4. Kapitel

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Eia's Halsschuppen funkelten in der Nachmittagssonne als sie ihren langen Hals beugte, wie schwarze Rohdiamanten. Langsam streckte ich meine Hand nach den Nüstern des Drachen aus. Doch als ich keine Erwiderung von ihr erhielt, zog ich meine Hand zurück. Dann schloss ich meine Augen und versuchte es erneut. Ich spürte erst nur warme Luft an meiner Hand. Erst als ich die rauen Schuppen an meiner inneren Handfläche fühlte, traute ich mich die Augen zu öffnen und sah wie der Drache seinen Kopf geneigt hatte. In mir stieg der Wunsch auf, auf meinem Drachen zu reiten. «Nein Aurea, Du bist noch nicht soweit» hallte eine sanfte, aber dennoch raue Stimme durch meinen Geist. Entäuschung stieg in mir hoch. Jä wurde mein eigenes Gefühl von einem anderen überschattet. Verständnis. Ich blickte mich um. Die Leute, welche noch vor wenigen Augenblicken vor Panik die Arena verlassen wollten, blickten nun fasziniert und erstaunt zu dem schwarzen Drachen und seinem Reiter.

Doch die derzeitige Ruhe, war nur die Ruhe vor dem Sturm. Wie auf ein Komando hin, stürmten schwarze Soldaten die Arena. Einige von ihnen waren mit Lanzen bewaffnet. «Sie greifen mich an» hörte ich es wie meine eigene Erkenntnis in mir wiederhallen. «Schnell du musst fliehen Eia. Sonst töten sie dich.» Verzweiflung klang in meiner Stimme mit. «Ich bin ein Drache. Und ein Drache flieht vor keinen Kampf» Sie brüllte und stieß dabei einigen schwarzen Rauch aus. Einige der Ritter ließen sich davon aufhalten und ergriffen die Flucht. Plötzlich flog der erste Speer. Eia wurde an ihrem Hals getroffen. Doch der Speer bliebt nicht stecken. Die Schuppen weisten noch nicht einmal einen Kratzer auf. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll ertönte. Die Menschen auf der Tribühne, die noch nicht geflohen waren, ergriffen nun die Flucht. Es war ein großes Durcheinander. Der schwarze Drache stieß einen Feuerball in die Rittermenge und schwang sich anschließend mit einem Gebrüll in die Luft. Ein Soldat war wohl dem Feuer entwischt und warf noch einmal einen Speer. Diesmal traf er den durchschimmernden Flügel. Schmerz durchfuhr mich und machte mich fast blind. Ich krümmte mich unter den Schwall an Schmerzen. Eia fiel zu Boden. Ohne zu überlegen, rannte ich zu meinem Drachen. Blut strömte über den zerrissenen Flügel. Ein weiterer Schwall an schwarzen Rittern kam auf uns zugestürmt. Ich versuchte den Schmerz in mir zu unterdrücken und zog den Speer aus dem Flügel. Der Drache brüllte vor Qual. Auch ich krümmte mich vor Leid. Tränen stachen mir in den Augen. Irgendjemand packte mich an den Armen und zerrte mich weg. Ich versuchte mich zu wehren, doch die Hände hielten mich zu fest. Nun verschleierten die Tränen mir die Sicht. Laut schrie ich auf. Es half alles nichts. Dann bekam ich einen heftigen Schlag gegen die Schläfe. Das letzte was ich sah war, wie mein Drache von kräftigen Männern gefesselt und weggezerrt wurde. Es wurde nun endgültig dunkel um mich.

Als ich wieder erwachte, wusste ich im ersten Augenblick nicht wo ich war. Ich blinzelte und fand mich im Hospital Santa Maria wieder. So schell wie möglich setzte ich mich auch. Alle meine Glieder schmerzten. Wo war mein Drache? Was war geschehen und wer hat mich hier her gebracht? Hinter dem bleichen Vorhang um meinem Bett erkannte ich zwei Schemen, die leise mit einander tuschelten. Ich konnte keines der gesprochenen Wörter entziffern. Mit einem Mal wurde der Vorhang beiseite gerissen und Piero und ein Arzt starten mich an. "Was ist passiert? Wo ist Eia?" fragte ich aufgeregt. Als ich keinen Antwort erhielt, blickte ich die beiden herausfordernd an. Dann ergriff Piero das Wort: "Die schwarze Garde hat deinen Drachen gefangen genommen und auf dem obersten Turm des Towers in Fesseln gelegt." Jetzt erst beim näheren hinsehen, konnte ich die starken Verbrennungen in Piero's Gesicht erkennen. Wäre sein Hemd nicht lang und hochgebunden gewesen, hätte ich wahrscheinlich noch mehr Wunden und Verbrennungen gesehen. Ich schrack zusammen. Mein bester Freund wurde durch mich in Gefahr gebracht und verletzt. Als hätte er meine Gedanken gelesen, entgegnete er: "Es ist nicht der Rede wert. Das habe ich für dich getan." Wieder einmal flossen mir die Tränen. Piero nahm mich in den Arm. "Doch jetzt haben wir ein Leben zu retten." Mit diesen Worten löste sich Piero von mir.

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