Ein Auftrag

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"Nicht viel", Toms Antwort schien stellvertretend für uns alle zu stehen.

"Liv?"

"Ich könnte auf jeden Fall passable Musikkenntnisse vortäuschen."

"Für irgendwas muss so eine Privatschulenausbildung auch gut sein."

"Sehr witzig", Olivia streckte Tom die Zunge raus.

"Konzentration, bitte. Also M. will, dass wir ein Musikmanuskript von Mahler stehlen."

"Aus einem Museum?"

"Einem Privathaus."

"Und was ist an dem Manuskript so toll?"

Pyotr schien nicht beeindruckt von unserem neuen Auftrag zu sein.

"Mahler war einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Ein Genie. Und original Manuskripte von ihm sind extrem rar", entgegnete Olivia.

"Abgesehen davon hat das Manuskript vor drei Jahren mehr als vier Millionen Pfund auf einer Auktion eingebracht", fügte Rosa hinzu.

"Das auch."

"Damit kommen wir der Sache schon näher", Pyotr schien zufrieden zu sein, "und wem gehört das Manuskript jetzt?"

"Einem Lord Warburton."

"Nie gehört."

"Macht Sinn. Laut M. ist Warburton ein skurriler, älterer Adliger. Mehr bekannt für seine Liebe zur klassischen Musik als alles andere. Allerdings soll er auch ziemlich viele Charitysachen am Laufen haben. Das macht ihn in den oberen Kreisen beliebt."

"Muss 'ne große Liebe sein wenn er vier Millionen für ein altes Stück Papier ausgibt", Tom zog eine Grimasse. Er konnte sich offenbar bessere Sachen vorstellen, die man mit vier Millionen machen konnte. Insgeheim stimmte ich ihm zu.

"M. geht es nicht ums Geld. Tut es nie", fuhr Rosa unbeirrt fort, "erinnert ihr euch, als wir eine obskure Gründungsurkunde von Londons erstem Pub aus dem Archiv für ihn gestohlen haben? Er steht halt auf solche Sachen."

"Was bekommen wir dafür?"

Olivia neben mir hatte bereits ihren Laptop aufgeklappt und recherchierte das Manuskript.

"Das Übliche."

Rosa nannte eine Summe. Mehr Geld als ich jemals auch nur ansatzweise in meinen Träumen gesehen hatte, aber nicht so viel wie ich bei einem vier Millionen Manuskript erwartet hätte.

Rosa musste meinen überraschten Blick gesehen haben, denn sie erklärte:

"Keiner von uns macht das wegen des Geldes."

"Eher wegen der Herausforderung", fügte Olivia hinzu.

"Oder gegen die Langeweile", warf Tom ein.

"Und wir bekommen von unseren Auftraggebern unsere komplette Ausrüstung. Dinge, an die wir so nicht einfach rankommen würden", Olivias Augen glänzten aufgeregt, als sie sprach.

"So oder so ist das genug Geld, dass du dich absetzen kannst", Rosa sah mich ernst an, "falls du es willst. Wenn wir das erfolgreich durchziehen."

Nochmal von vorne anfangen? Ich musste zugeben, dass der Gedanke verlockend war.

Tom grinste mich wissend über den Tisch hinweg an, als hätte er meinen Gedanken gelesen. Rosa fuhr schulterzuckend fort:

"Deine Entscheidung. In zwei Wochen gibt Warburton eine Gala, um Geld für die Restauration einer alten Orgel zu sammeln. Dabei wird auch das Manuskript der Öffentlichkeit gezeigt werden. Das ist unsere einzige Chance. Normalerweise liegt es nämlich sicher in einem Bankschließfach."

Charlie, die Einbrecher und der Diebstahl des JahrhundertsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt