5. Kapitel

218 13 0
                                    

Bevor unser Plan in die Tat umgesetzt werden konnte, mussten wir Verstärkung anheuern. Wir starteten unsere Suche in der Übungsarena. Wie zu erwarten trafen wir dort die anderen Anwärter an. Zusammen mit Trainer Salvatore. "Na sieh mal einer an. Die Drachenreiterin. Doch wo ist ihr Drache?" spottete Darius. Salvatore gab ihm einen Tritt gegen sein Schienbein. Sofort hörte Darius auf zu kichern. Der Trainer deutete einen respektvolle Verbeugung an. "Was können wir für dich tun Drachenreiter?" der starke englische Akzent Salvatores stach hervor. "Ich muss Eia befreien und dazu brauche ich eure Hilfe." Ich deutete auf alle Anwärter, bis auf Darius. Zustimmendes Gemurmel ertönte. Trotz erheblicher Bedenken stimmte auch der Trainer zu.

Wir versammelten uns in der Waffenkammer von Meister Alberto. Dort erläutern wir unseren Plan. Einige blickten skeptisch drein, trauten sich aber nicht etwas zu sagen. "Es tut mir leid das zu sagen, aber euer Plan weist Lücken auf. Wie wollt ihr mit einer so geringen Zahl an Leuten, eine bis auf die Zähne bewaffnete Armee bewältigen, die mit Sicherheit mit euch rechnet." Verdutz drehte ich mich um. Es war Alberto, der gesprochen hatte. "Der Gedanke sie bei Nacht zu überraschen ist keine schlechte Idee, allerdings kann sich das auch schnell zu unserem Nachteil ausweiten." fuhr er fort. Da hatte er natürlich Recht. "Was schlagt ihr vor, Meister Alberto? Wie sollen wir vorgehen?" fragte ich. In den nächsten Stunden schmiedeten wir einen Plan um meinen Drachen zu befreien. Ich war noch nie so fix und alle gewesen, wie nach dieser Planbesprechung. "Um Punkt Mitternacht brechen wir von hier auf. Wer zu spät kommt, nimmt nicht Teil", sagte Salvatore. Alle nickten zustimmend.

Mit Piero schlendere ich durch die leeren Gasse von Siena. Kein Lüftchen regte sich. Einerseits genoss ich die Stille. Andererseits fehlte etwas in meinem Kopf. Dort fühlte ich mit einem Mal so eine Leere wie noch nie zuvor. Als ob er meine Gedanken mal wieder gelesen hätte, blieb Piero stehen und drückte mich an sich. In solchen Momenten war mir besonders klar, wie wichtig er mir war. Als Kinder haben wir uns in einem Waisenhaus kennengelernt. In den Momenten wo ich mich allein gelassen fühlte, war er bei mir. Mit Mühen konnte ich die nächste Flut von Tränen zurück halten. Die leichte Berührung von Piero's Fingerspitzen in meiner roten Lockenmähne von Haaren fing mich auf und tröstete mich zugleich. Zärtlich zwang er mich ihm in die Augen zu sehen. Alles um uns herum verschwamm zu einem Farbenmeer. Sein Gesicht näherte sich dem meinem. Augenblicklich fing ich an zu glühen.
Wir fuhren zusammen, als die Turmuhr kurz vor Mitternacht schlug. Wir mussten uns beeilen.

In windeseile rannten wir zurück zur Arena. Erleichtert stellte ich fest, dass fast alle der Zeremonieanwärter erschienen waren. Alle bis auf Darius. Waffenmeister Alberto rüstete uns aus. Mir war zwar bekannt, dass Alberto ein Auge darfür hatte, wer für welche Waffe geeignet ist. Aber als ich eine kunstvoll geschmiedete Streitaxt in meinem Rückengurt wiederfand, zweifelte ich ein wenig an ihm. Einige von uns waren mit Schwertern ausgestattet. Andere wiederum mit Pfeil und Bogen.

An den Mauern des Towers angekommen, dämmerte es bereits. Wären wir nicht auf einer derart wichtigen Mission, würde ich den Sonnenaufgang geniessen. Wir hielten uns im Schatten der Mauern und schlichen weiter, zu einem Kannalisationsgitter. Mich grauste schon allein der Anblick des dreckigen Wassers. Doch genau dort mussten wir durch. Leise hoben Alberto, Salvatore und ich das Tor an. Das verrostete Metall quitschte laut, als wir es noch ein Stück anheben mussten. Vor Schreck hatte ich fast das Gitter losgelassen. Hoffentlich hatte uns keiner gehört. Letztendlich warteten wir alle durch das Abwasser des Gefängnisses von Siena, während auf den Burgmauern über uns die Wachen patroullierten. Mein Atem ging schwer. Es stank fürchterlich. Piero lächelte mich aufmunternd an, als würde er den Gestank nicht wahrnehmen.

Im Hof angelangt, musste ich mich erst einmal orientieren. Weit oben im Himmel, auf dem höchsten Turm, brannte Licht. Etwas tastete an meinem Geist entlang. Etwas vertrautes. «EIA» rief mein Geist. «AUREA» kam es erwartungsvoll zurück. Sie lebte. Das war eine gute Nachricht. Auf leisen Sohlen schlichen wir die Treppenstufen hinauf. Rufe schallten uns entgegen. Getrampel kam die Treppe hinab. Genau auf uns zu. Zum kämpfen war es hier zu eng. Dafür kamen uns zu viele entgegen. Meister Alberto nickte mir zu. Er, Piero und ich liefen die Treppe weiter hinauf. Während Trainer Salvatore und der Rest zurück liefen und an dem Treffpunkt auf uns warten würden. Und so trennten wir uns.

DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt