12. Kapitel

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Feuer brannte einen ganzen Wald nieder. Menschen waren darin gefangen und konnten nicht entkommen. Sie verbrannten und spürten es bis sie tot zu Asche zerfielen. Ich rannte in Richtung des Feuers, doch ich konnte nichts tun. Meine Hose brannte bereits Lichterloh. Ich blickte mich um. Auf der Steppe hinter mir war ein riesiges Heer. In einem Käfig schoben sie einen Haufen schwarz vor sich hin. Auf eine Lanze spießten sie einen Kopf. Den Kopf von Eia. Ich versuchte zu schreien, doch kein Laut kam aus meiner Kehle.

Jemand rüttelte mich wach. Ich war Schweißgebadet und mein Hemd klebte an meiner Brust. Das Atmen fiel mir schwer. Piero saß aufrecht neben mir. Als ich schlief hatte er wohl seine Hose abgestreift. Er streckte seinen Arm nach mir aus und ich lehnte mich gegen seine Brust. Da wurde die Tür aufgeschlagen und Alberto kam herein gestürmt. Sein Blick war wild und entschlossen. Ohne ein Wort zu sagen zog er Piero vom Bett und schlug ihm mit der geballten Faust ins Gesicht. "Wenn du ihr auch nur ein Haar gekrümmt hast ... ", drohte er ihm. Mit voller Wucht drückte Piero Alberto gegen die Wand und schlug auf ihn ein. Das ließ dieser nicht auf sich sitzen und drückte Piero zu Boden. Nur um darauf hin Piero noch ein paar Schläge aufs Auge zu drücken. Fassungslos saß ich da. Doch ich musste etwas tun. "Hört beide sofort aus." schrie ich sie an. Doch keiner hörte auf mich. Piero hatte wieder die Oberhand gewonnen und saß auf Alberto drauf. Ich zog ihn an seinem Hemd von seinem Gegner runter. "Habt ihr beide jetzt vollkommen den Verstand verloren?" Beide blickten wütend drein. "Bekomme ich dann auch einmal eine Antwort?" fragte ich. "Ist das nicht offensichtlich? Er ist ein Möchtegern Casanova. Sobald ihm etwas nicht passt schlägt er zu." verteidigte sich Piero. Ich hatte schon jetzt genug von alldem hier. Was auch immer das war. So schnell ich konnte verlies ich den Raum. Alberto stürmte mir hinter her.

"Aurea warte." Alberto packte mich am Arm. "Ich wollte ihm das zwischen uns erklären wenn der richtige Moment gekommen war", schrie ich ihn an. Alberto schnaubte. "Du glaubst doch nicht immer noch das es für sowas einen richtigen Augenblick gibt. Entweder jetzt oder nie." brüllte er zurück. Ich schnappte nach Luft. Ich konnte es nicht fassen, mit ihm zu streiten. "Ich weiss doch noch nicht mal, was das zwischen uns ist und ob das was ernstes für dich ist." schnaubte ich. Fassungslos blickte er mich an. Ihm fehlten offensichtlich die Worte. "Wie kannst du das von mir denken? Ich habe noch nie ... mit einer Frau ... seit Alessia..." er wusste nicht wie er seine Situation erklären sollte. Für eine Sekunde war ich völlig perplex. "Ich weiss nicht wer Alessia ist oder was mit ihr passiert ist. Aber ich habe das Gefühl, dass du noch immer nicht darüber hinweg bist. Und solange weiss ich nicht, ob du überhaupt so für mich empfindest wie ich für dich...." bevor ich weiter reden konnte, drückte Alberto seine Lippen auf meine. Meine Wut verwandelte sich fast vollständig in Leidenschaft. Ich griff nach seinem Hemdkragen und zog ihn noch ein Stück weiter zu mir hinunter. Seinerseits schlang er seine Arme um meinen Rumpf. Ein lautes Scheppern ließ uns ruckartig auseinander gehen. Es war Piero. "Ihr ...." keuchte er. "Lass es mich erklären Piero." flehte ich. Doch ohne eine Antwort sprintete er in Richtung Ausgang. Ich wollte ihm hinterher rennen, aber Alberto hielt mich zurück. Mit einem Kopfschütteln gab er mir zu verstehen, dass Piero etwas Zeit für sich brauchte. "Sein Ego ist angekratzt" sagte er schlicht. Ich hatte alles kaputt gemacht, weil ich nicht dieselben Gefühle von jemanden erwiderte, der mir viel bedeutete. Stattdessen liebte ich jemanden den ich kaum kannte. Ich sank in den Armen von Alberto zusammen. Er hob mich hoch.

Den restlichen Tag verbrachte ich damit Camilla in der Küche zu helfen. Camilla hatte alles übers Kochen und Backen von ihrer Grossmutter gelernt. Diese war persönliche Leibköchin des damaligen Königs. Camilla schrieb all ihre Rezepte für die Nachwelt auf. Doch sie freute sich, wenn ich bereit wäre einige dieser Rezepte zu erlernen. Camilla erzählte mir von einigen Legenden und Märchen, die sie von ihrer Großmutter gehört hatte. Die Geschichten gingen über die Zeit der großen Drachenreiter und wie das Land eine Blütezeit erlebte. Es gab zehn verschiedene Drachenarten, die für unterschiedliche Bereiche zuständig waren. Vor meinem inneren Auge blitzen Bilder auf, wie die Drachen durch die Luft flogen und das Land vor Gefahren beschützten. Ich wusste, dass Eia mithörte und mir diese Bilder zeigte. «Was ist aus den Drachen geworden? Warum sind sie verschwunden?» fragte ich. Camilla schien zu überlegen. «Es heisst, dass eine schreckliche Plage das Land heimsuchte. Nicht einmal die Drachen kamen dagegen an. Sie gingen an einer Seuche zugrunde» Ich zog scharf die Luft ein. Das muss schlimm gewesen sein. Camilla begann wieder etwas von den alten Geschichten zu erzählen. Dank der Erinnerung von meinem Drachen konnte ich das alles bildich miterleben. Es gab Drachen in verschiedenen Farben. Die bekanntesten Drachen waren die der vier Elemente. Sie waren für die Fruchtbarkeit des Landes, die Stürme, die Meere und das Himmelsfeuer zuständig. Es gab sogar einen der für die Heilung von Körper und Geist zuständig. Fasziniert hing ich an den Lippen von Camilla. Kaum vorzustellen wie die Zeit vor über hundert Jahren gewesen sein musste.

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