Erleichtert lehne ich mich in meinem Stuhl zurück. Eine Stunde Bio überlebt, check! Suchend sehe ich mich nach meiner Gruppe um.
Taeho brauche ich jetzt nicht anzusprechen, der wird von irgendwelchen Schülern anderer Klassen belagert. Der Kaugummi kritzelt noch was von der Tafel ab. Sein Hintermann liegt, wie fast immer, halb auf dem Tisch und schnarcht leise vor sich hin.
Und der Letzte in der engeren Auswahl legt mir gerade lachend einen Arm um die Schulter: "Nimm deine Tasche. Wir gehen in die Mensa. Der Rest wird schon noch eintrudeln." Kopfschüttelnd erhebe ich mich. "Bis gleich.", murmelt das grün-blau Köpfchen und streckt sich gähnend. Igitt, habe ich da eben sein Frühstück gesehen?! Wie ekelhaft ist das denn?
"Guck nicht so", träge erhebt er sich und nimmt seine Tasche, "Jae, ich gehe schon mit Sang und Jeup vor. Lass dir Zeit." Und somit schlürft er an mir vorbei.
Während unserem Weg zu der Kantine werfe ich immer wieder leicht besorgte Blicke zu Jian, welcher aussieht, als würde er jeden Moment wieder einschlafen.
"Was machst du eigentlich so in deiner Freizeit, Sang?" "Ich spiele gerne Gitarre.", antworte ich dem Sportler lächelnd. Ja, meine Gitarre und ich, wir sind schon ein eingespieltes Team. Während all den Jahren war sie mein bester Freund und die Einzige, die mir nach den Umzügen immer Halt gab und mich tröstete. Immerhin habe ich oft meine Freunde zurück gelassen.
"Stell dich am besten mit Jian am Kiosk an. Wir treffen uns dann an unserem Tisch.", mit diesen Worten werde ich gegen unseren stumm lauschenden Begleiter geschubst, welcher mich perplex festhält. Dankbar nicke ich ihm zu. Immerhin wäre ich ohne ihn direkt in verschüttete Cola gefallen. Und dann wäre mein schönes weißes Hemd hinüber.
So trotten wir also gemeinsam zu dem kleinen Laden. Zwischen uns herrscht eine angenehme Stille. Plötzlich spüre ich ein Gewicht an meinem Arm, weshalb ich verwirrt zur Seite blicke und erneut die Blondine sehen muss. "Minz! Lass ihn gefälligst in Ruhe!", oha, mein Klassenkamerad meint mich beschützen zu müssen. Anscheinend bin ich ihm doch nicht so egal. Aber die kann einem echt auf die Nerven gehen. Ich meine, wer klatscht sich denn bitte so viele Tonnen Schminke ins Gesicht?! Das sieht einfach nur hässlich aus. "Verpiss dich, Jian! Du und deine Loser Freunde habt doch keine Ahnung. Aber mein Sang schon, nicht wahr?", sie klimpert mit ihren künstlichen Wimpern und drückt ihre Brüste gegen mich. Igitt Igitt IGITT! Irgendwer soll sie weg machen! Hilfesuchend und in leichter Panik sehe ich Jian an, welcher sofort versteht und mich zu sich zieht. "Gib ihn zurück! Du hast kein Recht ihn nur für dich zu beanspruchen! Und schwul ist der garantiert nicht!", mit in Falten gelegter Stirn betrachte ich ihn. Ob er wirklich auf Jungs steht? Hätte ich bei ihm gar nicht gedacht. Immerhin finden die Mädchen ihn ja nicht gerade hässlich. Im Gegenteil. Auf dem Weg hier her haben einige getuschelt und sich sehr unanständige Sachen mit ihm vorgestellt. Hoffentlich kommt das nicht auch noch auf mich zu. Auf so etwas habe ich echt keine Lust. Aber wieso ist er so angespannt?
"Minz! Es reicht!", Jeup stellt sich neben Jian und drückt aufmunternd seine Schulter. Wusste gar nicht, dass er wirklich so ernst sein kann. Aber gut, ich kenne ihn nicht mal einen ganzen Tag.
"Nicht du Vollidiot auch noch! Lasst uns doch einfach alleine! Als ob er mit dir etwas anfangen würde!", nun mischt sich Ungjae ein. Anscheinend ist der Kaugummi doch noch fertig geworden.
"Minzi, ich glaube, dass reicht für heute.", eine kleine braunhaarige schiebt sich nervös die Brille höher und versucht, die andere zu beruhigen. "Pah! Vielleicht hast du ja sogar mal recht, Nerd. Wir gehen.", tussig wirft sie sich ihre Haare über die Schulter und zwinkert mir zu, ehe sie sich umdreht und mit wackelndem Hintern davon geht. War die heute Morgen auch schon so?! "Entschuldige, sie meint es nicht so." "Ach, Min, nimm sie nicht immer in Schutz. Merkst du nicht, dass sie dich nur ausnutzt?", fürsorglich legt unser Klassensprecher ihr eine Hand auf die Schulter. "Aber sie ist die Einzige, die mich braucht. Kein anderer will etwas mit mir zu tun haben." Verwirrt mustere ich sie: "Wenn du deine Haare offen tragen und Kontaktlinsen nehmen würdest, würde sich das ganz schnell ändern. Da ist die Blondine sehr viel hässlicher. Ich meine, guck sie dir doch mal an. Ihre Klamotten sind so was von vor zwei Monaten und ihr Gesicht ist ein Chemieunfall! Ich persönlich finde das natürlichere Auftreten von Menschen sehr viel angenehmer." Perplex sehen mich alle an. Das einzige weibliche Wesen in unserer Runde wird plötzlich rot und verabschieden sich mit einem flüchtigen "Bye" von uns. "Wenn sie doch endlich einsehen würde, dass sie sich nicht so an Minz heften muss...", murmelt unser vielbeschäftigtes Blondchen und zerrt Jeup und Ungjae mit an einen der Tische, um den alle herum gegangen sind und keiner sich getraut hat, dort zu sitzen, obwohl sonst kaum noch Plätze sind.
"Sang, was willst du essen?", erschrocken zucke ich zusammen, als Jian mich anspricht. Belustigt grinst er und deutet auf den Glaskasten vor ihm, Die Schnitzelbrötchen sind nicht schlecht. Aber der Kartoffelsalat und Nudeln mit Tomatensoße ist auch lecker. "Was nimmst du denn?" "Wir essen immer Schnitzelbrötchen." Gedankenverloren streiche ich über meinen nicht vorhandenen Bart und schließe mich seinem indirekt unterbreitetem Vorschlag an. So kommt es, dass wir beide Tabletts mit einem Berg Brötchen und mehreren Flaschen Cola zu dem Tisch balancieren. Wir sitzen nicht einmal, da ist auch schon alles weg. Verwirrt sehe ich auf die leere Fläche. Was sollen Jian und ich jetzt essen? "Keine Sorge, wir nehmen nur immer gleich alles runter, damit Jeup nicht auf die Idee kommt gleich alles für sich zu beanspruchen", lacht Blondi Tae und drückt mir meine Portion in die Hand. Ungjae übergibt meinem Begleiter das Essen und Getränk, nachdem er mich neben sich auf die Bank gezogen hat. Auf der linken Seite sitzen also Ungjae, Jian und ich, uns gegenüber Jeup und ein schnell essender Tae Ho.
"Sag mal, Sang. Kennst du G?" "Wer oder was soll das sein?", desinteressiert schlürfe ich die Cola und genieße das Gefühl, wenn die kühle Flüssigkeit meinen Hals hinab rinnt. "Eigentlich heißt er G/. ! Er ist ein verdammt cooler Underground Rapper! Bisher hat noch nie jemand sein Gesicht gesehen, obwohl er schon seit drei Jahren aktiv ist!", aufgeregt hält die Sportskanone mir einen seiner Kopfhörer entgegen, den ich mehr oder weniger begeistert ansehe, ehe ich mich doch dazu überreden kann ihn mir ins Ohr zu stecken. Währenddessen fällt der Kopf unseres Gruppen-Faultiers immer öfters auf seine Brust und belustigt beobachte ich, wie Ungjae jedes mal erneut versucht, ihn mit Filzstiften zu bemalen. Langsam schließen sich meine Augen und ich lausche der langsamen und traurigen Melodie. Kurz darauf setzt ein gefühlvoller Rap ein. Das nächste Lied ist schnell und fröhlich.
Normalerweise mag ich Rap nicht so sehr, aber dieser G/. ist wirklich gut. Seine Lieder sind so verschieden und seine Stimme ist einfach beruhigend.
"Dir gefällt was du hörst, oder?", wieso klang das von Jeup jetzt eindeutig zweideutig? Stumm nicke ich und schiebe ihm das weiße Kabel wieder zurück. Sofort macht er etwas an seinem Handy.
Plötzlich ertönt ein lautes Geräusch und schon habe ich die Hand des erschrockenen Jians im Gesicht und seine Cola verteilt sich auf meiner Hose und meinem Oberteil.
Das ist jetzt nicht wirklich passiert, oder? Nein, wieso gerade ich? Verärgert knurre ich und durchlöchere den ängstlich guckenden Jian mit Todesblicken, während Ungjae hinter ihm immer kleiner wird. Wie konnten sie nur?! Das werde ich ihnen nicht so schnell verzeihen immerhin haben sie mich lächerlich gemacht. Und obwohl ich weiß, dass Jian nicht wirklich etwas dafür konnte, ist gerade er derjenige, der mein schlechte Laune abbekommen wird. Tja, so ein Opfer aber auch.
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You are my Lollipop
FanfictionSang kommt neu an die Schule und wird unfreiwillig in eine Gruppe integriert. In dieser sind neben ihm Taeho, Jeup, Ungjae und Jian, wobei drei von diesen aussehen, als wären sie in einen Farbtopf gefallen. Sang schließt sie jedoch überraschend sch...