Als ich noch kleiner war ist er der Navy beigetreten. Ich weiß, dass ich stolz auf ihn sein sollte und dass er und seine Kollegen uns alle beschützen wollen, aber jeden Tag an dem er nicht Zuhause ist wünsche ich mir, dass er einen anderen Beruf hätte. Dass er es gleich gemacht hätte wie Nick, studiert hätte und irgendeinen langweiligen aber sicheren Beruf hätte. Irgendwie ist es wie bei dir. Etwas das eigentlich Richtig ist fühlt sich komplett falsch an."

Eine Weile herrschte einfach Stille zwischen uns. Keine erdrückende oder unangenehme Stille. Einfach eine Stille in der jeder seinen eigenen Gedanken hinterher hing.
Ich konnte Zac mit dieser Richtig aber trotzdem Falsch Sache mehr als nur verstehen. Nicht nur auf meinen Bruder bezogen. Auch auf Zac selbst. Wann immer ich ihn ansah meldete sich das schlechte Gewissen gegenüber Tyler und die kleine Stimme in mir die sagte er hätte die Wahrheit verdient meldete sich wieder. Ich wusste, dass es das Richtige wahr ihm nicht zu sagen, dass Zac wieder da ist. Zum einen weil die Beiden selbst miteinander reden sollten, zum anderen weil Zac gesagt hatte er müsse erst einiges klären um Ty und deren Dad nicht in Gefahr zu bringen. Und trotzdem war Tyler mein bester Freund und es fühlte sich absolut scheiße an ihn zu belügen.
Wie immer wenn ich in Gedanken versunken wahr kaute ich auf meiner Unterlippe herum und zog meine Augenbrauen zusammen.

Erst die raue Stimme von Zac ließ mich aus meinen Grübeleien aufschrecken und wieder ins Hier und jetzt zu kommen. "Ich glaube wir sind uns ähnlicher als wir beide denken." Er legte eine kleine Pause ein und ich spürte all zu deutlich seinen intensiven Blick auf mir ruhen.

"Und ich glaube auch wir werden noch 'ne Menge Scheiße zusammen machen, Maia."

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