Die Bücher

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"Das kam eindeutig von nebenan", flüsterte ich, während ich mich vorsichtig auf die Tür zubewegte.

Tom folgte mir. Unschlüssig sahen wir uns an, dann öffnete ich lautlos die Tür und wir traten auf den Flur. Halb rechnete ich damit, Edavanes Bodyguards in die Arme zu laufen, aber alles war verlassen. Die Tür zu dem Büro, in dem Olivia und Pyotr waren, stand allerdings offen, obwohl ich mir sicher war, dass ich sie geschlossen hatte.

Und dann hörte ich es: zersplitterndes Glas, das Geräusch von etwas Schwerem, das auf den Boden fiel. Tom und ich wechselten einen schnellen Blick und rannten in Richtung des Zimmers. Noch im Türrahmen prallte ich mit Pyotr zusammen, der uns wortlos in den Raum zog und hastig die Tür schloss.

"Ist das der Buchhalter?", fragte er mich ohne Umschweife und zeigte auf einen Mann, der am Boden lag. Ich trat näher und hockte mich neben ihn.

"Ist er. Was hast du mit ihm gemacht?"

"Betäubungsmittel", er hielt eine leere Spritze hoch, "er hat uns hier überrascht."

Mein Blick fiel auf die zerbrochene Vase auf dem Boden. Die Lilien lagen traurig in einer Pfütze auf dem Boden verstreut. Der Glastisch hatte einen tiefen Schmiss in der Mitte. Sah so aus, als hätte Ian sich gewehrt.

"Wie lange hält die Wirkung an?", fragte Tom.

Olivia zuckte mit den Schultern.

"Wir sind uns nicht so sicher. Am Besten wir bringen ihn schnell hier raus."

"Hast du die Bücher?"

Sie schüttelte den Kopf:

"Der Computer ist absolut sauber. Und das obwohl der Buchhalter uns gefragt hat, was wir in seinem Büro machen. Sie sollten also hier sein."

"Können wir ihn nicht wecken und fragen?", ich zeigte auf Ian, aber Pyotr schüttelte den Kopf:

"Zu riskant. Wir bringen ihn hier raus und zwar jetzt. Und dann verschwinden wir. In ein paar Minuten wimmelt es hier sicher von Edavanes Leuten."

"Ich bleib!"

Pyotr sah mich skeptisch an:

"Keine Chance."

Ich verschränkte stur die Arme:

"Nur der Buchhalter bringt uns nichts. Und ich glaub', ich hab' da drüben was gefunden."

Die anderen wechselten einen schnellen Blick, dann sagte Tom:

"Okay, Pyotr und Liv, ihr bringt den Typen hier raus. Charlie und ich sehen uns noch ein bisschen um. Dann treffen wir uns am Wagen. Wenn wir in einer halben Stunde nicht da sind, fahrt ihr ohne uns."

"Auf keinen Fall", Pyotr schüttelte entschieden den Kopf.

Ich spürte wie die Frustration in mir hochstieg. Wir hatten keine Zeit lange rumzudiskutieren. Zu meiner Überraschung schien Olivia mir zuzustimmen. Es wirkte, als würde ihr selbst nicht gefallen, was sie als nächstes sagte:

"Gut. Eine halbe Stunde. Nicht mehr. Pyotr, komm."

"Liv..."

Es lag eine Warnung in Pyotrs Stimme, doch sie schüttelte den Kopf.

"Charlie hat Recht. Wir brauchen die Bücher. Und wir haben keine Zeit mehr. Lass uns den Buchhalter hier rausbringen."

Pyotr warf mir und Tom einen unzufriedenen Blick zu, doch noch bevor er etwas sagen konnte griff Olivia entschlosssen in ihre Tasche und zog eine Perücke raus, die sie Ian schnell überzog. Pyotr zögerte, dann hob er ihn auf und legte sich einen seiner Arme über die Schulter. Olivia nahm den anderen. Ians Kopf fiel schlaff nach vorne und die beiden wirkten jetzt, als würden sie ihren betrunkenen Freund nach Hause schleppen. Die Perücke würde hoffentlich dazu führen, dass seine Leute Ian nicht sofort erkannten. Tom und ich sahen ihnen zu wie sie ihn nach draußen trugen und kehrten dann in das andere Zimmer zurück.

Charlie, die Einbrecher und der Diebstahl des JahrhundertsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt