Kapitel 8

1.1K 55 3
                                    

Deine Schritte sind verstummt, doch die Spuren deines Lebens bleiben.

Nach dieser Nachricht erlitt ich einen Nervenzusammenbruch. Wie konnte das nur passieren? Mein Vater war doch alles gewesen, was ich hatte. Die Schwestern kümmerten sich rührend um mich und gaben mir etwas zur Beruhigung.

Nach zwei Stunden ließen sie mich endlich gehen. Ich lief nach Hause, denn das Gedränge in der Straßenbahn konnte ich im Moment nicht ertragen. Es fiel mir schon schwer genug den Bestatter anrufen zu müssen, den Pfarrer und sonst noch alle Verwandten, um ihnen die schreckliche Nachricht zu überbringen.

In meinem Elternhaus angekommen, suchte ich erst mal die ganzen Nummern meiner Verwandten raus. Nach etwa zwei Stunden hatte ich fast alle erreicht, bis auf eine. Meine Cousine Jessi. Ich hatte sie noch nie leiden können, da sie immer so hochnäsig gewesen war und immer mit von der Party war, wenn es darum ging, mich fertig zu machen. Sie war schon immer schön gewesen mir ihrem schmalem Gesicht, den blonden Haaren, den blauen Augen und ihren perfekten Körper. Sie war schlank, hatte dennoch die richtigen Rundungen an den richtigen Stellen.

Ich fasste all meinen Mut zusammen und wählte ihre Nummer. Nach dem dritten Leuten nahm sie ab. "Müller?"
Sie klang aus irgendeinem Grund freundlicher als früher.

"Jessi? Leyla hier. Es geht um..." Selbst nach dem 100. Anruf den ich tätigte, stockte mir immer noch der Atem, wenn ich es aussprechen wollte.

"Leyla, was ist denn los? Und überhaupt, wie geht es dir?", plapperte Jessi freundlich los. Und irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass sie sich sogar freute, dass ich sie anrief. Dabei hatte sie mich doch damals wie Dreck behandelt.

Ich räusperte mich. "Papa ist gestorben." Auf ihre Frage wie es mir ging sparte ich mir die Antwort. Denn wie es mir ging konnte sie sich nach diesem Satz ja wohl denken.

Sie holte geschockt Luft. "Oh nein! Ich bin in einer halben Stunde bei dir! Du brauchst Hilfe, die Beerdigung zu organisieren! Und keine Widerrede! In diesem Zustand kannst du nicht alleine sein!"

Eigentlich hatte ich keine Lust auf Gesellschaft, aber sie hatte Recht. Ich würde das nicht alleine schaffen, also willigte ich widerwillig ein und legte auf. Die Beerdigung müsste nächste Woche Samstag schon stattfinden, da ich nur die eine Woche Urlaub hatte.

Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Ich hatte gerade den Pfarrer angerufen und einen Termin für morgen vereinbart. Bevor ich öffnete, atmete ich noch einmal tief durch. Jessi würde bestimmt wieder anfangen mich zu mobben. So wie früher.

Als ich die Tür öffnete, stand eine etwas molligere Frau vor mir, die aber Jessi sehr ähnlich sah.
"Hallo, Leyla. Ja ich bin Jessi. Hat sich einiges verändert, seit du hier abgehauen bist.", sagte sie in einem freundlichen Ton.

Ich konnte es kaum fassen. Und dann fing sie an über früher zu reden, was sich denn verändert hatte bei ihr und entschuldigte sich sogar dafür, dass sie mich damals gemobbt hatte. Ich war echt erstaunt. Aber danach machten wir uns auch schon daran die Beerdigung vorzubereiten.

Freitag
Die Woche war im Flug vergangen. Ich stand vor dem Spiegel und begutachtete mich in dem schwarzen Kleid. Das ich das hier brauchen würde, hätte ich nie gedacht. Ich schaute auf die Uhr. 13.30 Uhr. Ich musste los. Der Gottesdienst würde um 14 Uhr beginnen.

Vor der Kirche standen Verwandte, Freunde der Familie, Arbeitskollegen meines Vaters und Bekannte. Ich hatte mich von vorne rein dafür entschieden, ein Kondolenzbuch auslegen zu lassen. Denn Beileidsbekundungen am Grab würde ich nicht verkraften.

Als die Glocken anfingen zu läuten, liefen wir rein. Von weitem sah ich schon den Sarg meines Vaters. Ich hatte ihm einen weißen Sarg ausgesucht. Denn mein Vater hatte immer eine Weisheit besessen, die ihm niemand zugetraut hätte. Daher passte der Sarg ganz gut zu ihm.

Ich setzte mich in die erste Reihe, wie es sich gehörte. Meine Tränen konnte ich nun nicht mehr zurück halten. Die ganze Woche war ich so mit der Organisation der Beerdigung beschäftigt gewesen, dass ich nicht die Zeit dazu hatte.

Nach dem Gottesdienst staunten sie nicht schlecht, als ich mit ein paar meiner Cousins an den Sarg trat und ihn mit anhob. Normaler Weise würden nur Männer den Sarg tragen, aber ich hatte mich durchgesetzt. Mein Vater hatte mich auf jedem noch so harten Weg begleitet und da würde ich ihn bei seinem letzten Weg begleiten. Der Pfarrer wollte mir mit der Tradition kommen, aber ich ließ mich nicht beirren.

Der Sarg war schwer, aber er musste nur auf einen Rolltisch gestellt werden und zum Friedhof geschoben werden. Abschießend ließen wir ihn ins Grab runter während der Pfarrer betete. Dann warf jeder noch eine Blume und eine Schaufel Erde über den Sarg, bevor alle von dannen gingen.

Nur ich blieb an seinem Grab stehen und sah zu, wie sein Sarg nun vollends begraben wurde. Ich spürte, dass meine Beine zitterten, nach dem auch die Friedhofsmitarbeiter gegangen waren. Dann brach ich heulend zusammen. Meine Welt hatte den wichtigsten Menschen verloren. Der mir so viel bedeutet hatte.

Mein Elternhaus würde ich Jessi und ihren 5 Kindern überlassen. Zur Miete. Sie hatten es nötiger als ich. Mein Leben fand in New York statt.


-------

Muss sagen nach dem ich das Kapitel musste ich auch weinen. Ich weiß zu gut wie es ist den Vater zu verlieren. Hoffe euch gefällt es.

Eure Maya

LeylaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt