Kapitel 7

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Remus' Sicht:

Zwei Wochen waren vergangen, seit dem ersten Schultag. Sirius benahm sich von Tag zu Tag komischer. Ich wusste, dass etwas los war, aber ich hatte keine Ahnung was. Irgendwas hatte sich verändert, seit ich mehr mit Evelyn machte. Inzwischen machte ich eigentlich nur noch was mit ihr. Es gab in den letzten zwei Wochen nicht einen Tag, den ich mit jemand anderem verbracht hatte. In gewisser Weise machte mich das traurig, aber es war klar gewesen, dass jeder der Rumtreiber später seinen eigenen Weg gehen würde und ich hatte jetzt einfach diesen Punkt erreicht. Es war früher, als ich erwartet hatte, aber ich hatte meine Entscheidung getroffen:
Ich wollte nicht länger ein Rumtreiber sein.
Die ganze Sache kam mir einfach nur kindisch vor. Klar. Die Zeit, mit den ganzen Streichen, die wir erlebt hatten, war total toll, aber das war jetzt für mich vorbei. Ich wollte auf keinen Fall die Freundschaft mit Sirius, James oder Peter abbrechen, ich wollte halt nur nicht mehr Streiche spielen. Dieses ganze kindliche Verhalten ging mir so dermaßen auf die Nerven. Ich hatte echt keinen Bock mehr, dass man mich damit in Verbindung brachte, denn so war ich nicht. Evelyn hatte mir die letzten Tage die Augen geöffnet und mir gezeigt, dass ich es nicht nötig hatte mich durch solchen Kinderkram zu definieren. In den vergangen zwei Wochen hatte ich eine Seite in mir entdeckt, von der ich nicht mal gewusst hatte, dass sie existierte. Eine reifere, erwachsenere Seite. Ich war  mir noch nicht ganz sicher, ob ich diesen "neuen" Remus wirklich mochte, aber selbst wenn, würde ich irgendwann anfangen ihn zu mögen...
Diesen Samstag war Vollmond und das Hogsmeade Wochenende. Das war zwar etwas ungünstig, da ich so am Sonntag auf dem Date bestimmt blöd aussehen würde, aber das konnte ich nun mal nicht ändern.
Wenn ich ehrlich war, freute ich mich mehr auf das Date, als ich vorgab. Ich hatte wirklich das Empfinden, dass sich zwischen mir und Evie, wie ich sie nannte, Gefühle entwickeln könnten.
Klar, fühlte ich auch immernoch irgendwas für Sirius, aber da unser Verhältnis ja sowieso angespannt war, würde das wohl bald vergehen. Außerdem hoffte ich, dass das nur so eine dumme Schwärmerei war. Ich wusste, dass es wohl besser für mich war, erstmal keinen Kontakt zu ihm zu haben.

In den ersten zwei Stunden heute hatten wir Zaubertränke. Das war inzwischen der einzige Unterricht in dem ich neben Sirius saß. Eigentlich saß dieser neben James und ich neben Lily, aber aus irgendeinem Grund waren die beiden total versessen darauf immer Partnerarbeit zusammen zu machen. Ich fragte mich, ob Prongs es wohl endlich geschafft hatte ihr Herz für sich zu gewinnen oder ob Lily ganz einfach mit Marlene gewettet hatte. Normalerweise hätte ich nachgefragt, aber ich hatte momentan das Gefühl, dass weder James noch Sirius oder Lily gut auf mich zu sprechen waren und Peter würde eh nichts wissen.
"Hey!" Eine Hand, die vor meinem Gesicht rumwedelte und eine verärgerte Stimme holten mich wieder zurück in die Gegenwart: Zaubertränke.
"Muss ich erst die Flohrfliegen hinzufügen und dann dreimal rühren oder sie reinmachen, während ich rühre?", fragte mich, ein offensichtlich ziemlich angepisster, Sirius.
"Ähm.. erst die Fliegen!", sagte ich schnell, obwohl ich ehrlich gesagt nicht mal die Anleitung gelesen hatte.
Sirius tat, wie ihm geheißen und der Trank nahm eine schwärzliche Verfärbung an.
"Eigentlich sollte das jetzt matt, perlmutfarben schimmern!", sagte er grummelig. Ich nickte nur. Meine Gedanken waren gerade ganz woanders.
"...zuerst Fliegen... währenddessen rühren...", hörte ich Paddie Lily etwas fragen.
"Natürlich... während des Rühren...!", antwortete diese nur.
"Remus!"
Sirius riss mich aus meinen Gedanken. Er sah genervt und noch mehr angepisst aus.
"Ich dachte erst die Fliegen?!"
"Hab mich wohl geirrt..."
Er schnaubte bloß, bevor er mich anfuhr:
"Jetzt muss ich deinetwegen alles nochmal machen!"
„Ey!", ich sprang wütend auf, „Das ist auch mein Trank!"
„Du hast doch gar nichts gemacht!"
Auch Sirius war aufgesprungen. „Wahrscheinlich warst du gerade in Gedanken bei deiner neuen Freundin, für die du uns, deine besten Freunde, die Rumtreiber, vernachlässigst!", fauchte er.
Empört schlug ich mit der Hand auf den Tisch und schrie ihn an.
„Zieh sie da nicht mit rein! Akzeptiere doch einfach mal, dass ich eine neue Freundin gefunden habe! Du als mein angeblich bester Freund solltest dich freuen und mir nicht in den Rücken fallen! Bist du so eifersüchtig, dass du es mir nicht gönnst oder was?!"
Jeder in dem Klassenraum beobachtete nun uns und verfolgte unseren Streit. Nun schrie auch Sirius zurück.
„Sag mal merkst du eigentlich noch was? Du hast dich total verändert, seit du nur noch was mit diesem Mädchen machst! Ja, verdammt! Ich bin eifersüchtig! Nicht nur ein bisschen, wenn du es genau wissen willst! Du kennst sie seit zwei Wochen und uns seit mehr als vier Jahren! Wir haben so viel zusammen durchgemacht und du ziehst sie uns vor? Ist das wirklich dein Ernst? Du enttäuscht alle in deinem Umfeld, Remus! Frag doch mal James oder Peter! Oder Evans! Sogar sie hast du vernachlässigt und das ist mir aufgefallen! Sind wir dir so egal? Du redest ja nichtmal abends im Schlafsaal mit uns und beim Essen sitzt du auch woanders! Wann war das letzte Mal, dass du wirklich mit einem von uns geredet hast?! Vor ner Woche? Vor zwei?
Du bist egoistisch geworden, Remus und das sag ich dir, Sirius Black. Falls es dich interessiert: Ich hatte in meinem letzten Zaubereigeschichteaufsatz ein S, weil ich nichts verstanden habe von dem Thema. Du hast mir am zweiten Schultag versprochen mit mir zu lernen. Mir alles was ich in diesem Fach nicht verstehe, zu erklären, weil du weißt, wie schlecht ich darin bin. Ich war da so froh, dass ich so einen guten Freund habe und jetzt?! Du hast nicht eine Zeile mit mir durchgearbeitet, obwohl ich dich darauf angesprochen habe! Erinnerst du dich? Wahrscheinlich nicht, denn ich bin dir ja sowieso egal! Wir alle sind dir egal! Als wir die Rumtreiber gegründet haben, wollten wir keine Regeln, haben aber trotzdem eine festgelegt. Ein Rumtreiber lässt einen anderen Rumtreiber niemals hängen.
Genau das hast du getan, weil du geblendet davon warst, dass Evelyn dir total den Kopf verdreht! Werd wieder normal, denn dieser Remus hier gehört nicht zu den Personen, mit denen ich zu tun haben will!"
Sirius sah so aus, als hätte noch Minuten lang weiter reden können, besann sich dann aber. Wütend schnappte er sich seine Tasche, warf alle seine Sachen rein und stürmte aus dem Klassenraum.
Erst jetzt begriff ich, dass ich richtig scheisse gebaut hatte. Ich hatte meine Freunde enttäuscht. Nicht nur ein bisschen, sondern so, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Ich war so ein furchtbarer Mensch.
„Tut mir leid, man, aber er hat Recht!"
Auch James stand auf und verließ den Raum.
„Das war echt nicht okay.", piepste Peter und hechelte James hinterher.
Ich warf Lily einen flehenden Blick zu, aber sie schüttelte nur traurig den Kopf.
"Du hast dich echt scheisse verhalten..."
Dass nun auch Lily aufstand und aus dem Raum lief (natürlich erst nachdem sie ihre Sachen sorgfältig eingepackt hatte), gab mir den Rest. Ich sackte auf dem Boden zusammen und Tränen sammelten sich in meinen Augen.
„Mr Lupin? Alles in Ordnung?", hörte ich eine fragende Stimme, die ich Slughorn zuordnete.
Sofort war ich wieder auf den Beinen.
„Nichts ist okay! Absolut nichts!" Ich trat gegen den Tisch, welcher auch sofort ins Schwanken kam, jedoch stehen blieb.
„Fuck!", schrie ich und stürmte, wie meine Freunde, falls sie das überhaupt noch waren, aus dem Klassenzimmer.
Nach etwa drei Fluren, die ich von Tränen geblendet einfach so dahin gestolpert war, blieb ich stehen und setzte mich auf eine große Fensterbank.
Ich hatte es verbockt. Nicht nur ein bisschen, sondern komplett. Hätte ich gewusst, dass sie das verletzte, dann-
Hätte ich das gewusst? Du hast es gewusst, aber du wolltest es nicht wahrhaben. Du bist genau, wie Sirius gesagt hat!
"Halt die Fresse!", sagte ich, mehr zu mir selbst, also zu irgendwem anders.
"Also ich darf doch wohl sehr bitten!"
Erschrocken fuhr ich herum. Etwas abseits von meiner Fensterbank, stand Professor McGonagall.
"P-Professor! Ich m-meinte nicht Sie!", stotterte ich vor mich hin.
„Das möchte ich für Sie hoffen, Mr Lupin." Sie sah mich streng an, doch dann wurde ihr Gesichtsausdruck weicher und es war leichte Besorgnis war darin zu erkennen.
"Ist alles in Ordnung mit Ihnen?"
Ich nickte hastig. Dass ich Slughorn angeschrien hatte, war schon peinlich genug, da wollte ich nicht noch vor McGonagall Schwäche zeigen.
"Nun, ich bin mir sicher, dass es hier in Hogwarts immer ein offenes Ohr, für Probleme, gibt." Sie lächelte mich kurz an, setzte sich dann in Bewegung und war nach wenigen Sekunde verschwunden.

Der Rest des Tages verging ewig langsam und da die nächsten zwei Stunden nach Zaubertränke schon Qual genug waren, ließ ich die letzten vier einfach ausfallen.
Jetzt saß ich hier, unter einer Weide am Rand des Schwarzen Sees und wusste, dass ich einfach nur einen riesigen Fehler gemacht hatte.
Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass es soweit kommt! Die Einstellung, dass ich kein Rumtreiber mehr sein wollte, teilte ich zwar immernoch, aber ich wollte sie doch niemals verlieren. Evelyn hatte mich viel zu sehr davon abgelenkt, was wir wirklich waren: Beste Freunde. Sie hatte mich nur ihre ganzen kindlichen Seiten sehen lassen, jedoch nicht die erwachsenen. James und Sirius waren die treusten Menschen, die ich kannte und sie würden alles für ihre Freunde tun. Klar, sie benahmen sich wie Kleinkinder, aber war es nicht genau das, was ich an ihnen so liebte? Dass sie mir auch in schweren Momenten, immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnten, mit ihren kindischen Streichen. Natürlich nervten sie auch, aber jeder hatte doch so seine Ticks.
Ich hasste mich dafür, dass ich noch vor wenigen Stunden dachte, dass ich nicht damit in Verbindung gebracht werden wollte, wo es doch das beste war, was mir jemals passiert war.
Sie hatten mich immer verteidigt, hatten allen, die mich Streber nannten, eine Lektion erteilt, hielten immer zu mir und das wichtigste: Sie akzeptierten mein pelziges Problem. Ich schämte mich so sehr, dass ich mich so über ihre Streiche aufregte. Wie hatte ich nicht merken können, wie sehr ich sie verletzte.
Ich war ein schlechter Mensch, ein schlechter Freund, ein Monster...

(pausiert) addicted to you. [WOLFSTAR]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt