Aufgaben und ein Plan

186 35 10
                                    

"Welchen Insider?", fragte ich.

Pyotr verdrehte die Augen und verschränkte abwehrend die Arme:

"Rosa meint mich."

Er war offensichtlich nicht in der Stimmung mehr zu sagen. Rosa fuhr erklärend fort:

"Pyotr hat vor einigen Jahren für Cleo gearbeitet."

"Ich hab für jemanden gearbeitet, der für Cleo gearbeitet hat, um genau zu sein."

"Ist doch das Gleiche", warf Tom ein.

"Ist es eben nicht. Ich hätte niemals für Cleo gearbeitet. Die Sachen, die sie durchgezogen hat sind nicht mein Ding."

"Im Gegensatz zu dem gesetzestreuen Leben, das du jetzt führst", fügte Olivia trocken hinzu.

Pyotr schüttelte ärgerlich den Kopf:

"Cleo... Das ist was anderes. Die Dinge, die sie tut..."

Er ließ den Rest des Satzes unbeendet und schloss die Augen, wie um ein unangenehmes Bild zu verdrängen. Schließlich fuhr er bestimmt fort:

"Wenn wir uns mit Cleo Edevane anlegen, müssen wir das sehr, sehr clever angehen. Nichts da mit Improvisieren oder 'Augen zu und durch'-Taktiken."

"Schade. Das sind meine beiden größten Stärken", warf Tom grinsend ein.

Er wurde allerdings sofort ernst, als er Pyotrs düsteren Blick auf sich sah. Abwehrend hob er die Hände:

"Schon gut, schon gut. Ich nehm' die Sache ernst. Versprochen. Allerdings sind drei Tage auch nicht so viel Zeit, um was zu planen."

Ich atmete schwer aus. Der Wodka tat nichts, um das schwammige Gefühl in meinem Kopf zu verdrängen. Ich brauchte dringend etwas zu essen und eine Nacht Schlaf. Da ich allerdings auch wusste, dass Schlaf wahrscheinlich im Moment nicht auf der Liste stand - so aufgewühlt war ich nach allem, was in den letzten 24 Stunden passiert war - stand ich auf, um den Kühlschrank zu inspizieren.

Nichts. Ein paar traurige Tomaten reihten sich verlassen an ein altes Stück Butter. In der Tür stand eine Milch mit fragwürdigen Ablaufdatum und Olivias furchtbarer Spinatsmoothie. Ich fluchte. Immerhin fand ich ein paar Pizzen im Tiefkühlfach und zehn Minuten später erfüllte der beruhigende Geruch von geschmolzenem Käse die Küche.

Cleo Edevane und Warburton. Ich hätte nichts dagegen, wenn beide für immer aus meinem Leben verschwunden wären. Die lässige Art, mit der er uns bedroht hatte, zeigte mir deutlich, dass Warburton nicht zweimal darüber nachdenken würde uns zu beseitigen.

"Warum wusste Warburton überhaupt so viel von uns?", fragte ich, nachdem ich mich wieder gesetzt hatte.

Rosa starrte grimmig auf ihre Teetasse:

"Er und ich hatten eine interessante... Unterhaltung bevor ich euch gerufen hatte. Angeblich beobachtet er uns schon eine Weile. Seit er mitbekommen hat, dass jemand zu ihm Nachforschung anstellt. Er hat gesagt, wir sind nur soweit gekommen, weil er wissen wollte, ob wir den Einbruch bei ihm durchziehen können."

"Das ist alles meine Schuld", als hätte sie sich zu etwas durchgerungen, löste Olivia den Blick von ihrer Tasse und sah uns abwechselnd an, "wenn ich nicht so sehr darauf bestanden hätte, dass wir Warburton untersuchen, wäre er nie auf uns aufmerksam geworden."

"Wenn dann liegt das ganze an mir. Ich hätte deine Warnungen ernster nehmen sollen."

Es war schwer zu sagen, wer in diesem Moment schuldiger aussah: Rosa oder Olivia.

Tom verdrehte die Augen und leerte seine Tasse:

"Ich würde sagen wir waren alle ziemlich dämlich uns mit Warburton anzulegen. Die Frage ist, was wir jetzt machen."

"Wir machen einen Plan, was sonst?", gab Rosa zurück und ich bewunderte sie dafür, dass sie mit diesem einen Satz, simpel, aber überzeugend gesprochen, das düstere Gefühl zu verdrängen schien, dass sich im Zimmer gesammelt hatte.

"Aber der Buchhalter", warf ich ein, "Warburton wird ihn umbringen."

"Wird er nicht. Ich habe nicht vor, irgendjemand sterben zu lassen, um unsere Haut zu retten. Ich lass mir was einfallen", antwortete Rosa ernst.

Fast entgegen meines Willens glaubte ich ihr. Tom stand auf und zog die Pizzen aus dem Ofen. Mit dem ersten Stück im Magen fühlte ich mich wieder mehr wie ich selbst und dann fiel mir wieder ein, was schon die ganze Zeit an meinem Unterbewusstsein nagte:

"Warburton hat nichts weiter zu dem Manuskript gesagt, als uns nach unserem Auftraggeber zu fragen. Findet ihr das nicht auch komisch?"

"Kann deine Fälschung ihn überzeugt haben?", fragte Rosa an Tom gerichtet.

Dieser schüttelte den Kopf:

"Unwahrscheinlich. Einer echten Untersuchung würde sie nicht standhalten. Es sei denn er hat uns geglaubt, dass wir es nie gestohlen haben und es sich nicht so genau angesehen."

Rosa sah nicht überzeugt aus.

"Wir müssen davon ausgehen, dass er noch nicht bemerkt hat, dass das Manuskript eine Fälschung ist. Warburton mag sich einbilden, dass wir machtlos ihm gegenüber sind und vielleicht stimmt das im Moment", sagte sie, "aber ich lasse nicht zu, dass er einem von uns was tut. Oder jemanden, der uns nah steht."

Bei dem letzten Satz sah sie Tom und Olivia ernst an.

"Und ganz so machtlos sind wir auch nicht", sagte Olivia und griff mit einem verschwörerischen Grinsen in ihre Jackentasche. Im nächsten Augenblick zog sie einen Knopf heraus, den sie auf den Tisch legte.

"Was ist das?", fragte ich.

"Das", lächelte Olivia stolz, "hat jedes Wort aufgenommen, das Warburton gesagt hat."

"Aber er hat dir doch dein Abhörgerät weggenommen."

"Nur das Ablenkungsmannöver. Ich wusste, dass sie nicht mehr so genau suchen würden, nachdem sie mich 'erwischt' hatten."

"Deswegen warst du so spät am Zug", stellte ich fest.

Olivia nickte:

"Ich musste nach Hause und die Sachen holen. Ich hatte das dumpfe Gefühl, als würden wir eine Aufnahme unseres Treffens haben wollen."

Pyotr sah aus, als wäre Weihnachten in diesem Jahr früher gekommen.

"Ha! Du bist die Beste", Tom zog sie an sich und drückte ihr überschwänglich einen Kuss auf die Wange.

Olivia zuckte grinsend mit den Schultern:

"Was immer jetzt passiert, wir haben Beweise gegen Warburton."

Am liebsten wäre ich damit schnurstracks zur Polizei marschiert, allerdings hatte ich wenig Lust mein Gesicht auf einer Polizeiwache zu zeigen und vermutlich ging es den anderen ähnlich.

Rosa nickte zufrieden, nahm sich ein weiteres Stück Pizza und fuhr dann fort:

"Gute Arbeit, Liv. Ich hab eine Idee, was wir damit machen können. Später. Erst Mal müssen wir vorsichtig sein und keine unnötigen Risiken eingehen. Und Tom, ich will, dass du hier schläfst, bis die ganze Sache vorbei ist, okay? Es ist besser wenn wir zusammen bleiben."

Tom sah nicht glücklich aus, doch er zuckte mit den Schultern und sagte dann:

"Wenn du meinst."

Pyotr hob skeptisch die Augenbrauen, sagte jedoch nichts.

Als Antwort grinste Tom schief:

"Was für eine Verschwendung, was?"

Rosa verdrehte die Augen und sprach dann weiter:

"Wir fangen sofort an. Pyotr, du versuchst deine alten Kontakte von damals zu finden. Hör dich unauffällig um und finde heraus, wer gerade für Edavane arbeitet. Nimm Tom mit. Ich will nicht, dass du alleine gehst. Olivia, hör dich online um. Finde alles raus, was du kannst. Ich kümmer mich solange um M. und das Manuskript."

"Und ich?", fragte ich fast ein wenig beleidigt, weil Rosa anscheinend keine Aufgabe für mich hatte.

Rosa sah mich nachdenklich an und es war deutlich, dass ihr nicht gefiel, was sie gleich sagen würde:

"Ich hab da eine Idee."

Charlie, die Einbrecher und der Diebstahl des JahrhundertsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt